Ausbildung, Lernen und Familie miteinander verbinden
24.04.2012
Die Universitätsmedizin Mainz bietet ab August 2012 erstmals eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger an, die als familienfreundliche Teilzeitausbildung absolviert werden kann. Damit alle Inhalte der regulären Ausbildung adäquat vermittelt werden können, dauert die Ausbildung vier statt der sonst üblichen drei Jahre. So wird der Pflegeberuf gerade für diejenigen attraktiver, die eine Vollzeitausbildung aus zeitlichen oder familienbedingten Gründen nicht absolvieren können, etwa weil sie sich um die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen kümmern wollen. Eine von ihnen ist die 23-jährige Samira Veith, die zum 1. August 2012 mit der Teilzeitausbildung als Gesundheits- und Krankenpflegerin beginnt.
"Mir ist der Kontakt zu Menschen wichtig. Den ganzen Tag im Büro zu sitzen und am Computer zu arbeiten, das ist nichts für mich", so Samira Veith, zweifache Mutter. Dass diese Ausbildung nun an der Universitätsmedizin Mainz auch in Teilzeit angeboten wird, ist für sie von großem Vorteil: "Mich hat hier angesprochen, dass ich alles unter einen Hut bekomme! Meine Kinder müssen nicht zurückstecken, denn ich kann Ausbildung, Lernen und Familie miteinander verbinden."
"Durch unsere Teilzeitausbildung stellen wir sicher, dass wir genügend Nachwuchs für die Pflegeberufe gewinnen, eben weil wir neue Zielgruppen fokussieren. Wenn man so will, dann ist das für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation", betont Evelyn Möhlenkamp, Pflegevorstand der Universitätsmedizin Mainz.
Nachwuchs können die Pflegeberufe dringend gebrauchen, denn der demografische Wandel manifestiert sich im Gesundheitsmarkt gleich in zweifacher Hinsicht. Zum einen altert die Gesellschaft so rapide, dass nicht nur in naher Zukunft, sondern schon jetzt ein enormer Bedarf an qualifizierten Pflegekräften besteht. Zum anderen hat die Geburtenrate nach der Babyboomer-Generation schleichend abgenommen, sodass mittlerweile längst nicht mehr jeder Ausbildungsplatz zum Gesundheits- und Krankenpfleger besetzt werden kann.
Und noch etwas kommt hinzu: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nimmt für Erwachsene im arbeitsfähigen Alter einen immer höheren Stellenwert ein – wie auch das Beispiel von Samira Veith zeigt. Wie viele andere will sie sich dem Leben in der Familie und der Betreuung von Kindern widmen, ohne dabei Job und Karriere zu vernachlässigen. Unter dem Strich bedeutet dies, dass Arbeitnehmer zukünftig vorwiegend solche Ausbildungs- und Arbeitsplätze berücksichtigen, die ihnen attraktive, familienfreundliche Konditionen bieten.
22 Teilzeitausbildungsplätze in der Pflege
Zunächst will die Universitätsmedizin Mainz 22 Teilzeitausbildungsplätze anbieten. In dem entsprechenden Lehrplan wurden die Theorie- und Praxisblöcke verlängert: So werden die Inhalte jedes Ausbildungsjahrs nicht innerhalb eines Jahrs, sondern innerhalb des entsprechend verlängerten Zeitraums von einem Jahr und vier Monaten vermittelt. Dadurch ist die Vermittlung der Lernmodule analog der dreijährigen Vollzeitausbildung sichergestellt. Auch die praktischen Einsätze entsprechen inhaltlich der dreijährigen Ausbildung, verteilen sich aber auf den größeren Zeitraum von vier Jahren. Ausgehend von einer 38,5-Stunden-Woche in Vollzeit, absolvieren die Teilzeit-Schüler 29 Wochenstunden über vier Jahre.
"Wir leisten unseren Beitrag zur Work-Life-Balance bereits während der Ausbildung", erklärt Ulrich Wirth, der die Schulen für Gesundheitsfachberufe der Universitätsmedizin Mainz leitet und selbst zertifizierter Demografie-Berater ist. So sei bei der Gestaltung der Ausbildung auf familienfreundliche Bedingungen geachtet worden, ergänzt Rosl Becker, Leiterin der Staatlich anerkannten Gesundheits- und Krankenpflegeschule und Schule für Krankenpflegehilfe an der Universitätsmedizin Mainz, etwa bei der Urlaubsplanung: "Wir haben die Urlaubszeiten bevorzugt auf die Schulferien gelegt und an den Brückentagen sowie über Weihnachten und Neujahr generell Urlaubstage eingeplant."
Das ganze Konzept geht dann besonders gut auf, wenn es gleich nach der Ausbildung familienfreundlich weiter geht: "Wir versuchen, den examinierten Gesundheits- und Krankenpflegern auch nach Ende der Ausbildung genügend Teilzeitangebote zu bieten, wodurch wir den Pflegeberuf nachhaltig für neue Zielgruppen attraktiver machen", sagt Evelyn Möhlenkamp.
Samira Veith betont: "Insbesondere denjenigen, die den Gedanken an eine Ausbildung in der Pflege einmal hatten, ihn aber dann aus familiären Gründen verworfen haben, würde ich unbedingt raten, sich über die neue Ausbildungsform zu informieren."