Gezielte niedrigschwellige Informationskampagne soll für Thema Herzinfarkt sensibilisieren
24.09.2007
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind in Deutschland die häufigste Todesursache, sei es infolge von Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzschwäche. Etwa 40 Prozent der Patientinnen und Patienten, die einen Herzinfarkt erleiden, sterben noch vor Eintreffen eines Arztes. Hauptgrund hierfür ist, dass Patienten zu viel Zeit verstreichen lassen, bevor sie einen Notarzt informieren. Um diese Situation zu verbessern, ist vor allem eines wichtig: die gezielte Aufklärung der Bevölkerung, was wann im Notfall zu tun ist. Daher starten die II. Medizinische Klinik des Universitätsklinikums Mainz, der 1. FSV Mainz 05 und Boehringer Ingelheim gemeinsam mit der Deutschen Herzstiftung, der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz e.V. und der Cardiopraxis Mainz eine Aufklärungskampagne zum Thema Herzinfarkt.
"Bis 2025 erwarten wir eine Verdoppelung der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen – bedingt durch die dramatische Zunahme an Übergewicht und der Entwicklung eines Diabetes mellitus. Zudem werden die Menschen immer älter und leiden dann in erster Linie an Herzkreislauferkrankungen", unterstreicht Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). "Die II. Medizinische Klinik hat auf diese Entwicklung schon früh reagiert und vor zweieinhalb Jahren als eine der ersten Universitätskliniken in Deutschland eine Chest Pain Unit, also ein Brustschmerzzentrum, eingerichtet." Ziel des Brustschmerzzentrums ist eine rasche, kompetente Versorgung von Patienten mit Brustschmerzen. Die ersten medizinischen Erfahrungen mit dieser Einrichtung sind hervorragend. Bei Notärzten, Zuweisern und bei den Patienten selbst stößt sie auf große Akzeptanz.
"Die neuen Zahlen der Herzstiftung sind jedoch alarmierend", so Münzel weiter. "Die Reaktionszeit der Patienten vom Schmerzbeginn bis zur Kontaktaufnahme mit den medizinischen Notdiensten hat sich bundesweit von zweieinhalb auf drei Stunden verlängert. Allerdings zählt beim Herzinfarkt jede Minute. Um die Reaktionszeit nach Beschwerdebeginn zu verkürzen und die Hemmschwelle zur Alarmierung der medizinischen Notdienste zu senken, hilft nur eine gezielte Aufklärung der Bevölkerung. Genau dazu soll die geplante Kampagne beitragen. Da immer noch sehr viele Patienten vor Eintreffen des Arztes sterben, liegt hier ein sehr großes Potenzial." Dabei nimmt Rheinland-Pfalz bei der kardiologischen Versorgung einen der letzten Plätze in ganz Deutschland ein. So findet sich hier beispielsweise mit die häufigste Sterblichkeit an koronarer Herzerkrankung und die geringste Dichte an Herzkatheterlabors und Kardiologen.
Konkret umfasst die Kampagne drei Plakatmotive. Diese werden in den nächsten drei Monaten auf Bussen und Bahnen im Mainzer Stadtgebiet sowie auf großformatigen Bannern am Hauptbahnhof zu sehen sein.
"Wir sind sehr froh, dass wir mit dem 1. FSV Mainz 05 einen wichtigen Sympathieträger in Mainz für diese Aktion gewinnen konnten", erläutert Dr. Felix Post, Oberarzt an der II. Medizinischen Klinik und Initiator des Projekts. "Dabei ist die Kombination von medizinischer Botschaft und Fußball nur auf den ersten Blick ungewöhnlich: Schließlich ist die effektive Behandlung des Herzinfarkts genau wie guter Fußball ein Mannschaftssport. Die Zusammenarbeit zwischen Patient, Notarzt und Krankenhausarzt muss reibungslos funktionieren. Eine schnelle Reaktion und regelmäßiges Training sind gerade in der Notfall- und Akutmedizin gefragt. Außerdem erhoffen wir uns, dass wir über den Sympathieträger Mainz 05 vor allem auch jene Teile der Bevölkerung erreichen können, für die der Herzinfarkt heute vielleicht noch gar kein Thema ist."
Das bekräftigt auch Harald Strutz, Präsident des 1. FSV Mainz 05: "Das Thema Herzinfarkt ist vielen Menschen näher, als sie womöglich glauben. Schnelles Handeln und richtiges Verhalten im Ernstfall rettet Leben – die Aufklärung ist ein wichtiger Schritt dahin. Als Verein, der zu jedem Heimspiel 20.000 Menschen im Stadion begrüßt und der in der Öffentlichkeit umfassend wahrgenommen wird, können wir im Rahmen dieser Aufklärungskampagne einen wichtigen Beitrag leisten, um Leben zu retten."
"Boehringer Ingelheim engagiert sich in der Heimatregion schon lange Zeit in Fragen der Aufklärung zu Gesundheitsthemen", betont Franz Merl, Leiter Marketing und Vertrieb Klinik und Vertriebswege bei Boehringer Ingelheim. "Bereits vor drei Jahren haben wir gemeinsam mit der Neurologie des Universitätsklinikums Mainz eine groß angelegte Kampagne zur Erkennung von Symptomen beim Schlaganfall unterstützt – mit großem Erfolg, denn hierbei konnten die Reaktionszeiten beim Patienten deutlich reduziert werden, sodass 20 Prozent mehr Patienten innerhalb des kritischen 3-Stunden-Fensters in eine Klinik kamen. Es ist daher naheliegend, die Bevölkerung in Mainz auch für Risiken zum Thema Herzinfarkt zu sensibilisieren. Unsere Erfahrungen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit bringen wir in diese Aktion gern ein. Wir haben gelernt, dass es sehr wichtig ist, immer wieder Impulse zu setzen, um das Thema nachhaltig in der Bevölkerung zu verankern. Mit Plakaten und Postern in ansprechender Form wollen wir dazu beitragen, dass das Thema des plötzlich auftretenden Brustschmerzes von den Bürgerinnen und Bürgern wahrgenommen wird und sie so die richtigen Maßnahmen sofort einleiten können."
"Die einzig richtige Telefonnummer, die Patienten oder Angehörige wählen sollen, ist in diesem Fall die 112", betont Dr. Guido Scherer, der Ärztliche Leiter Rettungsdienst für den Rettungsdienstbereich Mainz. "Unter dieser Nummer sorgt die Rettungsleitstelle dafür, dass sofort das richtige Rettungsmittel zum Patienten geschickt wird – mit Sondersignal und Blaulicht, meistens zusammen mit dem Notarzt. Dieser überwacht den Patienten, stellt die Diagnose und gibt die ersten Medikamente. Der Anruf beim Hausarzt oder dessen Vertretung wäre in diesem Fall der falsche Weg, da wertvolle Zeit verloren ginge. Über den Rettungsdienst wiederum werden die Spezialisten des Brustschmerzzentrums an der Universitätsklinik umgehend informiert, sodass diese direkt bereit stehen, wenn Rettungswagen und Patient eintreffen. Auch das ist wie guter Fußball: Die Kardiologen des Brustschmerzzentrums sind die Torjäger, die, um optimale Erfolge zu erzielen, die sichere und schnelle Vorbereitung der übrigen Mannschaft – der Rettungsdienste und der Leitstelle – brauchen. Ein einziger Fehlpass allerdings, die falsche Telefonnummer, könnte verheerende Folgen haben."