Boris Kaus erhält ERC Consolidator Grant für die Erforschung von magmatischen Prozessen

Entwicklung von Computermodellen wird neue Erkenntnisse über magmatische Systeme und Vulkanismus liefern

21.02.2018

Der Geophysiker Prof. Dr. Boris Kaus erhält eine Förderung des Europäischen Forschungsrats über 2 Millionen Euro, um die magmatischen Vorgänge im Erdinnern anhand von Computersimulationen zu untersuchen. Boris Kaus ist seit 2011 Professor für Geodynamik und Geophysik an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Mit seinem Team erforscht er, wie geologische Prozesse im Großen wie im Kleinen ablaufen. Der Europäische Forschungsrat (European Research Council – ERC) unterstützt das MAGMA-Projekt in den kommenden fünf Jahren mit einem ERC Consolidator Grant, eine der höchstdotierten Fördermaßnahmen der EU. Bei dem Projekt werden die beteiligten Wissenschaftler neue Computermodelle von magmatischen Systemen entwickeln und die Ergebnisse der Computersimulationen mit den vorhandenen geologischen und geophysikalischen Daten vergleichen. Davon werden tiefgehende Erkenntnisse erwartet, wie sich magmatische Systeme über geologische Zeiträume verhalten und warum sich nur manchmal ein Supervulkan ausbildet.

Magma entsteht im Erdmantel in etwa 70 bis 200 Kilometer Tiefe. Seine Entstehung und Wanderung durch die Lithosphäre hat spektakuläre geologische Prozesse wie Vulkanausbrüche oder die Bildung großer Goldlagerstätten zur Folge, ist aber auch für die Bildung der Kontinente verantwortlich. Weil magmatische Systeme nicht direkt zugänglich sind und über Millionen von Jahren aktiv sind, ist ihre Erforschung allerdings schwierig. Meistens wird versucht, sie indirekt zu rekonstruieren. Dazu werden zum Beispiel vor Jahrmillionen kristallisierte Magmenkammern, sogenannte Batholithe, die in Gebirgsketten wie den Anden aufgeschlossen sind, geologisch studiert. Außerdem können geophysikalische Methoden angewandt werden, um magmatische Systeme zu untersuchen – dies ist jedoch nur bei momentan aktiven Systemen machbar und sagt wenig darüber aus, wie sie sich über lange Zeiträume entwickeln. "Es gibt sehr viele Hypothesen darüber, wie Magma in der Lithosphäre nach oben steigt, bislang aber keine physikalisch korrekten Modelle", erklärt Kaus zum derzeitigen Forschungsstand.

Im Rahmen von MAGMA, abgekürzt für "Melting and Geodynamic Models of Ascent", werden Kaus und sein Team in den nächsten Jahren neue numerische Modelle entwickeln, um aufsteigendes Magma zu simulieren. Dazu braucht es nicht nur große Rechneranlagen, wie sie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit den MOGON-Hochleistungsrechnern vorhanden sind, sondern es muss vor allen Dingen die entsprechende Software entwickelt werden. "Für magmatische Systeme gibt es keine Software wie beispielsweise in der Wettervorhersage. Wir können daher derzeit wenig Aussagen über die Mechanik der Magmabewegungen machen", so Kaus. Seine Gruppe wird die erste Generation von Computermodellen entwerfen, die physikalisch konsistent die Entstehung, Migration und chemische Entwicklung von Magma in 2-D- und 3-D-Simulationen darstellen.

MAGMA verbindet Computermodelle und vorhandene geophysikalische und geologische Daten für das Verständnis magmatischer Systeme

In einem weiteren Schritt werden die Simulationen mit den bekannten natürlichen Bedingungen verglichen beziehungsweise die Modelle und die vorhandenen Daten werden kombiniert, um die Struktur und Dynamik aktiver magmatischer Systeme zu verstehen. Unter anderem werden die Wissenschaftler dann einige der wichtigsten magmatischen Systeme der Erde, nämlich Mount St. Helens, die Anden, Yellowstone und den Izu-Bonin-Bogen, mit diesem Ansatz auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin untersuchen.

"Nur etwa 5 Prozent des gesamten Magmas kommt an die Erdoberfläche, 95 Prozent kristallisiert in der Erdkruste. Deshalb wollen wir das gesamte System verstehen, von den Magmakammern in 3 bis 5 Kilometer Tiefe bis zu den Gesteinsschmelzen in einer Tiefe von über 100 Kilometern", erläutert Kaus. Der Geophysiker will damit auch die offenen Fragen aufgreifen, wie große Veränderungen der Lithosphäre die magmatischen Prozesse beeinflussen, warum nur ein kleiner Teil des Magmas überhaupt einen Vulkan erreicht, während der Großteil irgendwo in der Erdkruste auskristallisiert, wie sich Magma durch die Lithosphäre bewegt und wie sich magmatische Systeme in geologischen Zeiträumen entwickeln.

Boris Kaus kam 2011 von der ETH Zürich als Professor für Geodynamik und Geophysik an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Der Europäische Forschungsrat hatte ihm bereits einen ERC Starting Grant (2010-2015) und einen ERC Proof of Concept Grant (2016-2017) zuerkannt – in Verbindung mit der jetzt erfolgten Bewilligung eines ERC Consolidator Grants ist dies eine herausragende Anerkennung für die exzellenten Arbeiten des niederländischen Geophysikers. Seit 2017 ist Kaus auch Geschäftsführender Direktor des Instituts für Geowissenschaften der JGU.

Der ERC Consolidator Grant ist eine der höchstdotierten Fördermaßnahmen der EU, die an Wissenschaftler vergeben wird. Der Europäische Forschungsrat fördert damit herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Regel zwischen 7 und 12 Jahre nach der Promotion, wenn das eigene Forschungsprogramm ausgebaut wird. Zusätzlich zur wissenschaftlichen Exzellenz müssen die Antragsteller den bahnbrechenden Ansatz ihres Projekts und seine Machbarkeit nachweisen, um die Förderung zu erhalten.