Gerda Henkel Stiftung fördert Forschungsprojekt des Historischen Seminars mit 57.000 Euro
09.08.2005
Auch noch 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und dem damit verbundenen Untergang des Dritten Reichs berücksichtigen die Diskussionen über Inhalt und Form des Gedenkens noch nicht in hinreichendem Maße, wie sich die Zeitzeugengeneration, die den Nationalsozialismus bewusst miterlebt hat, an die Zeit von 1933-1945 erinnert. Das Projekt "Das Dritte Reich in der Erinnerung von Zeitzeugen" will diese Lücke schließen und ein differenziertes Bild der Zeitzeugenerinnerung erarbeiten. Die Gerda Henkel Stiftung unterstützt das Forschungsprojekt unter Leitung von Prof. Dr. Sönke Neitzel vom Historischen Seminar der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mit 57.000 Euro.
In der Forschung ist die aufgeworfene Problematik bereits behandelt worden, allerdings ohne dass eine breite Quellenbasis als notwendige Voraussetzung für ein qualitatives Erinnerungsbild zur Verfügung gestanden hätte. Dank der tatkräftigen Unterstützung des Leiters der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte, Prof. Dr. Guido Knopp, sowie des Intendanten des ZDF, Prof. Dr. Markus Schächter, kann im Rahmen des Projekts diese Problematik erstmals gelöst werden. Das ZDF hat dem im November 2001 unter der Leitung von Knopp gegründeten gemeinnützigen Verein "Die Augen der Geschichte" die Möglichkeit gegeben, den großen Bestand an Zeitzeugeninterviews für Bildungszwecke zu nutzen. Der Verein hat nun einer Mainzer Forschergruppe den Interviewbestand zur Verfügung gestellt, der im Zuge von zahlreichen Dokumentationen wie "Hitler – eine Bilanz", "Hitlers Helfer", "Stalingrad", "Die Befreiung", "100 Jahre – der Countdown" bzw. des wöchentlichen Magazins "History" seit 1984 entstanden ist.
Unter Neitzels Koordination erfasst eine fünfköpfige Forschungsgruppe seit dem 1. August 2005 mehrere Tausend Interviews in einer Datenbank hinsichtlich personenbezogener, ereignisgeschichtlich-thematischer sowie erfahrungsgeschichtlicher Erinnerungen. Diese erste Phase der Aufbereitung der Interviews wird bis Dezember 2005 abgeschlossen sein.
In der zweiten Phase, die sich bis Ende 2007 erstrecken wird, gilt es für den Bearbeiter des Projekts, Marc J. Philipp, die mannigfachen Erlebnisse, Erfahrungen und Informationen der Zeitzeugen anhand der verschiedenen inhaltlichen Phänomene zu untersuchen und in Form einer Dissertation darzustellen. Zum Abschluss sollen die zentralen Forschungsergebnisse auf einer wissenschaftlichen Tagung zum Thema "Das kommunikative und kulturelle Gedächtnis der Deutschen an das Dritte Reich" präsentiert werden.