Mainzer Wissenschaftler entdecken neuen Mechanismus für Bluthochdruck

Entzündungszellen sind für Bluthochdruckentwicklung mitverantwortlich / Publikation in kardiologischer Fachzeitschrift

13.09.2011

Wissenschaftler der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz haben experimentell nachgewiesen, dass bestimmte Entzündungszellen unmittelbar an der Entstehung von Bluthochdruck beteiligt sind. Bluthochdruck ist der bedeutendste Risikofaktor für Erkrankungen des Herzkreislaufsystems, an deren – oftmals tödlichen – Folgen wie Koronare Herzkrankheit, Herzinfarkt, Schlaganfall, chronische Nierenschwäche und arterielle Verschlusskrankheit, auch oft als "Schaufensterkrankheit" bezeichnet, allein in Deutschland viele Millionen Menschen leiden. Bluthochdruck ist eine Folge der Aktivierung von Hormonen wie Renin, Angiotensin und Aldosteron, an denen viele wirksame Blutdrucksenker wie ACE-Hemmer, Reninantagonisten, Angiotensin-Rezeptorblocker angreifen. Bei den meisten Patienten reicht die Therapie mit nur einem Medikament jedoch nicht aus. Insbesondere Angiotensin II ist als wirkmächtiger Botenstoff des Bluthochdrucks bekannt, der neben Zellen der Gefäßwand auch Zellen der angeborenen Immunantwort, sogenannte Fresszellen, aktiviert und zu einem Anstieg der Bildung aggressiver Sauerstoffradikale führt.

Bekannt ist auch, dass bei Bluthochdruck in den Blutgefäßen des Körpers eine Entzündungsreaktion auftritt, so dass der Schlüssel einer erfolgreichen Behandlung des Bluthochdrucks möglicherweise in der Abschwächung dieser Entzündungsreaktion liegt. "Seit einiger Zeit geht man davon aus, dass auch die durch Bluthochdruck geförderte Gefäßverkalkung, in der Fachsprache als Atherosklerose bezeichnet, nichts anderes als eine chronisch voranschreitende Entzündung des Gefäßbettes ist. Man konnte sogar zeigen, dass gesunde Menschen ohne offensichtliche Atherosklerose, die lediglich erhöhte Entzündungszeichen im Blut aufwiesen, später im Leben häufiger an kardiovaskulären Erkrankungen versterben als Menschen ohne diese Entzündungszeichen und dass man solche Ereignisse im Sinne einer Primärprävention verhindern kann, wenn Medikamente mit entzündungshemmenden Eigenschaften gegeben werden", erläutert Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik.

In der jetzt in der kardiologischen Fachzeitschrift Circulation online erschienenen Studie konnten die Mainzer Wissenschaftler die herausragende Rolle von entzündungsfördernden Monozyten – einer bestimmten Gruppe von Immunzellen – für die Bluthochdruckentstehung nachweisen und beschreiben. Für diese Eigenschaft müssen die Zellen unter anderem mit Rezeptoren für Angiotensin II ausgestattet sein. Im Tiermodell konnten die Wissenschafter zeigen, dass diese Zellen nicht nur eine Begleiterscheinung von hohem Blutdruck, sondern entscheidend mitverantwortlich für die Entstehung von Bluthochdruck sind: Wurden diese Zellen durch eine spezielle Technik entfernt, so entwickelte sich kein Bluthochdruck; wurden sie zurückübertragen, stieg der Blutdruck wieder an.

PD Dr. Philip Wenzel, Oberarzt der II. Medizinischen Klinik und Erstautor der Studie erläutert: "Durch die vereinten Kräfte von Arbeitsgruppen der Immunologie, des Instituts für Molekulare Medizin, des Centrums für Thrombose und Hämostase und der II. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mainz war es möglich, grundlegende Vorgänge der Entstehung von Bluthochdruck an der Schnittstelle zwischen chronischer Entzündung und Gefäßfunktion zu erforschen."

Wenn man Bluthochdruck also als ein sehr frühes Stadium der Atherosklerose begreift, so ist bereits hier die Entzündungsreaktion ganz eng mit der Entstehung dieser Gefäßerkrankung verknüpft. Durch die aktuelle Arbeit wird die Hoffnung genährt, dass eines Tages eine spezifische anti-inflammatorische Therapie des Bluthochdruckes und der Atherosklerose etabliert werden kann, die nicht durch eine Vielzahl verschiedener Medikamente behandelt werden muss, oder die sich möglicherweise bereits durch eine Veränderung der Lebensweise bewirken lässt. "Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg", so Wenzel. "Die ersten Schritte zu diesem Ziel sind nun erfolgreich gegangen."