Physiker der JGU entwickeln multifunktionalen Lichtspeicher

Einteiliger Mikroresonator ermöglicht kontrollierte Kopplung von Licht und Materie

29.07.2009

Licht ist nicht greifbar und bewegt sich zudem mit großer Geschwindigkeit. Es lässt sich jedoch auf kleinstem Raum einfangen, indem man die Wände eines mikroskopischen Containers, in den das Licht kontrolliert einfällt, verspiegelt. Durch fortwährende Reflexion wird das Licht gewissermaßen eingesperrt und kann nicht entweichen. Einen so verspiegelten Mikro-Hohlraum nennen die Experten Mikroresonator. Verwendung finden Mikroresonatoren überall dort, wo die Wechselwirkung von Licht und Materie besonders verstärkt und kontrolliert untersucht werden soll. Ein wichtiges technisches Einsatzgebiet ist beispielsweise die Laserdiode, die die Telekommunikation und die optische Datenspeicherung in den letzten Jahrzehnten revolutioniert hat.

Aufgrund der hohen Lichtgeschwindigkeit - in einer Sekunde umrundet Licht die Erde mehr als sieben Mal - beträgt die Zahl der Reflexionen in Mikroresonatoren pro Sekunde bis zu einige Billionen. Soll unter diesen Bedingungen das Licht auch nur eine Millionstel Sekunde gespeichert bleiben, so darf bei jeder einzelnen der eine Million Reflexionen, die in dieser Zeit erfolgen, nur etwa ein Millionstel der Lichtleistung verloren gehen. Ein gewöhnlicher metallisierter Spiegel verliert pro Reflexion einige Prozent Lichtleistung und wäre damit mehr als zehntausend Mal zu schlecht.

Eine weitere Eigenschaft von Mikroresonatoren erklärt sich am besten im Vergleich mit einer Instrumentensaite: Ähnlich wie eine Saite abhängig von ihrer Länge nur bei bestimmten Frequenzen schwingt, kann ein Mikroresonator abhängig von seinen Abmessungen nur Licht bestimmter Frequenzen beziehungsweise Farben speichern. Soll das gespeicherte Licht aber zum Beispiel wie in einem Laser mit Atomen gekoppelt werden, so muss man seine Frequenz genau auf die jeweilige Atomsorte abstimmen. Aus der fehlenden Möglichkeit zur Abstimmung des Mikroresonators ergibt sich für viele wichtige Anwendungen ein Problem.

An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist es nun einem Team von Physikern um Professor Dr. Arno Rauschenbeutel erstmals gelungen, einen nur aus einem Bauteil bestehenden Mikroresonator zu realisieren, der alle gewünschten Eigenschaften in sich vereint: lange Speicherzeit, kleines Volumen, und Abstimmbarkeit auf beliebige Lichtfrequenzen. Wie das Forscherteam in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Physical Review Letters berichtet, genügt es hierfür, eine herkömmliche Glasfaser durch Erhitzen und Strecken auf etwa den halben Durchmesser eines menschlichen Haares zu verjüngen und auf dieser dann mit Hilfe eines Lasers eine bauchige Struktur zu erzeugen. In dieser Struktur wird das Licht kontinuierlich an der Oberfläche der Glasfaser reflektiert und umläuft so auf einer Schraubenbahn die Achse der Glasfaser. Dabei kann das Licht auch entlang der Glasfaser nicht entweichen, weil der Durchmesser der Glasfaser zu beiden Seiten hin abnimmt.

Ähnlich der Bewegung von geladenen Teilchen, die in einer magnetischen Flasche, d.h., einem geeignet räumlich variierenden Magnetfeld, gespeichert sind, pendelt das Licht in dem neu entwickelten Mikroresonator der Mainzer Physiker zwischen zwei Umkehrpunkten entlang der Glasfaser hin und her. Aus diesem Grund spricht man bei dem hier realisierten Lichtspeicher von einem Flaschenresonator. Die Einstellung des Mainzer Flaschenresonators auf bestimmte Lichtfrequenzen erfolgt ganz einfach über Ziehen an den beiden Enden der ihn tragenden Glasfaser. Die dabei auftretende mechanische Spannung wirkt sich auf den Brechungsindex des Glases aus, so dass sich die Umlaufzeit des Lichts je nach Spannung verlängert oder verkürzt.

Mit seinen außergewöhnlichen Eigenschaften und seiner einfachen, auf Glasfasertechnologie beruhenden Bauart eröffnet der Mainzer Flaschenresonator zahlreiche Anwendungsfelder. "An der Universität Mainz möchten wir den neuen multifunktionalen Mikroresonator einsetzen, um winzige, nur aus einzelnen Photonen bestehende Lichtfelder mit einzelnen Atomen zu koppeln", erklärt Prof. Rauschenbeutel aus der Arbeitsgruppe QUANTUM, Quanten-, Atom- und Neutronenphysik im Institut für Physik der Universität Mainz. "Sollte das gelingen, so könnte man zum Beispiel eine glasfaserbasierte Quanten-Schnittstelle zwischen Licht und Materie realisieren", so Rauschenbeutel. Damit könnte ein wichtiger Beitrag zur Quantenkommunikation und zur zukünftigen Realisierung eines Quantencomputers geleistet werden.