Im Gestein von Wüstengebieten fallen außergewöhnliche Strukturen auf, deren Herkunft nicht geklärt ist / Publikation in Fachmagazin Geomicrobiology Journal
13.03.2025
In den Wüstengebieten von Namibia, Oman und Saudi-Arabien sind bei Forschungsarbeiten besondere Phänomene aufgefallen, die wahrscheinlich auf die Tätigkeit einer unbekannten mikrobiologischen Lebensform zurückgehen: In Marmor und Kalkstein dieser Wüstenregionen wurden ungewöhnlich kleine Löcher entdeckt – winzige Röhrchen, die das Gestein in paralleler Anordnung von oben nach unten durchziehen. "Wir waren überrascht, denn diese Röhrchen sind offenbar nicht das Ergebnis eines geologischen Prozesses", sagt Prof. Dr. Cees Passchier von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), der zuerst bei geologischen Feldarbeiten in Namibia auf das Phänomen gestoßen ist. Bei den folgenden Gesteinsuntersuchungen wurden Reste biologischen Materials gefunden, anscheinend haben Mikroorganismen das Gestein durchlöchert. "Ob es sich dabei um eine Lebensform handelt, die ausgestorben ist oder die noch irgendwo lebt, wissen wir derzeit allerdings nicht", erklärt Cees Passchier.
Erste Funde in Namibia gaben Rätsel auf
Cees Passchier ist Geologe und arbeitet unter anderem seit 25 Jahren in Namibia. Bei seinen Forschungsarbeiten steht die geologische Rekonstruktion von präkambrischen Gesteinen im Fokus. "Wir schauen uns die Struktur der Gesteine an, um herauszufinden, wie sich vor 500 bis 600 Millionen Jahren die Kontinente zu dem Superkontinent Gondwana zusammengefügt haben", erklärt Passchier. Damals haben sich in den alten Ozeanen Kalkablagerungen gebildet, die durch Druck und Hitze zu Marmor wurden. "In diesem Marmor sind uns seltsame Strukturen aufgefallen, die nicht auf geologische Ereignisse zurückgehen." Anstelle von glatten Schnittflächen waren Röhrchen zu sehen, die etwa einen halben Millimeter breit und bis zu drei Zentimeter lang waren, sich parallel aneinanderreihten und so Bänder von bis zu zehn Meter Länge formten. In den Spalten hatte sich teilweise Krustenkalk gebildet.
Diese ersten Funde in der namibischen Wüste liegen bereits 15 Jahre zurück. In der Zwischenzeit ist Cees Passchier zusammen mit Kolleginnen vom Institut für Geowissenschaften der JGU und Dr. Trudy Wassenaar, Leiterin des Consultingunternehmens Molecular Microbiology and Genomics Consultants, dem Phänomen weiter nachgegangen. "Es musste nach unserer Einschätzung ein Mikroorganismus sein, der diese Röhrchen gebildet hat." Denn die Röhrchen waren nicht leer, sondern mit einem feinen Pulver aus sauberem Kalziumkarbonat gefüllt. Mikroorganismen, so die Vermutungen, könnten die Tunnel gebohrt haben, um Nährstoffe in Kalziumkarbonat, also dem Marmor-Baustein, zu nutzen. Das feine Pulver blieb zurück. Außerdem fand Passchier bei Geländearbeiten im Oman und anschließend auch in Saudi-Arabien ganz ähnliche Strukturen – im Oman allerdings in Kalkstein, in der saudi-arabischen Wüste wiederum in Marmor.
"Es handelt sich in allen Fällen um alte Strukturen, vielleicht ein oder auch zwei Millionen Jahre alt", vermutet der Wissenschaftler. "Wir nehmen an, dass sie in einem etwas feuchteren Klima gebildet wurden und nicht in dem trockenen Wüstenklima, wie es heute vorherrscht." Welcher Organismus diese Strukturen verursacht hat, bleibt allerdings ein Rätsel.
Endolithische Mikroorganismen nutzen Gestein als Lebensgrundlage
Mikroorganismen wie Bakterien, Pilze oder Flechten kommen selbst in unwirtlichen oder entlegenen Winkeln der Erde vor. Sogenannte endolithische Mikroorganismen sind in Wüstengebieten nicht selten: Sie können ihre Energie und Nährstoffe für ihre Versorgung aus dem besiedelten Gestein beziehen. "Das Spannende an unserer Entdeckung ist, dass wir nicht wissen, um welchen endolithischen Mikroorganismus es sich hier handelt. Ist es eine bekannte Lebensform oder ein komplett unbekannter Organismus?" Cees Passchier zufolge muss es sich um einen Organismus handeln, der Nahrungsstoffe aus Kalziumkarbonat benötigt, um sich am Leben zu erhalten, allerdings ohne Licht auskommt, weil die Röhrchen auch tief im Innern des Gesteins sitzen. Zwar wurde biologisches Material gefunden, allerdings keine DNA oder Proteine, die weitere Erkenntnisse bringen könnten.
Passchier hofft, dass sich künftig Spezialisten für Endolithen mit dem Phänomen befassen werden. "Diese Lebensform, von der wir nicht wissen, ob sie noch existiert, könnte für den globalen Kohlenstoffkreislauf von Bedeutung sein. Daher ist es wichtig, dass die wissenschaftliche Gemeinschaft darauf aufmerksam wird." Die Freisetzung von Kohlenstoff durch die biologische Aktivität von Mikroorganismen kann unter Umständen auch für die CO2-Bilanz der Erde eine größere Rolle spielen.
Veröffentlichung im Geomicrobiology Journal
Cees Passchier war von 1993 bis 2019 Professor für Tektonophysik und Strukturgeologie am Institut für Geowissenschaften der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und ist seit 2019 Seniorforschungsprofessor in Geoarchäologie der JGU. Die aktuelle Forschungsarbeit "Subfossil Fracture-Related Euendolithic Micro-burrows in Marble and Limestone" wurde im Fachmagazin Geomicrobiology Journal veröffentlicht.