Festsymposium in der Kernchemie zur Entdeckung der Kernspaltung vor 70 Jahren

Verleihung einer Honorarprofessur an Norbert Trautmann

17.12.2008

Den 70. Jahrestag der Entdeckung der Kernspaltung durch Otto Hahn und Fritz Straßmann feierte die Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit einem Festsymposium, in dessen Rahmen dem langjährigen Leitenden Akademischen Direktor am Institut für Kernchemie und ehemaligem Betriebsleiter des Forschungsreaktors TRIGA Mainz Dr. Norbert Trautmann eine JGU-Honorarprofessur verliehen wurde. "Seit den 1960er Jahren ist das Institut für Kernchemie mit seinem Forschungsreaktor TRIGA eine führende Einrichtung auf dem Gebiet der Kern- und Radiochemie in Deutschland. Das ist nicht zuletzt auch Dr. Trautmanns Verdienst", so Ministerialdirigentin Brigitte Klempt, Leiterin der Abteilung Forschung und Technologie im rheinland-pfälzischen Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur.

"Die Entdeckung der Kernspaltung vor 70 Jahren gehört zu den epochalen Ereignissen in den Naturwissenschaften. Durch die enge Verbindung zu Fritz Straßmann, der mehr als 20 Jahre lang in Mainz gelehrt und geforscht hat, stehen wir diesem Ereignis besonders nahe", betont Prof. Dr. Georg Krausch, Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Dass wir an diesem Jahrestag gleichzeitig einen hervorragenden Wissenschaftler der Kernchemie mit der Honorarprofessur der Universität Mainz auszeichnen können, ist eine besondere Freude."

Ursprünglich auf der Suche nach Elementen, die schwerer als das Element Uran sein sollen, entdeckten Otto Hahn und Fritz Straßmann 1938 bei Arbeiten am Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie den Zerfall eines Urankerns. Das entscheidende Indikatorexperiment erfolgte am 17. Dezember 1938 und wurde von Otto Hahn in knappen 8 Zeilen protokolliert. Uran wurde über Nacht mit Neutronen bestrahlt und am folgenden Tag konnte das dabei entstandene Element Barium identifiziert werden. Der Urankern war, nachdem er ein Neutron eingefangen hatte, in zwei kleinere Atomkerne, einer davon radioaktives Barium, zerfallen. Die Entdeckung, die die Physikerin Lise Meitner zusammen mit ihrem Neffen Otto Robert Frisch wenig später auch theoretisch erklärte, fand innerhalb kürzester Zeit weltweite Beachtung. Eine Gedenktafel am Eingang zum Institut für Kernchemie der JGU würdigt seit 2002 die gemeinsamen Arbeiten von Lise Meitner, Otto Hahn und Fritz Straßmann, die schließlich zu der damals nahezu unglaublichen Entdeckung der Kernspaltung geführt haben, als "Historische Stätte der Wissenschaft".

Der Chemie der schwersten Teile widmete auch Dr. Norbert Trautmann einen Großteil seiner wissenschaftlichen Arbeit - neben umweltrelevanten Untersuchungen. 1939 in Straubing geboren, studierte Trautmann Chemie an der JGU und promovierte anschließend auf dem Gebiet der Kernchemie. Nach einer Assistenz am damaligen Institut für Anorganische Chemie und Kernchemie der Universität Mainz und einem Postdoc-Aufenthalt bei Nobelpreisträger Glenn Seaborg und Albert Ghiorso am Lawrence Berkeley Laboratory, USA, war er zunächst stellvertretender Betriebsleiter und ab 1991 dann für 15 Jahre Betriebsleiter des Forschungsreaktors TRIGA Mainz. Als einer von nur zwei Kernreaktoren an einer deutschen Hochschule trägt der Reaktor maßgeblich zur Grundlagen- und angewandten Forschung und zum Kompetenzerhalt auf dem Gebiet der Kern- und Radiochemie in Deutschland bei.

Ein Markenzeichen der Mainzer Kernchemie ist die Erzeugung kurzlebiger Spalt- und Kernreaktionsprodukte und ihre Untersuchung mit schnellen chemischen Trennverfahren. Bei diesen Trennverfahren kann ein chemisches Element innerhalb weniger Sekunden aus einem komplexen Gemisch vollautomatisch abgetrennt werden. Trautmann hat zur Entwicklung dieser Verfahren und ihrer Anwendung bei zahlreichen Elementen wesentlich beigetragen. Im Weiteren war er entscheidend daran beteiligt, die Resonanzionisationsmassenspektrometrie, auch Lasermassenspektrometrie genannt, für Untersuchungen bei den schwersten Elementen zu nutzen. Mit dieser höchst empfindlichen Methode ist eine Ultraspurenanalyse, also der Nachweis auch von kleinsten Mengen bestimmter Elemente, möglich. So kann bspw. Plutonium in Umweltproben auch bei äußerst geringem Vorkommen bestimmt werden.

Prof. Dr. Frank Rösch, Geschäftsführender Leiter des Instituts für Kernchemie, würdigte die Verdienste Trautmanns, nicht nur als langjähriger TRIGA-Betriebsleiter, sondern insbesondere als Wissenschaftler des Instituts. "Die Mainzer Kernchemie zählt auf dem Gebiet der modernen Kern- und Radiochemie zu den besten Einrichtungen weltweit. Dazu haben auch die Arbeiten von Dr. Norbert Trautmann wesentlich beigetragen." Zeichen für diese besonderen wissenschaftlichen Leistungen sind nicht zuletzt angesehene Preise, die Trautmann erhalten hat: den "Helmholtz-Preis" im Bereich Physikalische Messtechnik in Medizin und Umweltschutz (1990), den Fritz-Straßmann-Preis der Fachgruppe Nuklearchemie in der Gesellschaft Deutscher Chemiker (1984), den Otto-Hahn-Preis der Stadt Frankfurt am Main (1998) und den Glenn T. Seaborg Award for Nuclear Chemistry (2007).