5,6 Millionen Euro zur Stärkung der Biotechnologie-Infrastruktur an den Hochschulen in Rheinland-Pfalz

Stärkung der Biotechnologie-Infrastruktur an den Hochschulen als wichtiger Beitrag zur Stärkung des Forschungsstandorts Rheinland-Pfalz

18.03.2022

PRESSEMITTEILUNG DES MINISTERIUMS FÜR WISSENSCHAFT UND GESUNDHEIT

Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Rheinland-Pfalz zu einem führenden Standort in der Biotechnologie zu entwickeln und in diesem Zusammenhang die lebenswissenschaftliche Forschung zu stärken. Dabei soll das Momentum der weltweiten Sichtbarkeit des Wissenschafts- und Biotechnologiestandorts Mainz insbesondere durch die Erfolge der Firma BioNTech genutzt werden.

"Ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für innovative Anwendungen der Biotechnologie sind die Hochschulen und deren Einrichtungen, die für die Ausbildung der hochqualifizierten Fachkräfte von morgen einstehen und zugleich Ideenschmieden für neue innovative Forschungsansätze sind", sagte Wissenschaftsminister Clemens Hoch. "Wir nutzen die Möglichkeiten und den Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, die explizit den Auf- und Ausbau von technologieorientierten Kompetenzfeldern mit einer klaren Anwendungsperspektive adressieren, für diese Förderungen. Dies setzt gezielt Impulse in der Biotechnologie für den Transfer in die wirtschaftliche Verwertung", so Hoch.

Das Land setzt die starke Förderung der vergangenen Jahre in den Lebenswissenschaften fort. Gezielt sollen zudem zehn Millionen Euro als neue Schwerpunktinvestitionen in der aktuellen Legislaturperiode folgen. Mit der Initiative zur Stärkung der Biotechnologie-Infrastruktur an den Hochschulen leistet das Land einen wichtigen Beitrag zur Stärkung des Forschungsstandorts Rheinland-Pfalz.

Die Grundlagenforschung sowie die anwendungsnahe Forschung insbesondere in den Lebens- und Gesundheitswissenschaften sowie der Biotechnologie wird so an den rheinland-pfälzischen Hochschulen weiter gestärkt. Damit werden sie regional, national und international noch attraktivere Forschungs- und Kooperationspartner für Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen. "Die fortschreitende Digitalisierung, auch unter Nutzung von KI-Methoden, wird die Forschung und Translation in den Lebenswissenschaften und der Biotechnologie weiter voranbringen und stärken", so der Wissenschaftsminister.

Prof. Dr. Georg Krausch betont in seiner Funktion als Landeskoordinator für Biotechnologie: "Die Überführung von universitärer Grundlagenforschung in innovative Produkte und Prozesse kann nur gelingen, wenn die entsprechende Infrastruktur für unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verfügbar ist. Die Corona-Pandemie und die Klimakrise zeigen exemplarisch aktuelle Handlungsbedarfe in weiten Teilen unserer Gesellschaft. Durch Forschung und Innovation in den Lebenswissenschaften und der Biotechnologie können wir die Lebensqualität der Menschen nachhaltig verbessen. Mit der Stärkung der Biotechnologie-Infrastruktur unserer Hochschulen im Land können wir einen wichtigen Beitrag zur direkten Umsetzung und Wertschöpfungskette leisten."

Das Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit hat den Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften des Landes Rheinland-Pfalz die Antragstellung für Infrastrukturmaßnahmen in der Biotechnologie ermöglicht. Die Förderung erfolgt vornehmlich aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (hier REACT-EU). Die Europäische Union hat im Rahmen dieser Förderlinie zusätzliche Mittel zur Unterstützung der Krisenbewältigung im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie und ihrer sozialen Folgen und der Vorbereitung einer grünen, digitalen und stabilen Erholung der Wirtschaft bereitgestellt.

Folgende Maßnahmen sollen mit einem Programmumfang von rund 5,6 Millionen Euro gefördert werden:

  • Technische Universität Kaiserslautern und Universität Koblenz-Landau – Campus Landau: Moderne Geräteausstattung zur Verbesserung der biotechnologischen Forschung an mikrobiellen und pflanzlichen Systemen

Für das Projekt "Grüne Biotechnologie für die Wirkstoffentwicklung auf Basis mikrobieller und pflanzlicher Systeme" sollen die Technische Universität Kaiserslautern und die Universität Koblenz-Landau am Campus Landau eine Infrastrukturförderung in Höhe von 1,8 Millionen Euro erhalten. Ziel der geplanten Maßnahme ist es, durch die Beschaffung einer modernen Geräteausstattung an den Standorten Kaiserslautern und Landau die Infrastruktur für die biotechnologische Forschung an mikrobiellen und pflanzlichen Systemen an der zukünftigen gemeinsamen Universität zu verbessern und damit die in diesem Bereich bestehende Innovationslücke zu schließen. Dadurch soll auch die wirtschaftliche und medizinische Resilienz bei der Bewältigung zukünftiger Krisen, beispielsweise Pandemien, erhöht werden. Der Einsatz der Geräte in Lehre und Forschung soll eine forschungsnahe Ausbildung zukünftiger Führungskräfte in einem gesellschaftlich hochrelevanten Gebiet sichern und dadurch sowie durch die Generierung von Wissen und durch mögliche Ausgründungen die wirtschaftliche Entwicklung in Rheinland-Pfalz fördern. Die effiziente Auswertung der gewonnenen Messdaten soll auf Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) basieren, die am Standort Kaiserslautern weiterentwickelt werden sollen.

  • Universität Koblenz-Landau – Campus Koblenz: Elektronenmikroskopische Untersuchung von Mikroorganismen, Viren und Werkstoffen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie

Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie und bei zukünftigen pandemischen Herausforderungen kann die Kryo-Rasterelektronenmikroskopie entscheidende Beiträge zum Nachweis und zur Charakterisierung der Viren beziehungsweise viraler Strukturen leisten. Die Methode eignet sich zum Screening von Abwasserproben, wodurch eine bessere Annäherung an die Zahl symptomlos Infizierter möglich werden könnte, die bislang nicht erfasst werden, aber dennoch Viren ausscheiden. Die hochauflösende elektronenmikroskopische Untersuchung von Werkstoffen, die durch die Mikroorganismen besiedelt werden, kann wichtige Aufschlüsse zu deren Einfluss auf Funktionalität beziehungsweise Lebensdauer der Werkstoffe liefern. Ziel der Forschungsarbeiten ist beispielsweise die Entwicklung innovativer Werkstoffe und Werkstoffoberflächen, um eine Besiedlung durch Mikroorganismen zu verhindern oder gezielt zu steuern. Das ist nicht nur für die biologische Abbaubarkeit von Kunststoffen von Interesse, sondern spielt auch für medizinische und biotechnologische Anwendungen dieser Materialien eine wichtige Rolle. Für die Beschaffung eines Kryo-Rasterelektronenmikroskopie werden Fördermittel in Höhe von 500.000 Euro bereitgestellt.

  • Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Aufbau einer zentralen Mikroskopieeinrichtung zur Stärkung des Biotechnologie-Standorts RLP

Der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) sollen finanzielle Mittel in Höhe von 2,3 Millionen Euro für das Projekt "Aufbau der Mainz Translational Imaging Platform (MTIP)" für die Errichtung einer zentralen Mikroskopieeinrichtung bereitgestellt werden. Durch die neue Einheit für moderne bildgebende Verfahren sollen lichtmikroskopische Methoden gezielt translationalen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Verfügung gestellt werden. Damit werden vier Forschungsthemen des Fachbereichs Biologie langfristig gestärkt: Aufbau und Weiterentwicklung von Nukleinsäure-basierten Methoden für bildgebende Verfahren, Untersuchung neurodegenerativer Erkrankungen, Entwicklung diagnostischer Methoden und Erforschung neuer Wirkstoffe sowie Pflanzenschutz und Wirkweisen von Hemmstoffen. Der unmittelbare Zugang zu hochmoderner Ausstattung, wissenschaftlicher und technischer Expertise und Innovationskraft an der JGU soll einen wechselseitigen Austausch begünstigen und die Zusammenarbeit der Stakeholder des Biotechnologie-Standorts Mainz in Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft stärken.

  • Universität Trier: Entwicklung eines interdisziplinären digitalen Zwillings für die Analyse, Bewertung, Gestaltung und Evaluation digitaler Gesundheitsangebote am Beispiel pandemischer Krisensituationen

Biotechnologie und Medizin generieren in immer kürzerer Zeit vielfältige neue Wirkstoffe und Behandlungsmethoden, die zunehmend kohortenspezifisch oder gar individualisiert eingesetzt werden müssen. Die zielgerichtete Nutzung dieser Innovationen zur verbesserten Gesundheitsversorgung der Bevölkerung ist eine große Herausforderung, sowohl in pandemischen Lagen mit ihren spezifischen logistischen Erwägungen als auch darüber hinaus. Das Projekt zielt darauf ab, den Schritt solcher Innovationen in die Gesundheitsversorgung durch Digitalisierung und Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) durch die Gestaltung eines interdisziplinären "Digital-Health-Twin-Trier" zu erforschen, in der Gesundheitsregion Trier zu erproben und für die aktuelle Corona-Pandemie und ihre Folgen nutzbar zu machen. Dazu sollen drei Labore aufgebaut und miteinander vernetzt werden: Ein AI-Health-Application-Lab schafft mittels einer Daten- und Wissensbasis der Gesundheitsregion Trier die Grundlage für darauf aufbauende KI-Anwendungen für individualisierte Gesundheitsentscheidungen sowie Simulationsumgebungen zu deren Bewertung im Nutzungskontext der Gesundheitsregion. In einem eHealth-Lab soll die bedarfsgerechte Gestaltung und Analyse neuer eHealth-Apps erforscht werden und in einem Heath-Literacy-Lab soll Gesundheitskompetenz analysiert und neue Ansätze entwickelt werden, um diese zu verbessern. Schließlich soll beispielhaft ein Ansatz zum eHealth-App-basierten Krankheitsmanagement für ausgewählte chronische Erkrankungen, die durch die Corona-Pandemie und ihre Folgen mit einer zusätzlichen gesundheitlichen Gefährdung – zum Beispiel psychische Erkrankungen, chronisches Erschöpfungssyndrom – einhergehen, aufgebaut werden. Die Universität Trier wird mit diesen Vorhaben einen Beitrag zur langfristigen Bewältigung der Corona-Pandemie und ihrer Folgen leisten und erhält dafür eine Förderung in Höhe von 350.000 Euro für erforderliche Geräteinvestitionen zum Aufbau des "Digital-Health-Twin-Trier".

  • Technische Hochschule Bingen: Zeitaufgelöste Analyse des Verlaufs einer SARS-CoV-2-Infektion mittels dreidimensionaler Fluoreszenzmikroskopie

Am Beispiel des neuartigen pandemischen Coronavirus SARS-CoV-2 sollen durch mikroskopische Untersuchungen neue Erkenntnisgewinne zur Entwicklung von Inhibitoren und zur Anwendung einer antiviralen Therapie gewonnen werden, um so zur Pandemiebekämpfung beizutragen. Die Etablierung dieser Technologie schafft die Grundlage für den Ausbau des Forschungsfelds und trägt dazu bei, für zukünftige pandemische Situationen besser gerüstet zu sein. Mit den Fördermitteln in Höhe von 150.000 Euro soll dafür ein Fluoreszenzmikroskop beschafft werden.

  • Hochschule Kaiserslautern: Stärkung der instrumentellen Analysekompetenz in der Biotechnologie zur Untersuchung von Coronavirusinfektionen, deren Langzeitwirkung und Behandlung

Infektionen mit SARS-CoV-2 verursachen beim Menschen Erkrankungen mit ganz unterschiedlichen Verläufen, deren molekulare Grundlagen bislang nicht gut verstanden sind. Ziel der Forschungsarbeiten ist es, die Wirkung von SARS-CoV-2 auf eine wichtige Gruppe von Immunrezeptoren zu untersuchen, die an vielen Aspekten des komplexen Erkrankungsbilds von SARS-CoV-2 beteiligt sein könnten. Damit soll ein besseres Verständnis der Langzeitwirkungen von Covid-Infektionen ("Long-Covid") erhalten werden. Hier stellt sich die Frage, inwieweit Autoantikörper oder bisher noch nicht identifizierte Moleküle für die Schädigung beispielsweise des Nervensystems verantwortlich sind. Insgesamt stehen der Hochschule Kaiserslautern für erforderliche Geräteinvestitionen in Soft- und Hardware 150.000 Euro Fördermittel zur Verfügung.

  • Hochschule Koblenz: Datengetriebene KI-Systeme zur individualisierten Früherkennung und Behandlungsoptimierung von Sepsis in Krankenhäusern

Sepsis oder Blutvergiftung ist eine lebensbedrohliche Komplikation bei Infektionen, unter anderem auch bei schwer verlaufenden COVID-19-Infektionen, bakteriellen Infektionen oder bei Virusgrippe. Mit rund 75.000 Todesfällen pro Jahr ist Sepsis die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Dramatische gesundheitliche Folgen gibt es aber auch bei Überlebenden. Die Stärke der Folgeschäden und die Überlebenschancen steigen mit einer frühzeitigen Diagnose und einer schnellen und gezielten Therapie. Allerdings ist die frühe Diagnose oft schwierig und ärztliche Entscheidungen über optimale Therapien sind nicht immer leicht zu treffen. Ziel des Projekts ist es, mit Methoden der Künstlichen Intelligenz das Risiko einer Sepsis für Patienten datengetrieben zu quantifizieren, um über gezielte computergestützte Beobachtung gefährdete Patienten rechtzeitig zu erkennen. Ferner sollen auf der Grundlage von Krankenhausdaten individualisierte therapeutische Strategien ableitet werden, um so eine Entscheidungsunterstützung bei der Einleitung von Therapien zu ermöglichen, die oft mit starken Nebenwirkungen einhergehen. An der Hochschule Koblenz wird dazu mit 150.000 Euro Fördermitteln eine Grafikprozessor-Infrastruktur aufgebaut.

  • Hochschule Trier: Aufbau einer Plattformtechnologie für Cyanobakterien zur Pandemiebekämpfung

Als sich im Frühjahr 2020 die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie abzeichneten, schien die Entwicklung von Impfstoffen oder Medikamenten gegen das Coronavirus noch in weiter Ferne. Die erfolgreiche und vor allem rasant schnelle Entwicklung eines Impfstoffs durch die Firma BioNTech hat jedoch gezeigt, dass aus bestehenden Plattformtechnologien zeitnah Lösungen für neuartige Herausforderungen generiert werden können. Ziel dieses Projekts an der Hochschule Trier ist es, eine Plattformtechnologie zu entwickeln, die Cyanobakterien einsetzt, um antivirale Substanzen im technischen Maßstab zu produzieren. Hierfür werden Cyanobakterien in einem speziell gefertigten Bioreaktor kultiviert und so der Übergang vom Labor- zum Produktionsmaßstab erforscht. Terrestrische Cyanobakterien sind für die Forschung besonders geeignet, weil sie austrocknungstolerant sind, Luftstickstoff fixieren und eine sehr breite physiologische Flexibilität aufweisen. Aufgrund dieser Vorteile benötigen sie nur geringe Mengen an Wasser, bilden Biofilme mit hohen Zelldichten und tolerieren starke Temperaturschwankungen. Ihre Austrocknung induziert zudem gezielt die Produktion zahlreicher Wertstoffe. Mit Fördermitteln in Höhe von 150.000 Euro wird ein Filamentdrucker zur Fertigung von Bioreaktoren im benötigten Maßstab sowie ein Infrarot-Mikroskop zur Untersuchung der Cyanobakterien-Bioreaktor-Interaktion beschafft, das die Prozesssteuerung an Bioreaktoren für einen (groß-) technischen Einsatz unterstützt.

Biotechnologie

Die Landesregierung will den Biotechnologiestandort Rheinland-Pfalz in den nächsten Jahren konsequent ausbauen und die nationale und internationale Sichtbarkeit entscheidend stärken. Daher setzt sie die starke Förderung der vergangenen Jahre in den Lebenswissenschaften fort und wird in den nächsten zehn Jahren mindestens 100 Millionen Euro investieren. Diese sollen durch Bundes- und private Mittel verdoppelt werden. Weitere 10 Millionen Euro sollen als neue Schwerpunktinvestitionen in der aktuellen Legislaturperiode folgen.