Chirurgen der Universitätsmedizin Mainz erhalten Jens-Kirsch-Preis

Auszeichnung für neue minimal-invasive Methode zur Nervenüberwachung bei Operation von Enddarmkrebs

25.04.2016

Für den Großteil der rund 20.000 Deutschen, die jährlich an Enddarmkrebs erkranken, ist eine radikale Entfernung des Tumors die einzige Option. Bei einem solchen Eingriff kann es jedoch zu Verletzungen von Beckennerven mit drastischen Auswirkungen auf die Blasen-, Sexual- und die Stuhlentleerungsfunktion kommen. Dies geht mit einem erheblichen Verlust an Lebensqualität der Betroffenen einher. Um diese Gefahr weitgehend zu minimieren, haben Chirurgen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ein Verfahren zur Überwachung der Nerven bei Enddarmkrebsoperation entwickelt. Das Verfahren wurde nun für eine minimal-invasive Anwendung im Modellversuch im Rahmen eines vom Bundeministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes autoPIN weiterentwickelt. Es ermöglicht eine aussagekräftige Überwachung der Nerven und könnte somit das Nervenverletzungsrisiko weiter senken. Für ihre innovative Neuromonitoring-Methode erhielten die Mainzer Chirurgen jetzt den Jens-Kirsch-Preis der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie.

Blasen-, Sexualfunktion und Stuhlentleerung werden über Nervenimpulse gesteuert. Bei chirurgischen Eingriffen im kleinen Becken sind die autonomen Nerven einem besonders hohen Verletzungsrisiko ausgesetzt. So lässt sich auch erklären, weshalb nach einer Operation bei Enddarmkrebs die Rate an neu aufgetretenen Blasen- und Sexualfunktionsstörungen sowie Stuhlentleerungsstörungen hoch ist. Die Verletzungen des Nervengeflechts gehen mit einem erheblichen Verlust an Lebensqualität einher. Die Behandlungs- und Rehabilitationskosten müssen deutschlandweit auf mehrere Millionen Euro pro Jahr geschätzt werden. Um das Risiko der Nervenverletzung zu minimieren, haben Chirurgen der Universitätsmedizin Mainz mit ihren technischen Partnern eine an die Enddarmkrebs-OP gekoppelte Methode zur Nervenüberwachung entwickelt. Das Verfahren ist patentiert und hier bereits seit 2010 im klinischen Einsatz. Die bestehende Anwendung wird zudem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen einer von den Mainzern initiierten Studie unter Beteiligung mehrerer Kliniken unterstützt.

Beim sogenannten intraoperativen Neuromonitoring werden Nerven stimuliert und auf diese Weise für den Chirurgen und das OP-Team auf Monitoren im OP-Saal sichtbar gemacht. Die Nervenüberwachung lässt sich mit der minimal-invasiven Präparationstechnik (Schlüssellochchirurgie) sehr gut kombinieren. Die dabei entstehenden Neuromonitoringsignale geben dem Operateur in Echtzeit Feedback über den Nervenerhalt. Mit der neuen Methode kann das für die Nervenüberwachung entscheidende Signal nun durch eine Oberflächensonde hervorgerufen werden. "Die Oberflächensonde ist in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut und der inomed Medizintechnik GmbH im Rahmen des Forschungsprojekts entwickelt worden und ermöglicht die Generierung von noch aussagekräftigeren Neuromonitoringsignalen, wie unsere Untersuchungen im Modellversuch gezeigt haben", sagt PD Dr. Daniel Kauff von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie (AVTC) der Universitätsmedizin Mainz und ergänzt: "Zudem lässt sich die Sonde mit einem einzigen Handgriff schnell und bequem beziehungsweise minimal-invasiv anbringen."

PD Dr. Daniel Kauff zählt neben dem Direktor der AVTC der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Hauke Lang, und Prof. Dr. Werner Kneist (Projektleiter, Geschäftsführender Oberarzt aus der AVTC) zu den diesjährigen Gewinnern des mit 3.000 Euro dotierten Jens-Kirsch-Preises.
Nach Überzeugung von Prof. Dr. Hauke Lang, sollte nichts unversucht bleiben, um die Lebensqualität der Patienten, die sich einem solchen medizinischen Eingriff unterziehen, zu erhalten. "Was das anbetrifft, so ist die neue minimal-invasive Methode zur Nervenüberwachung bei Endarmkrebs-OP ausgesprochen viel versprechend." "Daher werden die im Modellversuch gewonnenen Erkenntnisse jetzt unmittelbar in einer klinischen Studie überprüft", so Prof. Dr. Werner Kneist.