Onlineangebot soll durch gezielte und ausführliche Informationen Versorgungssituation Betroffener verbessern helfen
28.02.2015
Eine Seltene Erkrankung (SE) liegt nach der in Europa gültigen Definition vor, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen unter einem spezifischen Krankheitsbild leiden. Betroffene, aber auch Angehörige, die bislang kaum Berührungspunkte zu SE hatten, stehen oft vor dem Problem, nicht zu wissen, wo entsprechende Versorgungs- und Behandlungseinrichtungen zu finden sind. Die Internetplattform "se-atlas", ein medizinischer Versorgungsatlas für SE, gibt nun Betroffenen, Angehörigen und Ärzten, aber auch nicht-medizinischem Personal und der breiten Öffentlichkeit eine Übersicht über Versorgungsmöglichkeiten in Deutschland. Koordinierende Einrichtung des vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projekts ist das Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Zu den weiteren Projektpartnern zählen das vom Institut für Humangenetik der Medizinischen Hochschule Hannover betriebene Orphanet, das Frankfurter Referenzzentrum für Seltene Erkrankungen des Universitätsklinikums Frankfurt, das Zentrum für Seltene Erkrankungen Tübingen sowie die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. als assoziierter Partner.
"Der Anspruch dieses Projekts ist es, auf der Internetplattform 'se-atlas' einen umfassenden Überblick über die Versorgungsmöglichkeiten rund um SE zu geben", so Projektleiter Tobias Hartz vom Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik der Universitätsmedizin Mainz. "Aufschluss gibt sowohl eine interaktive Landkarte als auch eine ausführliche Auflistung der Versorgungsmöglichkeiten." Besucher der Plattform haben die Möglichkeit, über ein Suchfeld eine Erkrankung einzugeben. Als Hilfestellung wird bereits bei der Eingabe ein entsprechender Name vorgeschlagen. Nach dem Start der Suche werden relevante Einrichtungen in der interaktiven Landkarte markiert und auf diese Weise mit den entsprechenden spezifischen Kompetenzen und Behandlungsschwerpunkten hinsichtlich bestimmter Erkrankungen verknüpft. Für weitere Informationen kann dann die jeweilige Versorgungseinrichtung angeklickt werden. Durch die Eingabe des eigenen Wohnorts können sich Besucher zusätzlich die Entfernung anzeigen lassen. "Beim weiteren Ausbau und der Vervollständigung unserer Datenbasis setzen wir vor allem auch auf die Nutzer. Sie sollen die Seite aktiv mitgestalten und helfen, sie aktuell zu halten, indem sie beispielsweise auf fehlende Einrichtungen hinweisen", so Hartz.
Eines der auf der Internetseite dargestellten Versorgungszentren ist die "Villa Metabolica" in Mainz – ein international anerkanntes Zentrum zur Diagnostik, Behandlung und Erforschung lysosomaler Speicherkrankheiten am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsmedizin Mainz. In den letzten Jahren konnte hier ein großes Patientenkollektiv mit unterschiedlichen Krankheitsbildern betreut werden. Schwerpunkte sind Mukopolysaccharidosen, Morbus Fabry, Morbus Gaucher, Morbus Pompe und Morbus Niemann-Pick. Hauptaufgabe des Zentrums ist neben der ambulanten Betreuung der Patienten die Durchführung klinischer Studien zur Entwicklung und Zulassung neuer Medikamente. So konnten durch die Beteiligung der Villa Metabolica vier Präparate zur Therapie von Mukopolysaccharidosen und ein Präparat zur Behandlung des Morbus Pompe zur Marktreife gebracht werden.
Der "se-atlas" ist eines von drei Vorhaben im Bereich der Seltenen Erkrankungen, die aktuell von den Mitarbeitern der Medizininformatik bearbeitet werden. Im zweiten Projekt OSSE entwickeln die Medizininformatiker am IMBEI einen Register-Baukasten mit der Option einer künftigen Vernetzung der Register im nationalen und auch europäischen Rahmen. OSSE wird in einer ersten Version frei verfügbar zum Download angeboten. Im dritten Projekt ZIPSE geht es um die Entwicklung eines zentralen Informationsportals zu Seltenen Erkrankungen, das Mitte des Jahres 2015 online gehen soll und auf dem sich bereits jetzt Informationsanbieter registrieren und verlinken können. Insgesamt beläuft sich die Fördersumme dieser vom Bundesministerium für Gesundheit geförderten Projekte auf über 700.000 Euro, mit der die Medizininformatik der Universitätsmedizin Mainz unter Leitung von Prof. Dr. Frank Ückert einen positiven Beitrag für Menschen mit Seltenen Erkrankungen liefern möchte.