Vom Erdboden bis zur Stratosphäre: Messkampagne TPEx soll Informationen über Zusammensetzung und Transportprozesse der Atmosphäre liefern
18.06.2024
Derzeit findet im Rahmen des Sonderforschungsbereichs "TPChange – Die Tropopausenregion in einer Atmosphäre im Wandel" eine umfangreiche Messkampagne über Mitteleuropa statt. Sie hat zum Ziel, durch flugzeuggetragene Messungen, Ballonsondierungen und mittels Drohnen sowie bodengestützten Messungen die Struktur und Zusammensetzung der Atmosphäre vom Boden bis zur Stratosphäre zu untersuchen. Die Messungen vom 10. bis 21. Juni 2024 erfolgen im Rahmen der Mission "Tropopause composition gradients and mixing experiment" (TPEx).
Vorgänge an der Tropopause wirken sich aufs Erdklima aus
Im Fokus steht dabei die Tropopause, eine Schicht, die in unseren Breiten im Höhenbereich zwischen 8 bis 14 Kilometern liegt. Sie stellt eine Transportbarriere zwischen der darunterliegenden Troposphäre und der darüberliegenden Stratosphäre dar, sodass starke Kontraste der atmosphärischen Zusammensetzung an der Tropopause herrschen. Unter bestimmten dynamischen Voraussetzungen kann allerdings diese Barriere überwunden und so die Zusammensetzung der Region unmittelbar um die Tropopause beeinflusst werden. Solche Vorgänge wirken sich zum Beispiel auf die Ozon- und Wasserdampfverteilung, auf Eiswolken sowie die Verteilung und Zusammensetzung von Aerosolen aus. Dies hat direkte Folgen für die Strahlungsbilanz des Systems Atmosphäre-Erde und letztlich das Erdklima.
Erstmals werden für TPEx Aerosole, Ozon und Wasserdampf mit einem neuartigen Messsystem untersucht, das eine gleichzeitige Messung dieser Größen in nur 200 Metern Höhenabstand ermöglicht. Dazu wird ein Flugzeug vom Typ Learjet eine Sensorikmessplattform quasi im Schlepptau hinter sich herziehen, die die gleichen Messinstrumente wie das Flugzeug trägt. "Damit können wir verschiedene atmosphärische Kenngrößen in bekanntem Abstand auf engem Raum messen", erklärt Prof. Dr. Peter Hoor vom Institut für Physik der Atmosphäre der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). "Daraus lassen sich beispielsweise Aussagen über die Höhenabhängigkeit von Mischungsprozessen ableiten oder die Stärke der Transportbarriere."
Neben solchen Messungen direkt während des Flugs werden zum Beispiel auch Aerosolpartikelproben gesammelt und im Nachgang im Labor analysiert. Dies geschieht an der Goethe-Universität Frankfurt und der Technischen Universität Darmstadt, Partneruniversitäten der JGU im Verbund der Rhein-Main-Universitäten (RMU). Weitere Partner der JGU in der Messkampagne TPEx sind das Max-Planck-Institut für Chemie Mainz und das Forschungszentrum Jülich. Außerdem beteiligt ist die Firma enviscope GmbH als Schnittstelle zwischen wissenschaftlichen Anforderungen und technischer Umsetzung am Learjet.
Flüge auch über Mittelhessen
Der Learjet wird durch die Gesellschaft für Flugzieldarstellung GmbH betrieben und startet für TPEx vom Flugplatz Hohn in Schleswig-Holstein. Ausgehend von dort kann mit dem Messflugzeug der Luftraum in einem Gebiet zwischen Irland, Italien, Rumänien und Finnland in Höhenbereichen bis zu 12,5 Kilometern erreicht werden. Die Flugroute wird kurzfristig jeweils am Vortag anhand der aktuellen Wetterlage geplant. Hierbei kommen aufwendige Modellvorhersagen zum Einsatz, die neben der Struktur der Atmosphäre auch Dynamik, Luftmassenherkunft und Eiswolkenvorhersagen ermöglichen.
Besonders interessiert sind die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an Überflügen im Raum Mittelhessen. Dort ist ein Team stationiert, das Ballon- und Drohnenmessungen sowie bodengestützte Messungen mit einem mobilen Labor durchführt und die Auswirkungen von Gewittern auf den Aufwärtstransport von möglicherweise verschmutzter Luft aus dem Rhein-Main-Gebiet an die Tropopause untersucht. Die Verknüpfung dieser bodennah gewonnenen Messdaten mit den Ergebnissen aus dem Flugzeug kann Rückschlüsse auf die Rolle von Gewittern für den Vertikaltransport vom Boden an die Tropopause liefern. "Sollten in den nächsten Tagen Gewitter in der Region auftreten, so ist dies für Gartenfeste womöglich schade, für die Atmosphärenforschung aber in diesem Fall günstig", so Hoor. Er ist Leiter der Arbeitsgruppe Flugzeugmessungen und UTLS-Transportprozesse am Institut für Physik der Atmosphäre der JGU und Sprecher des Sonderforschungsbereichs/Transregio TPChange.