Buchpräsentation auf der Leipziger Buchmesse
20.03.2012
Der chilenische Dichter Raúl Zurita gehört zu den renommiertesten Vertretern der lateinamerikanischen Gegenwartsliteratur und ist dennoch in Deutschland bisher wenig bekannt. Nun ist ein neuer Gedichtband erschienen, für den Zurita rund 20 Texte ausgewählt hat, die von Studierenden und Dozenten des Fachbereichs 06: Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft (FTSK) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ins Deutsche übersetzt worden sind. Die Wasserstädte ist im Verlag Trafo erschienen und wurde auf der diesjährigen Leipziger Buchmesse der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Gedichtband enthält die von Zurita ausgewählten Texte sowohl in der spanischen Originalfassung als auch in der deutschen Übersetzung. Die Zusammenstellung ist in drei Zyklen gegliedert und gibt das alptraumhafte Erleben der Wirklichkeit vor dem Hintergrund Zuritas eigener Erfahrungen wieder. Zurita kam als Student nach dem Militärputsch Pinochets in politische Haft. Dies wurde zum prägenden Trauma, die Gewalt der chilenischen Diktatur zum wichtigsten historischen und politischen Bezugspunkt in Zuritas Poesie. In Las Ciudades de Agua. Die Wasserstädte lässt Zurita die Erfahrungen verschiedener Länder und Zeiten über sich hereinbrechen. So beginnen sich in seinen (Alp-)Träumen die großen Katastrophenereignisse, allen voran der Zweite Weltkrieg und die Atombombe von Hiroshima, mit den Schrecken der Pinochet-Diktatur zu überlagern.
Zurita hat die Zusammenstellung der Texte, die in deutscher Übersetzung erscheinen sollten, selbst vorgenommen. Organisiert von der Herausgeberin des Buchs, Liliana Bizama, Lehrkraft in der Abteilung Spanische und Portugiesische Sprache und Kultur des Fachbereichs Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft (FTSK) in Germersheim, haben drei Studentinnen und drei Dozentinnen des Arbeitsbereichs seit Sommer 2010 an der Übersetzung gearbeitet. Für die Studierenden ist es eine besondere Erfahrung, lyrische Texte zu übersetzen. "Auf die Texte muss man sich einlassen. Zurita ist nicht einfach zu übersetzen und die Texte erfordern einen hohen Rechercheaufwand. Die Themen sind bei jungen Studierenden kaum noch präsent", erklärt Dr. Eva Katrin Müller vom FTSK. Den drei Übersetzungstandems - jeweils eine Studentin und eine Dozentin haben einen Zyklus bearbeitet - ist es trotz der komplexen Thematik gelungen, ohne Erläuterungen und Fußnoten auszukommen. Um einen einheitlichen Stil zu wahren, wurden die Übersetzungen in der Gesamtgruppe noch einmal überarbeitet - auch dies eine eher ungewöhnliche Erfahrung für die Übersetzer- und Dolmetscherstudierenden.
Raúl Zurita, 1951 in Santiago de Chile geboren, hat mehr als 20 Gedichtbände verfasst, die in mehrere Sprachen übersetzt wurden. Er ist Träger des Pablo Neruda-Preises (1989) und des chilenischen Premio Nacional de Literatura (2000). Seit 2001 ist er Professor für Literatur an der Universidad Diego Portales in Santiago de Chile. Im Mai 2012 wird der Dichter zu einer Lesung aus dem neuen Band Die Wasserstädte in Germersheim erwartet.