Forschungsprojekt untersucht Wirkung von Tanz und Bewegungstheater auf Entwicklung von Kindern

Sportwissenschaftler erforschen Einfluss von kultureller Bildung und Kreativität auf Persönlichkeitsentwicklung von Grundschulkindern

16.07.2015

Kinder können in der Bewegungen und im Spiel große Kreativität entfalten. Allerdings ist bislang wenig darüber bekannt, wie sich die motorische Kreativität bei Kindern entwickelt und wie sich dies auf ihre Persönlichkeit auswirkt. Dr. Claudia Steinberg vom Institut für Sportwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ist Teil einer vierköpfigen Forschergruppe mit Prof. Dr. Martin Stern von der Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Nils Neuber von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie Prof. Dr. Yvonne Hardt von der Hochschule für Musik und Tanz Köln. Sie haben gemeinsam 190.000 Euro der Stiftung Mercator eingeworben, um bei mehr als 250 Schülern in Mainz die Kreativitäts- und Persönlichkeitsentwicklung zu untersuchen. Das Vorhaben gehört damit zu den sechs bewilligten Projekten von insgesamt 78 Anträgen.

Ausgebildete Tanzpädagogen werden im Rahmen des Projekts Kindern an Ganztagsgrundschulen in der 3. und 4. Klasse die Grundlagen von Tanz und Bewegungstheater vermitteln. Dabei sollen vor allem Kinder mit Migrationshintergrund an Brennpunktschulen, die ansonsten wenig Förderung erhalten, einbezogen werden. "Kinder sind von sich aus kreativ. Das wollen wir erhalten und fördern oder wieder in den Kindern wecken, falls es eingeschlafen war", erklärt Dr. Claudia Steinberg zur Zielsetzung. In einem weiteren Schritt wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellen, ob sie den künstlerisch-kreativen Aspekt, den die Kinder im Rahmen des Unterrichts oder der AG einbringen, messen und erfassen können. "Wir wollen besonders die körperlich-sinnlichen Aspekte in den Vordergrund rücken, die dem Tanzen eigen sind", so Steinberg.

Schließlich soll ermittelt werden, wie sich die Förderung der Kreativität durch Tanz und Bewegungstheater auf die motorische und die kognitive Entwicklung der Kinder auswirkt. Trägt dies zur Persönlichkeitsbildung bei? Verbessert sich der Selbstwert der jungen Teilnehmerinnen und Teilnehmer? Wie verändert sich das Selbstkonzept? Wird die emotionale Kompetenz als Vorstufe für soziale Kompetenz ebenfalls geschult? Weil die beteiligten Wissenschaftler mit ihrem Projekt Neuland betreten, werden sie zunächst die geeigneten Methoden entwickeln, um die Veränderungen überhaupt erfassen zu können. Die Erhebung wird direkt im Anschluss an die Angebote stattfinden, aber mit einem Follow-up-Test soll zu einem späteren Zeitpunkt nochmal nachgeschaut werden, was über den Testzeitraum hinaus haften geblieben ist und welche nachhaltige Wirkung erzielt wurde.

Sobald die Vorarbeiten abgeschlossen sind, können die Tanz- und Bewegungstheatergruppen im Januar 2016 starten. Angesprochen werden Schulen im Großraum Mainz und Wiesbaden, die dann für 3 Monate mit professioneller Unterstützung und einem kompletten Unterrichtskonzept Tanz und Bewegungstheater für die Dritt- und Viertklässler anbieten können – ohne dass ihnen dafür Kosten entstehen.

Der Rat für Kulturelle Bildung e.V. hat im Frühjahr 2015 sechs Projekte ausgewählt, die an deutschen Universitäten und Forschungsinstituten die Wirkung kultureller Bildung anhand langfristiger, empirischer Erhebungen untersuchen werden. Hierfür stattet die Stiftung Mercator, eine der sechs Mitgliedsstiftungen des Rats für Kulturelle Bildung, den "Forschungsfonds Kulturelle Bildung. Studien zu den Wirkungen Kultureller Bildung" mit 1,2 Millionen Euro aus. Ziel des Forschungsfonds ist es, zur Formulierung von wissenschaftsgestützten Argumenten für die Anerkennung von kultureller Bildung als gleichwertigem Teil von allgemeiner Bildung beizutragen.