Kerstin Nagel-Wolfrum koordiniert EU-Projekt zur Erforschung des humanen Usher-Syndroms
24.04.2013
Dr. Kerstin Nagel-Wolfrum vom Institut für Zoologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) koordiniert das europaweite E-Rare-Verbundprojekt "EUR-USH: European young investigators network for Usher syndrome". Das europäische Forschungsprogramm E-Rare fördert die Erforschung von seltenen Erkrankungen und unterstützt dabei die internationale Zusammenarbeit der europäischen Expertinnen und Experten auf dem jeweiligen Gebiet.
Das Projekt "EUR-USH: European young investigators network for Usher syndrome" ist eines von 11 Projekten, die im Rahmen der Ausschreibung 2012 nach einer kompetitiven, mehrstufigen Begutachtung ausgewählt wurden und nun in den kommenden drei Jahren gefördert werden. An dem EUR-USH-Verbundprojekt sind neben der Johannes Gutenberg-Universität Mainz weitere fünf Forschungseinrichtungen in Frankreich, Portugal und den Niederladen beteiligt. Die Mittel für die deutschen Teilprojekte wird das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) aufbringen.
In dem Verbundprojekt vereinigen sechs Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler ihre unterschiedliche Expertise aus der Klinik, der genetischen Diagnostik und der biomedizinischen Grundlagenforschung, um die Diagnostik des humanen Usher-Syndroms (USH) zu verbessern und neue Einblicke in die Pathogenese und Therapie zu erhalten. Das humane Usher-Syndrom ist die häufigste Form erblich bedingter Taub-Blindheit. Es ist eine komplexe Erkrankung mit diversen klinischen Phänotypen und Mutationen in unterschiedlichsten Genen. Während der Hörverlust gegenwärtig durch Cochleaimplantate kompensiert werden kann, gibt es im Falle der Erblindung noch keine Therapiemöglichkeit.
Das Projekt unterteilt sich in drei Komponenten. In der ersten Komponente, die durch zwei portugiesische und zwei französische Arbeitsgruppen repräsentiert wird, soll die klinische und genetische Diagnostik von Usher-Patienten verbessert werden. In der zweiten Komponente werden Arbeitsgruppen aus den Niederlanden und Mainz anhand von neuen Erkenntnissen zur physiologischen Funktion der USH-Proteine an der Entschlüsselung der molekularen Pathogenese des Usher-Syndroms arbeiten. In der dritten Komponente wollen die Arbeitsgruppen aus den Niederlanden und Mainz Methoden zur Therapie der retinalen Degeneration etablieren.
Hierbei fokussiert sich das Forscherteam von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz neben den Untersuchungen zur Pathogenese von USH in Primaten auf das Überlesen von Nonsense-Mutationen als Therapieoption. Eine Nonsense-Mutation ist eine Punktmutation, die zu einem verfrühten Stoppcodon in der kodierenden Sequenz der DNA führt und folglich zu einem vorzeitigen Abbruch der Proteinsynthese. Das Überlesen von Nonsense-Mutationen ist ein pharmakogenetisches Verfahren, das darauf beruht, dass kleine Moleküle während der Proteinsynthese das Überlesen, das sog. "read-through", von Nonsense-Mutationen induzieren und dadurch die Expression des normalen Proteins ermöglichen. Das Überlesen von Nonsense-Mutationen wurde als innovative Therapie für unterschiedlichste nicht-okulare Erkrankungen, die durch Nonsense-Mutationen verursacht wurden, beschrieben. Darüber hinaus zeigen die bereits publizierten Vorarbeiten das Potenzial dieser Strategie als zukunftsträchtige Therapieoption für USH-Patienten mit Nonsense-Mutation.
Die Wissenschaftler hoffen, dass durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit die klinischen, genetischen und molekularen Hintergründe des Usher-Syndroms besser verstanden und wertvolle Beiträge zu möglichen Therapieansätzen geleistet werden. Ziel ihrer Zusammenarbeit ist es, die Lebensqualität der Usher-Patienten zu verbessern.