Neues Verfahren für genetischen Fingerabdruck vorgestellt

DNA-Analyse bei Haaren vereinfacht / Methode bei ausgefallenen Haaren und geschädigtem DNA-Material geeignet

28.02.2005

Bei Vaterschaftstests, in der Verbrechensbekämpfung und zur Identifizierung von unbekannten Toten, wie den Flutopfern in Asien, kommt die DNA-Analyse zum Einsatz, eine vergleichsweise junge Methode zur Feststellung einer Person mit nahezu hundertprozentiger Genauigkeit. Voraussetzung für die Untersuchung ist das Vorhandensein von Körperzellen in ausreichender Qualität. Gerade in der Kriminaltechnik ist DNA-fähiges Material manchmal nur schwer sicherzustellen. An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) wurde nun ein Verfahren entwickelt, das die DNA-Bestimmung an ausgefallenen Haaren und an anderem stark geschädigten Material wesentlich vereinfacht.

Die Untersuchung von ausgefallenen, sogenannten telogenen Haaren ist sehr aufwendig, weil an den Haarwurzeln oft kaum noch Körperzellen für die DNA-Analyse anhaften und die vorhandene DNA geschädigt ist. Aber gerade ausgefallene Haare von Kleidungsstücken oder dem Tatort sind in einem Verbrechensfall manchmal die einzige biologische Spur, die ein Täter hinterlässt. Bei alten Straftaten oder bei der Feststellung von unbekannten Toten liegt den Rechtsmedizinern oft nur geschädigtes Material zur Untersuchung vor. Der DNA-Strang ist gebrochen und es sind nur kurze DNA-Schnipsel vorhanden. Abhängig vom Grad der Zerstörung und dem Untersuchungsziel können verschiedene Analyseverfahren eingesetzt werden. Das grundlegende Prinzip zur Erstellung eines DNA-Profils ist zunächst immer gleich.

Die Desoxyribonukleinsäure (DNA/DNS) enthält die Erbinformation eines Menschen, besteht aus vier Grundbausteinen, den Basen Adenin, Guanin, Thymin und Cytosin, und findet sich hauptsächlich im Zellkern in Form von 46 Chromosomen. Nur etwa fünf Prozent der DNA sind codierende Bereiche und für die tatsächliche Ausprägung und das Erscheinungsbild einer Person verantwortlich. Die anderen 95 Prozent sind nichtcodierende, teils unterschiedlich lange Abschnitte ohne eine für die Erscheinung relevante Information. In diesem nichtcodierenden Bereich liegen auch Abschnitte, die von Person zu Person sehr unterschiedlich ausgeprägt sind und daher ein relativ eindeutiges Merkmal für die Erkennung liefern: DNA-Blöcke aus bestimmten Basenabfolgen wie etwa "Adenin – Guanin – Adenin – Adenin", die sich mehrmals wiederholen und dadurch eine ganz bestimmte Länge erreichen. Die Anzahl der Wiederholungen kann zwischen einzelnen Individuen stark variieren, ist aber bei jeder Person immer gleich, was bedeutet, dass jede Körperzelle eines Menschen die gleiche Anzahl von Wiederholungen zeigt. In den Körperzellen von Blut, Speichel, Sperma oder Haaren können diese DNA-Abschnitte lokalisiert und dann millionenfach vervielfältigt werden, um so ihre Länge zu ermitteln. Diese Längenbestimmung wird für acht Datenbankmerkmale erstellt und ergibt den genetischen Fingerabdruck, ausgedrückt in einem Zahlencode. Der Zahlencode sagt nichts über die Eigenschaften eines Menschen aus, kann aber durch Abgleichung mit Proben aus der DNA-Datenbank des Bundeskriminalamts (BKA) zur Überführung eines Täters führen, wie etwa im Fall Moshammer geschehen.

Soll die DNA-Diagnostik anhand von Haarproben erfolgen, kann bei noch wachsenden Haaren aus den Wurzelscheidezellen genug DNA-fähiges Material gewonnen werden. Bei ausgewachsenen und ausgefallenen Haaren sind kaum noch Körperzellen zu finden. Alte oder anderweitig geschädigte DNA liegt nur in kleinen Bruchstücken vor. Dennoch kann hier mit speziellen Verfahren ein DNA-Profil erstellt werden, indem ganz kurze DNA-Abschnitte mit weniger als hundert Basenpaaren analysiert werden. Die Vermehrung dieser Abschnitte mithilfe der Polymerasekettenreaktion wird mit dem neuen, in Mainz entwickelten Verfahren nunmehr wesentlich vereinfacht. Wie Dr. Klaus Bender vom Mainzer Institut für Rechtsmedizin erläutert, ist man bemüht, möglichst viele solcher Merkmale bei begrenzten Mengen an stark geschädigter DNA in einer Multiplex-Reaktion untersuchen zu können. In einem solchen Multiplex kann man jedoch gewöhnlich nur fünf bis sieben Merkmale unterbringen. Bei der neuen Methode werden zwei Multiplexe für die Polymerasekettenreaktion vereinigt und danach durch ein spezielles Verfahren wieder voneinander getrennt.

Dadurch können in einer Analyse elf DNA-Abschnitte oder -Merkmale ermittelt werden, also durchschnittlich drei Merkmale mehr als in dem herkömmlichen Verfahren. "Außerdem können wir nun sehr viele Merkmale mit nur einem Haar erheben, weil die Vervielfältigung der DNA-Abschnitte in einem Schritt und nicht mehr nacheinander erfolgt", so Bender. Das Mainzer Institut für Rechtsmedizin zählt zu den wenigen Einrichtungen in Deutschland, die telogene Haare untersuchen können. Das neue Verfahren ist nunmehr seit etwa einem halben Jahr im Einsatz und hat die Analysen, unter anderem im Hauptanwendungsbereich der Verbrechensbekämpfung, deutlich verbessert.

Das Verfahren wurde inzwischen vom Patentverbund Forschung Rheinland-Pfalz für die Johannes Gutenberg-Universität Mainz durch eine Patentanmeldung schutzrechtlich gesichert.