Start des EU-Forschungsprojekts BlueGenics zur Bekämpfung von Osteoporose

Forschung zur Gewinnung genetischer Blaupausen aus Schwämmen zur Prophylaxe und Therapie von Osteoporose

15.11.2012

Die Suche nach Substanzen aus der Tiefsee zur Bekämpfung der Osteoporose ist eines der Kernziele des jetzt gestarteten und mit rund 6 Millionen Euro von der Europäischen Kommission geförderten EU-Verbundforschungsprojekts BlueGenics. Konkret will das internationale Forscherteam um Projektkoordinator Prof. Dr. Werner E. G. Müller vom Institut für Physiologische Chemie der Universitätsmedizin Mainz genetische Blaupausen für biomedizinisch relevante Substanzen aus Tiefseeschwämmen gewinnen. Dieser neuartige Forschungsansatz hat den Anspruch, eine nachhaltige Nutzung mariner Ressourcen ohne die Beeinträchtigung der biologischen Vielfalt zu ermöglichen.

"Die Förderung dieses Verbundforschungsprojekts durch die EU verstehen wir als unbedingten Auftrag, alles daran zu setzen, neue Schlüsseltechnologien für die Prophylaxe und Therapie von Volkskrankheiten, insbesondere der Osteoporose, zu entwickeln", erklärt der Koordinator von BlueGenics, Prof. Dr. Werner E. G. Müller. "Ich freue mich, dass es jetzt endlich losgeht. An BlueGenics beteiligte Forscher aus neun Ländern stehen in den Startlöchern und haben sich große Ziele gesteckt", so Müller weiter.

Den innovativen Forschungsansatz von BlueGenics hat die Europäische Kommission als ausgesprochen Erfolg versprechend bewertet: Die vom internationalen Wissenschaftlerteam um den Mainzer Molekularbiologen Prof. Dr. Werner E. G. Müller sowie der Ausgründung NanotecMARIN GmbH unter Federführung von Prof. Dr. Dr. Heinz-Christoph Schröder und Prof. Dr. Xiaohong Wang, beide ebenfalls vom Institut für Physiologische Chemie der JGU, entwickelte Forschungsstrategie zielt auf eine Kombination (biomedizinischer) Genomforschung und neuester chemischer Strukturanalyse- und Syntheseverfahren ab. Diesen Forschungsansatz will das Team um Müller bis zur vorklinischen Prüfung vorantreiben. Im Rahmen dieses Projekts sollen unter anderem antimikrobielle Peptide und Substanzen mit neuroprotektiver Aktivität und Antiprotozoenaktivität sowie Substanzen zur Prophylaxe respektive Therapie der Osteoporose, das primäre Forschungsziel der Mainzer Wissenschaftler, erforscht werden.

Müller und seine Forschergruppe konnten bereits nachweisen, dass die Herstellung bioaktiver Substanzen in rekombinanter Weise möglich ist. Der Nachweis ließ sich mit dem Toxin Defensin, einem Abwehrgift aus einem Schwamm, erbringen. "Damit ist der Weg für die genetischen Blaupausen geebnet", so Müller.

Das Verbundprojekt BlueGenics vereint die führenden Forscher auf dem Feld der marinen Genomforschung, der Biosynthese und der chemischen Strukturanalyse. Beteiligt sind 16 verschiedene Forschungseinrichtungen und Industrieunternehmen aus Deutschland, Frankreich, Kroatien, Portugal, Island, Italien, Schweden, England und China unter Führung von Prof. Dr. Werner E. G. Müller vom Institut für Physiologische Chemie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Nach Meinung des Wissenschaftlichen Vorstands der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Dr. Reinhard Urban, tut die EU gut daran, Projekte wie BlueGenics zu fördern: "Wir stehen praktisch noch ganz am Anfang, was die Nutzung von Ressourcen aus dem Meer, insbesondere der noch wenig erforschten Tiefsee, für wissenschaftliche Zwecke angeht. Doch schon jetzt ist absehbar, dass sich im Forschungsfeld Tiefsee große Chancen auftun."

Blaue Biotechnologie

Bei der sogenannten Blauen Biotechnologie geht es primär um die Nutzung von Organismen aus dem Meer. Besonders im Fokus stehen dabei Schwämme und Bakterien, die unter extremen Bedingungen in mehr als 1.000 Metern Meerestiefe leben. Diese Organismen gelten als Quelle biologischer Substanzen, die sich für technische Prozesse verwenden lassen. Während die Mehrzahl der Enzyme bei hohen Temperaturen denaturiert wird, funktionieren die Biokatalysatoren von Tiefseebakterien unter extremsten Bedingungen, sogar in der Umgebung heißer Tiefseeschlote.

Was die Blaue Technologie für die Forschung so interessant macht, ist die Tatsache, dass selbst scheinbar einfache Organismen im Meer, wie Schwämme, dem menschlichen Organismus in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich sind. Die evolutionäre Verwandtschaft zwischen den ältesten Tieren und dem Menschen ist überraschend hoch, wie das Mainzer Forschungsteam in den letzten Jahren mithilfe molekularbiologischer Methoden nachgewiesen hat. Darüber hinaus produzieren diese Organismen jedoch eine Vielzahl von Substanzen, die im Verlauf der Evolution auf höchste Spezifität und Effektivität selektioniert für therapeutische Anwendungen am Menschen, etwa zur Therapie von Virusinfektionen, von zunehmendem Interesse sind.

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