Interdisziplinäres Projekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert
26.09.2025
Eine neue Forschungsgruppe untersucht, wie Menschen im Mittelalter am nordfriesischen Wattenmeer (Schleswig-Holstein) gelebt und dabei die Küstenlandschaft massiv umgestaltet haben. Das Vorhaben mit dem Titel "Times of Rise and Failure – TORF" kombiniert in sieben Teilprojekten geistes- und naturwissenschaftliche Disziplinen und wird in den kommenden vier Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Das gab die DFG heute mit einer Pressemitteilung bekannt.
"Das nordfriesische Wattenmeer ist als Teil des UNESCO-Welterbes ein weltweit einzigartiges Ökosystem. Gleichzeitig ist es aber auch das Relikt einer vom Menschen intensiv geprägten Kulturlandschaft", sagt die Sprecherin von TORF, Dr. Hanna Hadler vom Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. "Weite Teile der dortigen Landschaft gingen durch die auch als '1. Grote Mandränke' bekannte Sturmflut von 1362 unter und konnten nicht zurückgewonnen werden. Das heutige Watt wirkt dadurch nun wie eine Zeitkapsel, die archäologische Überreste von großem Wert für das kulturelle Erbe nicht nur Nordfrieslands, sondern der gesamten Wattenmeerregion der Nordsee enthält."
TORF vereint Forschende aus Archäologie, Geschichte, Geographie, Geologie, Geophysik und Mikrobiologie in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit. Beteiligt sind die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), das Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA), das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) und das Niedersächsische Institut für historische Küstenforschung (NIhK).
Intensive Forschung hat bereits zur Entdeckung einer großen Kirche geführt
TORF baut auf der intensiven Forschung auf, die in den vergangenen zehn Jahren im nordfriesischen Wattenmeer stattfand und die unter anderem zur Entdeckung einer großen Kirche – wahrscheinlich der des mittelalterlichen Handelsplatzes Rungholt – etwa sieben Kilometer vor der Küste der Halbinsel Nordstrand geführt hat. Das neue Projekt beabsichtigt nun, die mittelalterliche Küstenlandschaft Nordfrieslands in Gänze zu rekonstruieren. Dadurch soll besser verstanden werden, welchen Einfluss der Mensch durch Besiedelung, Kultivierung und Landnutzung nahm; welchen Einfluss Extremereignisse, wie Sturmfluten, und menschliche Strategien dagegen hatten; und wie die Bevölkerung sozial, politisch, kirchlich und wirtschaftlich organisiert war. "Unser Ziel ist es, die vielfältigen Mensch-Umwelt-Interaktionen im mittelalterlichen Nordfriesland zu rekonstruieren, den menschlichen Kampf um Ressourcensicherung, Siedlungsexpansion und gegen Landverluste zu verstehen und dadurch ein besseres Verständnis des kulturellen Erbes der Region und eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Risiken der Küste zu erreichen", sagt Hadler.