Rhein-Main-Universitäten Frankfurt und Mainz beschäftigen sich mit Inklusion zwischen Teilhabe und Leistungsdenken

RMU-Projekt untersucht Umsetzung der UN-Konvention im Bildungswesen

30.01.2019

GEMEINSAME PRESSEMITTEILUNG DER RHEIN-MAIN-UNIVERSITÄTEN

Wie wird das Prinzip der Inklusion auf den verschiedenen Ebenen unseres Bildungssystems umgesetzt? Wie gehen Lehrkräfte und andere Akteure im Bildungssystem mit den neuen Anforderungen um? Mit diesen Fragen wird sich eine länderübergreifende Gruppe von Forscherinnen und Forschern befassen, die vom Verbund der Rhein-Main-Universitäten gefördert wird. Ziel ist letztendlich, eine DFG-Forschungsgruppe zu diesem Thema einwerben zu können.

Alle Menschen sollen gleichermaßen an Leben und Gesellschaft teilhaben können. Dies zu gewährleisten, dazu haben sich die Mitgliedsstaaten der UN mittels der 2008 in Kraft getretenen UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet. In Deutschland sorgt insbesondere Artikel 24 der Konvention für anhaltende Debatten: Er schreibt die Inklusion im Bildungswesen vor. Inklusion heißt dabei nicht, Menschen mit Behinderung durch besondere Maßnahmen zu integrieren – das Bildungswesen soll vielmehr für alle Menschen in gleicher Weise offenstehen. Regelschulen sollen künftig offener sein für Kinder mit Behinderungen, darüber herrscht ein breiter Konsens. Das stark gegliederte deutsche Bildungswesen ist jedoch eher auf Leistungsselektion ausgelegt als auf die Teilhabe aller an allen Angeboten.

Die Forschungsinitiative "Inklusion im Spannungsfeld" nimmt nun den institutionellen Wandel in den Blick, der sich als Folge der UN-Konvention im deutschen Bildungswesen vollzieht und in einem Spannungsverhältnis zur Leistungsselektion steht. Sprecherinnen der Forschungsgruppe sind Prof. Dr. Diemut Kucharz von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Prof. Dr. Karin Bräu von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sehen die besondere Herausforderung für den Umbau des Schulsystems in Richtung Inklusion darin, dass durch das meritokratische Prinzip unserer Gesellschaft Leistung, Selektion und Wettbewerb als grundlegende Prinzipien beibehalten werden. Auf allen Ebenen – also im Unterricht, an der einzelnen Schule, in der Bildungsverwaltung und in der Politik – müsse dieses Spannungsfeld von Teilhabe und Leistungswettbewerb austariert werden. Zu untersuchen ist demnach, wie in der Praxis des gesamten Schulsystems mit der Herausforderung umgegangen wird, Inklusion zu realisieren und zugleich dem Leistungsanspruch gerecht zu werden.

Pilotstudie mit Expertise des Forschungsnetzwerks Inklusion

Mit den Fördermitteln aus dem RMU-Initiativfonds Forschung wird sich eine Pilotstudie zunächst die Bildungsadministration ansehen und untersuchen, wie die Problematik hier diskutiert wird. Dieses Feld ist bislang noch wenig beforscht worden. Die Studie kann auf die Expertise des Forschungsnetzwerks Inklusion zurückgreifen, das bereits seit vier Jahren aktiv ist. Mit dabei sind neben Erziehungswissenschaftlerinnen und Erziehungswissenschaftlern unterschiedlicher Ausrichtung auch Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker aus den Bereichen Deutsch, Mathematik und Sachunterricht. Das Projekt, das offiziell zum 1. April 2019 gestartet wird, erhält für zwei Förderjahre insgesamt 118.000 Euro. Die Mittel werden für eine wissenschaftliche Teilzeitkraft und studentische Hilfskraftstunden verwendet, auch eine international ausgerichtete wissenschaftliche Tagung ist geplant.

Das Projekt überschreitet Landesgrenzen: Indem sowohl in Hessen als auch in Rheinland-Pfalz Daten erhoben werden, kommt man zu länderübergreifenden Ergebnissen – echte Grundlagenforschung, die am Ende auch Hinweise ergibt, wie der Transformationsprozess am besten zu gestalten ist.

RMU-Initiativfonds Forschung

Mit dem RMU-Initiativfonds Forschung stärken die Rhein-Main-Universitäten (RMU) ihre wechselseitige Vernetzung. Aus der letzten Ausschreibungsrunde mit insgesamt 49 Anträgen werden über die kommenden zwei Jahre sechs neue Forschungsansätze in der Afrikanistik, Bildungsforschung, Informatik, Meteorologie, Pharmazie und Wirtschaftspädagogik mit jeweils bis zu 100.000 Euro jährlich gefördert.

Die Rhein-Main-Universitäten (RMU)

Die Goethe-Universität Frankfurt am Main, die Johannes Gutenberg-Universität Mainz und die Technische Universität Darmstadt bilden als renommierte Forschungsuniversitäten die RHEIN-MAIN-UNIVERSITÄTEN. Sie entwickeln ihre Partnerschaft seit über zehn Jahren und haben sie mit Abschluss einer Rahmenvereinbarung in 2015 zur strategischen Allianz ausgebaut.

Die drei Universitäten liegen in der Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main in großer räumlicher Nähe und bieten ein breites Fächerspektrum von der Medizin und den Naturwissenschaften über die Geistes- und Sozialwissenschaften bis hin zu den Ingenieurwissenschaften. Mit über 100.000 Studierenden und 1.440 Professuren kooperieren sie eng in Forschung, Studium und Lehre, der Förderung von jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie dem Transfer in Wirtschaft und Gesellschaft.

Gemeinsam steigern die Universitäten mit der strategischen Allianz ihre wissenschaftliche Leistungsfähigkeit. Dazu nutzen sie ihre Komplementarität und bilden starke Forschungsverbünde. Sie verbessern gemeinsam ihre Studienangebote und stärken Wissenstransfer und Vernetzung mit der Gesellschaft. So gestalten sie Rhein-Main als integrierte Wissenschaftsregion – global sichtbar und international attraktiv.