Erkenntnisse sollen Verbesserung von Diagnose und Therapie ermöglichen / Mainzer Teilprojekt wird mit rund 260.000 Euro gefördert
19.05.2015
Bis zu 30 Prozent der europäischen Bevölkerung leiden an einer nichtalkoholischen Fettlebererkrankung (NAFLD). Im Jahr 2020 kann dieses Krankheitsbild laut Prognose der American Association for the Study of Liver Diseases (AASLD) und der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (DGVS) bereits die Hauptindikation für eine Lebertransplantation sein. Ziel des Forschungsprojekts "Elucidating Pathways of Steatohepatitis" (EPoS), an dem auch Wissenschaftler der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) beteiligt sind und das von der Europäischen Kommission im Rahmen des Forschungsförderprogramms "Horizon 2020" mit insgesamt rund sechs Millionen Euro gefördert wird, ist es, den Entstehungsprozess der NAFLD zu verstehen und auf der Basis dieses Verständnisses bessere diagnostische Verfahren und Therapien zu entwickeln.
So soll beispielsweise der Frage nachgegangen werden, welche genetischen Faktoren und Umweltfaktoren den Verlauf der NAFLD bis zur Leberzirrhose beeinflussen. Bedeutsam sind hier unter anderem die Veranlagung zu Diabetes Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Wissenschaftler erhoffen sich auch Aufschluss darüber, warum viele Patienten eine NAFLD vergleichsweise gut bewältigen, während einzelne daran sterben. Die zu gewinnenden Erkenntnisse sind der Schlüssel für die Entwicklung sensitiver Biomarker zur individuellen Risikoabschätzung und damit auch für neue Therapien. Außerdem sollen sie für vereinfachte und kostengünstigere diagnostische Methoden den Weg ebnen, um die Schwere der NAFLD und den Erfolg neuer Therapien zu messen, insbesondere mittels einfacher Bluttests.
"Gegenwärtig wird eine nichtalkoholische Fettlebererkrankung standardmäßig durch eine Leberbiopsie diagnostiziert. Dabei wird eine kleine Gewebeprobe aus der Leber entnommen. Es handelt sich um ein vergleichsweise kostenintensives Verfahren, bei dem Komplikationen nicht ausgeschlossen sind. Ferner ist die Biopsie ungenau und spiegelt nicht ausreichend die Dynamik der Erkrankung wider. Bessere, unter anderem bluttestbasierte Diagnosemethoden zu entwickeln, ist daher eine Kernintention von EPoS", unterstreicht Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, Direktor des Instituts für Translationale Immunologie (TIM) der Universitätsmedizin Mainz, der das Arbeitspaket zur Biomarker-Entwicklung bei EPoS leitet. Darüber hinaus ist PD Dr. Jörn M. Schattenberg von der I. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz an weiteren klinischen Aspekten des EPoS-Projekts beteiligt.
Um zu einem besseren Verständnis des Entstehungsprozesses der NAFLD zu gelangen, sollen mehrere Ansätze der sogenannten "omics"-basierten Forschung auf eine große, gut definierte Patientenkohorte in Langzeitbeobachtung angewendet werden. Zur "omics"-basierten Forschung zählt unter anderem die Genomik, die Aufschluss über die Genaktivität gibt und beschreibt, wie Gene funktionieren, miteinander interagieren und auf Umwelteinflüsse reagieren. In den Forschungsfeldern Proteomik, Metabolomik und Lipidomik werden Proteine und Stoffwechselprodukte, insbesondere im Blut, als Indikatoren veränderter Genaktivität und der Krankheitsaktivität untersucht. "Die Chancen stehen gut, dass sich auf Basis verschiedener 'omics'-Ansätze ein multidimensionaler Datensatz erschaffen lässt, der Licht in den Entstehungsprozess der nichtalkoholischen Fettlebererkrankungen bringt", so Schattenberg.
Neben Wissenschaftlern der Universitätsmedizin Mainz sind an EPoS Wissenschaftler der Universitäten Newcastle, Cambridge, Turin, Paris und Helsinki sowie staatliche Einrichtungen wie der Nationale Forschungsrat Italiens und die französische Fondation de Coopération Scientifique beteiligt. Darüber hinaus sind privatwirtschaftliche Unternehmen wie das dänische Steno Diabetes Center AG und die Nordic Bioscience Compound Development AG sowie das englische Unternehmen iXscient Limited eingebunden. Das Forschungsprojekt hat eine Laufzeit von vier Jahren. Neben der direkten Förderung ist zu erwarten, dass die geschaffene multinationale Plattform zahlreiche weitere Forschungsprojekte auf dem Gebiet der Fettlerbererkrankung und der Leberfibrose und Leberzirrhose ermöglichen wird.