Neuer SFB 1660: Hadronen und Kerne als Entdeckungsinstrumente

Sonderforschungsbereich am Institut für Kernphysik der JGU sucht nach neuen physikalischen Phänomenen durch ein besseres Verständnis der Prozesse der starken Wechselwirkung

31.05.2024

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat heute die Einrichtung eines neuen Sonderforschungsbereichs (SFB) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) bewilligt. Der SFB 1660 "Hadrons and Nuclei as Discovery Tools" zielt darauf ab, die starke Wechselwirkung zu verstehen, die zu Prozessen führt, an denen Hadronen, Kerne und Atome beteiligt sind. Damit sollen grundlegende Fragen beantwortet werden: Welche physikalischen Phänomene treten jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik (SM) auf und wie können wir sie messen und beschreiben? Sprecherin und Sprecher des neuen Sonderforschungsbereichs sind Prof. Dr. Concettina Sfienti (Experiment) und Prof. Dr. Marc Vanderhaeghen (Theorie) vom Institut für Kernphysik der JGU.

Der SFB 1660 gliedert sich in drei Forschungssäulen: In der ersten Säule wird mit Experimenten bei niedrigen Energien und hohen Intensitäten nach neuen Teilchen (z.B. Teilchen der Dunklen Materie) und Wechselwirkungen jenseits des SM gesucht und die Ergebnisse mittels Gitter-QCD interpretiert. Die zweite Säule untersucht die Schnittstelle zwischen Hadronen- und Kernphysik durch Spektrometrie-Experimente, Elektronen- und Photonen-Streuexperimente und hochpräzise Berechnungen, welche die Interpretation von Neutrino-Experimenten und die Beschreibung von muonischen Atomen verbessern werden. Die dritte Säule konzentriert sich auf die Erforschung der nuklearen Astrophysik und der Multi-Messenger-Astronomie mit einer neuen Generation von Hochpräzisionsexperimenten in der Niederenergie-Kernphysik, die mit modernsten theoretischen Berechnungen unter Verwendung effektiver Feldtheorien kombiniert werden.

Stärken des SFB 1660 sind, neben der Nutzung erstklassiger Infrastruktur, die enge Zusammenarbeit zwischen experimenteller und theoretischer Forschung sowie die intensive Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. Die Forschung wird an hochmodernen Einrichtungen wie den MAMI- und MESA-Beschleunigern auf dem Campus der JGU sowie mithilfe externer Infrastrukturen von internationalen Partnerinstitutionen wie dem Paul-Scherrer-Institut (PSI) oder dem Beijing Spectrometer III (BES III) durchgeführt.

Forschung am Teilchenbeschleuniger MESA

MESA (Mainz Energy-recovering Superconducting Accelerator) ist eine einzigartige Anlage, die eine Vielzahl neuer Möglichkeiten für die physikalische Grundlagenforschung bietet. Sie arbeitet nach dem innovativen Konzept der Energierückgewinnung: Nach der Wechselwirkung mit einem gasförmigen Target durchläuft der Elektronenstrahl erneut die supraleitenden Hohlräume und gibt dabei seine kinetische Energie an das Magnetfeld zurück. In diesem sogenannten "Energy Recovery Linac"-Modus kann das MAGIX-Experiment mit vertretbarem Energieaufwand durchgeführt werden. Zusätzlich kann der Strahl ein drittes Mal rezirkuliert werden, was zum Betriebsmodus "Extracted Beam" führt, der für das P2-Experiment verwendet wird. Die MESA-Anlage mit dem Beschleuniger und den integrierten Experimenten erstreckt sich über mehrere unterirdische Gebäude, darunter die neue Experimentierhalle des Centrums für Fundamentale Physik. Ihre Errichtung wurde im Rahmen des Exzellenzclusters PRISMA+ ermöglicht.