Mainzer Kunsthistorikerin untersucht Bestand aus der Bibliothek der ehemaligen Kunsthistorischen Forschungsstätte Paris
25.07.2016
Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hat kürzlich 15 Projekte ausgewählt, die mit insgesamt 1,5 Millionen Euro gefördert werden sollen – darunter auch ein Projekt an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Das Zentrum unterstützt die dezentrale Suche nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut und versteht sich national und international als zentraler Ansprechpartner zu Fragen unrechtmäßiger Entziehungen von Kulturgut in Deutschland im 20. Jahrhundert.
Die Kunsthistorische Forschungsstätte Paris (KHF) wurde 1942 in Paris von den nationalsozialistischen Besatzern gegründet. Nach der Schließung des Instituts wurde 1946 ein großer Teil des Buchbestands der KHF, insgesamt 3.080 Bücher, der neugegründeten Universität in Mainz angeboten und in die Universitätsbibliothek Mainz überführt. Der Buchbestand umfasst deutsch- und französischsprachige Fachpublikationen der Kunstgeschichte sowie eine große Anzahl an Auktionskatalogen. Der Direktor der KHF, Dr. Hermann Bunjes, war nachweislich als Mittelsmann für Hermann Göring tätig. Erste, von der JGU finanzierte Recherchen in verschiedenen Archiven lieferten Indizien, dass es sich bei den aus der KHF stammenden Büchern um NS-Raubgut handelt.
Ziel des Projekts der Universitätsbibliothek Mainz unter der Leitung von Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra ist es, den Buchbestand in Mainz systematisch auf seine Provenienz hin zu überprüfen. Außerdem soll der Aufbau der Bibliothek der KHF im Rahmen der Netzwerkaktivitäten und der Erwerbungspolitik rheinländischer Museen in den Jahren 1942 bis 1944 in Paris geklärt werden. "Wir sehen es als Auftrag und Verpflichtung an, die Herkunft uns anvertrauter Bestände zu klären und Provenienzforschung aktiv zu unterstützen", unterstreicht Dr. Andreas Brandtner, Direktor der Universitätsbibliothek Mainz.
Die Untersuchungen erfolgen in Kooperation mit dem Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris. Die Ergebnisse des Projekts werden später sowohl über die Datenbank "Lost Art" als auch im Rahmen einer Online-Publikation öffentlich zugänglich gemacht. Mit dem Abschluss des Projekts wird in zweieinhalb Jahren gerechnet.
"Ich bin sehr froh, dass wir nun endlich in der Lage sind, die Provenienz dieses Buchbestands klären zu können", betont Prof. Dr. Elisabeth Oy-Marra vom Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der JGU.