Viel – aber nicht zu viel

Aktuelle Studie des Lehrstuhls für ABWL und Marketing I

13.02.2008

Wie können Unternehmen den Spagat schaffen, eine möglichst breite Produktpalette anzubieten und gleichzeitig die Kunden bei der Auswahl nicht zu verwirren?

Kunden haben viele unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche. Gut ist es, wenn der Hersteller eines Markenprodukts diese durch ein breites Angebot befriedigen kann und somit möglichst viele Personen an sich bindet. Problematisch wird es allerdings, wenn ein Hersteller zu viele Produkte offeriert und damit den Konsumenten bei der Auswahl überfordert. Erst recht, da der Kunde ja auch eine Entscheidung für eine bestimmte Marke treffen muss. Eine aktuelle Studie des Lehrstuhls für ABWL und Marketing I der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität mit dem Titel "Ist weniger mehr?" geht der Frage nach, inwiefern die große Produktvielfalt im Supermarktregal zum Kauf führt oder ihn eher abschreckt.

Unterschiede zwischen Konsum- und Gebrauchsgütern

Die Macher der Studie haben zunächst zwischen Konsum- und Gebrauchsgütern differenziert. Bei Produkten wie Haarshampoo, Duschgel, Joghurt oder Schokolade ist das finanzielle Risiko deutlich geringer als bei der Wahl eines Computers, Mobiltelefons oder einer Digitalkamera. Bei den Konsumgütern, Lebensmitteln oder Hygieneartikeln ist die Bereitschaft, ein Produkt noch einmal zu kaufen stark ausgeprägt, ein Gebrauchsgut kauft man in der Regel nur einmal. "Der Konsument setzt sich wegen des größeren Risikos stark mit dem Gebrauchgut auseinander bis er letztendlich eine Kaufentscheidung trifft", weiß Professor Frank Huber. Daher ergebe sich meistens eine große Zufriedenheit mit dem gekauften Artikel.

Gefahren der Produktvielfalt

Wenn eine besonders große Produktvielfalt vorliegt, kann das zu Verwirrtheit und Unsicherheit bei den Konsumenten führen. Diese treten besonders dann auf, wenn der Kunde nicht eindeutig entscheiden kann, wo die Unterschiede zwischen den angebotenen Produkten liegen, so dass er im schlimmsten Fall gar nichts kauft. Außerdem ergibt sich die Gefahr, dass der Kunde eine Kaufentscheidung im Nachhinein bereut.

Auswirkungen auf die Kaufentscheidung

"Wir haben festgestellt, dass Verwirrtheit in Bezug auf das zu kaufende Produkt eher bei Konsumgütern auftaucht", erklärt Professor Frank Huber. "Bei den Konsumgütern spielt die Einstellung zu der Marke eine wichtige Rolle", so Huber weiter. Die Marke führe zur Vereinfachung der Kaufentscheidung. Im gegensatz dazu setzen sich die Kunden vor dem Kauf eines Gebrauchsguts stark mit dessen Merkmalen auseinander, so dass sich in dem Bereich die Produktvielfalt eines Herstellers kaum negativ auswirkt.

Der Handel sollte auf die Kunden zugehen

Daraus ergeben sich für den Handel wesentliche Möglichkeiten dem Kunden entgegenzukommen: Er kann eine Vorauswahl treffen und das Sortiment übersichtlich aufstellen. Außerdem sollte er für bestimmte Produktkategorien Wert legen auf eine persönliche Beratung. Weiterhin eignen sich Produktproben, um die Kaufentscheidung bei Konsumgütern zu erleichtern. Garantie- und Umtauschversprechen vereinfachen die Kaufentscheidung bei Gebrauchsgütern.

Hersteller müssen auf Transparenz achten

Möchten die Hersteller den Kunden in der großen Produktvielfalt entgegenkommen, sollten sie auf eine klare und eindeutige Verpackungsgestaltung setzen. Transparenz können sie beispielsweise auch durch einen guten Internetauftritt, der verständliche und leicht auffindbare Informationen zu den Produkten anbietet, schaffen.

Aufbau der Studie

Für die Studie wurden 432 Personen befragt, vor allem aus einem studentischen Umfeld. Etwa 54 Prozent der Befragten waren Männer und 46 Prozent Frauen. Ihnen wurden verschiedene Produkte aus den Bereichen Konsum- und Gebrauchsgüter vorgegeben, um die wahrgenommene Produktvielfalt sicherzustellen.

Center of Market-Oriented Product and Production Management (CMPP)

Das Center of Market Oriented Product and Production Management (CMPP) der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz veröffentlicht Publikationen zur Gestaltung der Schnittstelle zwischen Produktion und Marketing. Ziel dabei ist es, die Chancen des technologischen Wandels zu erkennen und die daraus resultierenden Geschäftsmöglichkeiten abzuleiten. Darüber hinaus organisieren die Mitarbeiter des CMPP Weiterbildungsveranstaltungen und untersuchen auf Anfrage konkrete Fragestellungen aus der Unternehmenspraxis. Derzeitige Direktoren sind Professor Dr. Klaus Bellmann, Lehrstuhl für Produktionswirtschaft, und Professor Dr. Frank Huber, Lehrstuhl für Marketing I, der Mainzer Universität.

Sämtliche Publikationen können über den Buchhandel oder direkt über das CMPP bezogen werden.