Expertin für Migrationsethnologie arbeitet seit mehr als 10 Jahren über Migration, Diaspora und transnationale Lebensführung im atlantischen Raum
27.07.2016
Mit dem Zusammenspiel von Migration und Recht befasst sich die neue Heisenberg-Professorin Dr. Heike Drotbohm am Institut für Ethnologie und Afrikastudien der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Die Heisenberg-Professur für Ethnologie mit dem Schwerpunkt Afrikanische Diaspora und Transnationalismus, so die vollständige Bezeichnung, wird in den ersten vier Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Es handelt sich um eine der ersten Professuren in Deutschland, die sich in der Ethnologie mit dem Schwerpunkt Migrationsforschung befasst. Das Forschungsfeld von Prof. Dr. Heike Drotbohm deckt vor allem den afro-atlantischen Raum ab – ein Gebiet, das die Küstenregionen Westafrikas einschließt wie auch die Karibik und jene Gebiete Amerikas, in denen ein Rückbezug auf Afrika gelebt wird.
Feldforschungen über Migration, Diaspora und transnationale Lebensführungen brachten die Ethnologin in den vergangenen zehn Jahren nach Haiti, Brasilien, Kap Verde sowie Portugal, die USA und Kanada. Dabei untersuchte sie die Versorgungsarrangements transnational lebender Familien und konzentrierte sich vor allem auf die Sicht derer, die in den Herkunftsländern zurückbleiben, wie Kinder oder alte Menschen. Drotbohm gelang es mit dieser Forschung, auf die problematischen Folgen hinzuweisen, die sich aus einer zunehmend restriktiven Regularisierung von Zuwanderung ergeben, beispielsweise durch die Beschränkung des Familiennachzugs auf bestimmte Kategorien von Angehörigen oder auch durch die Abschiebung von Migranten.
In jüngster Zeit rückt zunehmend der Kontakt zwischen humanitären Organisationen und mobilen Akteuren in den Fokus ihrer Arbeit, wobei Drotbohm sowohl die Perspektive der Institutionen, die für Migranten oder Flüchtlinge zuständig sind, als auch die der Betroffenen einbezieht. Untersuchungen hierzu erfolgen beispielsweise in Erstaufnahmeeinrichtungen in Brasilien, in das seit Kurzem nicht nur viele Lateinamerikaner einwandern, sondern das beispielsweise auch syrischen Flüchtlingen mit einem Sondervisum Asyl gewährt.
Heike Drotbohm studierte Völkerkunde, Pädagogik und Religionswissenschaften in Münster und Marburg, wo sie 2004 im Fach Völkerkunde zum Thema "Geister in der Diaspora. Haitianische Diskurse über Geschlechter, Jugend und Macht in Montreal, Kanada" promovierte. Im Jahr 2012 folgte die Habilitation an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg über "Verhandelte familiäre Verbindlichkeiten. Die Moral der Sorge in transnationalen Feldern Kap Verdes". Bevor sie nach Mainz kam, forschte Drotbohm an mehreren renommierten Forschungseinrichtungen, wie beispielsweise an der Humboldt-Universität zu Berlin zum Thema "Work and the Life Course in Global Perspective" und am Freiburg Institute of Advanced Studies. Im Jahr 2013 wurde sie für ihre zukunftsweisenden Arbeiten auf dem Gebiet der ethnologischen Migrationsforschung mit dem fakultätsübergreifenden Albert-Bürklin-Preis der Universität Freiburg ausgezeichnet.
An der Johannes Gutenberg-Universität Mainz wird sich Heike Drotbohm in nächster Zeit vor allem mit den Folgen humanitärer Politiken und den dafür bedeutsamen Berechtigungskategorien befassen und zu diesem Zweck ihre Kooperationen mit der Universität von Campinas, Brasilien, ausbauen. Von August bis Oktober 2016 wird sie sich als Visiting Scholar an der New School for Social Research in New York aufhalten.