Bislang ältestes römisches Lager in Deutschland nachgewiesen
28.08.2012
Archäologen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben in der Nähe von Hermeskeil, gut 30 km südöstlich von Trier im Hunsrück gelegen, das bislang älteste römische Militärlager in Deutschland nachgewiesen und damit neue Erkenntnisse über die Eroberung Galliens gewonnen. Das Lager wurde vermutlich während des Gallischen Krieges in den 50er Jahren v. Chr. in unmittelbarer Nähe zu der spätkeltischen Siedlung "Hunnenring", einer monumentalen Befestigungsanlage des zwischen Rhein und Maas ansässigen keltischen Stamms der Treverer, angelegt. "Mit dem Nachweis des Militärlagers wird ein Stück Weltgeschichte erstmals archäologisch fassbar", sagt Dr. Sabine Hornung vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der JGU. "Möglicherweise wurde der treverische Widerstand gegen die römischen Eroberer von diesem Militärlager aus gebrochen." Hornung leitet die Ausgrabungen an diesem bedeutenden Denkmal, die aktuell noch bis Mitte September 2012 laufen.
Die knapp 26 ha große Anlage war zwar altbekannt, in ihrer Bedeutung aber ungeklärt. "Im Wald sind eindeutig Reste des Walles zu sehen, aber die von Archäologen wie Heimatforschern vermutete Ansprache als römisches Militärlager war bislang nicht eindeutig möglich", so Hornung. Aufschluss brachten systematische Untersuchungen, die in engem Zusammenhang mit archäologischen Forschungen rund um den "Hunnenring" bei Otzenhausen im Landkreis St. Wendel stehen. Der römische Stützpunkt ist nur 5 km von dem in Sichtweite liegenden keltischen Ringwall entfernt. Das ehemalige Militärlager ist heute durch Ackerbau in weiten Teilen nicht mehr mit bloßem Auge zu erkennen und von der Zerstörung bedroht.
Im März 2010 hatte das Team um Hornung mit Unterstützung des Rheinischen Landesmuseums Trier die Arbeiten in Hermeskeil aufgenommen. Zunächst wurden Größe und Form des mit einem Erdwall und einem vorgelagertem Graben befestigten Militärlagers erfasst. Demnach besteht die Anlage aus einem annähernd rechteckigen, 18,2 ha großen Erdwerk mit abgerundeten Ecken, das Platz für mehrere tausend Soldaten – sowohl Fußtruppen als auch berittene Hilfstruppen – bot. Hinzu kommt eine 7,6 ha große Erweiterung, die eine Quelle umschloss und so die Wasserversorgung der Soldaten sicherte.
Auf Basis dieser Erkenntnisse waren gezielte Ausgrabungen möglich, bei denen im Sommer 2011 die Freilegung eines der Tore des Lagers gelang. Es handelte sich hierbei um einen Durchlass in den aus Wall und Graben bestehenden Befestigungen, der mit einem Steinpflaster versehen war. In den Zwischenräumen dieses Pflasters fanden die Archäologen um Hornung zahlreiche Schuhnägel, die einst die Sandalen der römischen Soldaten besetzten und sich beim Laufen gelöst hatten. Größe und Form dieser Nägel lieferten ein erstes Indiz für die Datierung des Militärlagers von Hermeskeil in die Zeit der späten Republik bzw. des Gallischen Krieges. Diese Vermutung konnte anhand der bei den Ausgrabungen entdeckten Scherben von Tongefäßen und mittels naturwissenschaftlicher Datierungen weiter bestätigt werden.
Die besondere historische Bedeutung des Militärlagers von Hermeskeil liegt in seiner Beziehung zur benachbarten treverischen Siedlung "Hunnenring". Hornung und ihr Team bestätigten anhand aktueller Grabungen, dass diese Siedlung um die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. von ihren Bewohnern aufgegeben wurde. Bis zur Entdeckung des Lagers bei Hermeskeil konnte über einen möglichen Zusammenhang mit den Ereignissen des Gallischen Krieges lediglich spekuliert werden. Julius Caesar berichtet in den Kommentaren zum Gallischen Krieg von einer Spaltung des Stammes der Treverer in eine romfeindliche bzw. romfreundliche Partei. Die von Seiten der romfeindlichen Partei unter der Führung des Adeligen Indutiomarus und seiner Verwandten angezettelten Unruhen hatten in den Jahren 54/53 und 51 v. Chr. römische Vergeltungsschläge zur Folge, in deren Zuge der treverische Widerstand gegen die Eroberer gebrochen wurde. Mit den Entdeckungen bei Hermeskeil liegen nun erstmals direkte archäologische Zeugnisse dieser bewegten Episode der Weltgeschichte vor.