Hauke Lang und Werner Kneist erhalten Jens J. Kirsch-Preis 2015

Auszeichnung für neue Perspektive in der Rektumkarzinomchirurgie

04.05.2015

In Deutschland erkranken jährlich rund 20.000 Menschen an Enddarmkrebs. Dass der Tumor radikal entfernt und der Schließmuskel gleichzeitig erhalten werden kann, ist der große Wunsch der meisten Patienten. Der Erhalt eines funktionsfähigen Schließmuskels gelingt jedoch nicht immer. An der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) kommt seit 2014 ein neues minimal-invasives Verfahren zum Einsatz. Hierbei entfernen Chirurgen den Enddarmtumor mit Unterstützung der Videoendoskopie. Bei allen bislang an der Universitätsmedizin Mainz mit dieser Methode operierten Patienten ließ sich der Tumor vollständig entfernen und der Schließmuskel erhalten. Für ihre Erkenntnisse bezogen auf die neue sogenannte Hybrid-TAMIS TME-Methode wurden unter anderem Prof. Dr. Hauke Lang und Prof. Dr. Werner Kneist von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Universitätsmedizin Mainz mit dem Jens J. Kirsch-Preis 2015 der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie e.V. ausgezeichnet.

Seit den 1980er-Jahren setzte sich weltweit eine Operationsmethode durch, bei der der von Krebs befallene Enddarm zusammen mit dem ihn umgebenden Fett-, Binde- und Lymphgewebe (Mesorektum) in einem offenen Eingriff entfernt wurde. Das Risiko eines lokalen Krebsrückfalls ließ sich dadurch erheblich senken. Diese als Totale Mesorektale Exzision (TME) bezeichnete operative Technik lässt sich mittlerweile minimal-invasiv durchführen. Das standardisierte Verfahren kommt in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Universitätsmedizin Mainz seit 2008 zum Einsatz.

Bei bestimmten Patienten existieren allerdings Risikofaktoren, aufgrund derer sich ein Tumor mit der konventionellen TME-Technik oft nicht vollständig und zugleich schließmuskelerhaltend entfernen lässt. Zu diesen Risikofaktoren zählen Adipositas, ein enges Becken, eine Prostatavergrößerung, ein voluminöses Mesorektum oder ein ausgedehnter Tumor mit wenig Abstand zur Beckenwand oder Beckenbodenmuskulatur. Bei diesen Risikopatienten kann die neue videoendoskopisch unterstützte und besonders exakte Hybrid-TAMIS TME-Technik – als Erweiterung der TME-Technik – helfen. Dies ließ sich an 24 ausgewählten Personen mit diesem Krankheitsbild zeigen. "Keiner der Risikopatienten musste per se den Verlust des Schließmuskels und somit einen dauerhaften künstlichen Darmausgang in Kauf nehmen", erklärt Prof. Dr. Werner Kneist von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Universitätsmedizin Mainz. Die mit dem mit 3.000 Euro dotierten Jens J. Kirsch-Preis ausgezeichnete wissenschaftliche Arbeit entstand in Kooperation mit der Klinikum Leverkusen gGmbH. Neben Prof. Dr. Hauke Lang und Prof. Dr. Werner Kneist von der Universitätsmedizin Mainz erhielten auch PD Dr. Andreas Rink (ehemals Universitätsmedizin Mainz) und Prof. Dr. Karl-Heinz Vestweber von der Klinikum Leverkusen gGmbH die Auzeichnung.

Das besondere an der neuen Methode ist eine Kombination aus zwei Operationszugängen. Dabei wird das Enddarmkarzinom minimal-invasiv und videoendoskopisch unterstützt operiert – und zwar sowohl vom Bauchraum als auch vom Analkanal aus. Das Aufeinandertreffen dieser beiden sogenannten Präparationsebenen findet in einem weniger engen Bereich des Beckentrichters deutlich oberhalb des Beckenbodens statt. Das unterscheidet die neue Operationsmethode von der bisherigen TME, bei der die Operation in einem für Risikopatienten kritischen Bereich unweit des Enddarmausgangs allein vom Bauchraum aus erfolgt. Das Besondere am TAMIS-Zugang ist, dass die Präparation in der Tiefe des Beckens über eine natürliche Körperöffnung (Anus) unter stark vergrößerter videoendoskopischer Sicht nach "oben" – in einen weit vom Schließmuskel entfernt gelegenen Bereich – vorangetrieben wird. Dabei kommen eine gut beleuchtete abgewinkelte Kameraoptik und spezielle Instrumente für die minimal-invasive Chirurgie zum Einsatz.

"In Deutschland ist die Universitätsmedizin Mainz einer der Vorreiter, was den Einsatz und die wissenschaftliche Bewertung der Hybrid-TAMIS TME-Methode angeht", unterstreicht der Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Hauke Lang. "Ich bin überzeugt, dass die Hybrid-TAMIS TME-Methode in naher Zukunft nicht nur deutschlandweit das Repertoire spezialisierter Tumorchirurgen ergänzen wird. Diese innovative Operation kann in schwierigen Situationen eine radikale Tumorentfernung unter Erhalt der Kontinenz und damit einer besseren Lebensqualität ermöglichen."