Mainzer Projekt zur zielgerichteten Weiterbildung zugewanderter Akademikerinnen für Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt ausgezeichnet
30.11.2020
Das erstmalig im Sommer 2018 angebotene Qualifizierungsangebot "Brückenmaßnahme Bildung und Beratung" (B3) des Zentrums für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) erhält den Integrationspreis Rheinland-Pfalz 2020 in der Kategorie "Starke Frauen im neuen Leben". Die Brückenqualifizierung richtet sich an zugewanderte und geflüchtete Frauen, die in ihrem Herkunftsland Geistes- oder Sozialwissenschaften studiert oder als Lehrerinnen gearbeitet haben und ihren Beruf in Deutschland nicht ausüben können, da ihr Berufsabschluss nicht anerkannt werden kann. Somit liegt großes Potenzial brach, denn die beruflichen, interkulturellen und sprachlichen Kompetenzen dieser Frauen sind auf dem Arbeitsmarkt von großem Wert. Mit Abschluss der laufenden B3-Maßnahme, die seit September 2020 aufgrund der hohen Nachfrage zusätzlich an einem zweiten Standort in Koblenz an der Universität Koblenz-Landau angeboten wird, sind insgesamt über 60 zugewanderte Lehrerinnen, Sozialarbeiterinnen und Psychologinnen auf eine qualifizierte Berufstätigkeit als Beraterinnen im Bereich Bildung und Soziales in Rheinland-Pfalz vorbereitet. Das Programm beinhaltet unter anderem einen C1-Deutschkurs, eine Beraterausbildung und ein individuelles Berufscoaching mit Praktikumsvermittlung.
"Das Potenzial von Frauen ist leider noch oft ein ungehobener Schatz – sie sind hochqualifiziert und dennoch nicht in ihrem Beruf tätig. Umso mehr freut es mich, dass dieses Projekt der JGU zugewanderten Akademikerinnen die Chance gibt, den Weg in eine Tätigkeit zu finden, die ihrer Ausbildung entspricht", gratuliert Integrationsministerin Anne Spiegel. "Davon profitieren nicht nur die Frauen selbst, sondern wir alle, weil sie uns ihre Expertise zur Verfügung stellen. Dieses Projekt ist eine Erfolgsgeschichte, die hoffentlich über Mainz hinaus Schule machen wird."
Mit dem Integrationspreis Rheinland-Pfalz 2020 werden Initiativen und Projekte ausgezeichnet, die sich für das Gelingen von Integration in der Gesellschaft einsetzen. Der Integrationspreis ist mit insgesamt 17.000 Euro dotiert und wird in den drei Kategorien "Erfahrungen teilen – Chancen nutzen", "Wurzeln schlagen – in zwei Kulturen" und "Starke Frauen im neuen Leben" sowie mit einem Sonderpreis verliehen. Künftig soll der Integrationspreis Rheinland-Pfalz im fünf-Jahres-Rhythmus gegen Ende einer jeden Legislaturperiode vergeben werden.
Qualifizierung als Beraterinnen im pädagogischen und sozialen Bereich
Das Weiterbildungsangebot "Brückenmaßnahme Bildung und Beratung" der JGU wurde im Jahr 2015 maßgeblich auf Initiative der damaligen stellvertretenden Leiterin des ZWW, Barbara Lampe, in Kooperation mit der Volkshochschule Freiburg e.V. entwickelt mit dem Ziel, dem Mangel an Fachqualifizierungen für zugewanderte Akademikerinnen der Geisteswissenschaften entgegenzuwirken. Insbesondere Frauen aus dem pädagogischen und sozialen Bereich gelingt aufgrund der Reglementierung ihres Berufs in Deutschland kein qualifikationsadäquater Berufszugang. Mütter und Alleinerziehende haben mit zusätzlichen Hürden zu kämpfen. Entsprechend liegt das Ziel des Projekts unter anderem darin, die Teilnehmerinnen mit Beratungskompetenzen und Kenntnissen über den deutschen Arbeitsmarkt, das Bildungssystem sowie Grundsätze Lebensbegleitenden Lernens auszustatten und ihre Deutschkenntnisse zu erweitern. "In Vorbereitung jedes einzelnen Kursjahrgangs erheben wir systematisch die bereits vorhandenen Kompetenzen der Frauen aus vorherigen Ausbildungen, Erfahrungen und Tätigkeiten und nutzen diese als Grundlage für ihre Weiterbildung und Berufsorientierung", erläutert Merima Džaferović, Leiterin des Programmbereichs Bildungsberatung am ZWW der JGU. "Die Teilnehmerinnen werden für die Arbeit als Beraterinnen im pädagogischen oder sozialen Bereich qualifiziert. Somit stehen ihnen später Tätigkeitsfelder etwa in der Wohlfahrtspflege, in Schulen oder in der Erwachsenenbildung offen." Die kontinuierliche Erweiterung des Projekts über drei Standorte in Baden-Württemberg und zwei Standorte in Rheinland-Pfalz verdeutlicht die hohe Nachfrage nach Projekten dieser Art. "Wir können dem bestehenden Fachkräftemangel in Deutschland entgegenwirken, indem wir mehr Brückenqualifizierungen für bereits hier lebende Zugewanderte anbieten", so Džaferović weiter. "Die Zahl an zugewanderten Akademikerinnen und Akademikern, die von Sozialleistungen oder Jobs im Niedriglohnsektor leben, ist erschreckend. Durch zielgerichtete Brückenqualifizierungen und Offenheit seitens der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber könnten viele sehr schnell in den Arbeitsmarkt gelangen."
Die Brückenmaßnahme Bildung und Beratung (B3) wird vom Ministerium für Familie, Frauen, Jugend, Integration und Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz gefördert. Kooperationspartner sind die Agentur für Arbeit Mainz, die Agentur für Arbeit Koblenz, die Jobcenter Mainz, Koblenz-Mayen und der Kreisverwaltung Mainz-Bingen sowie das IQ Landesnetzwerk Rheinland-Pfalz.