Mainzer Wissenschaftler entwickeln Mikropumpen zur Verwendung in Chiplaboren

Flüssigkristalline Elastomere bilden winzige Hohlkugel, die bei Temperaturerhöhung Flüssigkeit aus dem Innern nach außen pumpt

07.11.2012

Wissenschaftler an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben winzige Mikropumpen aus elastischem Material entwickelt, die als Bauteile für Chiplabore Verwendung finden könnten. Die Mikropumpen haben einen Durchmesser von etwa einem halben Millimeter und sind damit nicht größer als Grieß. Sie sind als Kern-Schale-Teilchen aufgebaut mit einer äußeren Hülle aus flüssigkristallinen Elastomeren. Diese Materialien sind in der Lage, auf externe Reize zu reagieren. So verformen sich die runden Kern-Schale-Tropfen bei einer Temperaturerhöhung zu Stäbchen. Durch die Verformung der elastischen Außenhülle wird der innere, flüssige Kern durch ein Ventil nach außen gepumpt. Der Prozess ist reversibel, sodass die Flüssigkeit auch wieder in das Innere der Hohlkugel zurückströmt.

Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Rudolf Zentel vom Institut für Organische Chemie haben bei ihrer Entwicklung mit einer besonderen Materialklasse gearbeitet: Flüssigkristalline Elastomere (liquid crystalline elastomers, LCE) bestehen aus vernetzten Polymerketten, an die flüssigkristalline Moleküle angebunden sind. LCEs kombinieren dadurch das gummi-elastische Verhalten von Polymernetzwerken mit den selbstorganisierenden Eigenschaften der Flüssigkristalle, wie sie auch aus Flüssigkristalldisplays bekannt sind. Aufgrund der mechanischen Eigenschaften werden diese Werkstoffe häufig als "künstliche Muskeln" bezeichnet, der Formgedächtniseffekt erlaubt ihre Verwendung als Aktoren und Sensoren.

Eva-Kristina Fleischmann und Hsin-Ling Liang ist es gelungen, eine mikrofluidische Apparatur zu entwickeln, mit deren Hilfe in einem kontinuierlichen Prozess Mikroaktoren aus LCEs hergestellt werden können. Das Besondere an der Methode ist, dass auch Partikel mit einer Kern-Schale-Geometrie machbar sind, wobei ein flüssigkristallines Elastomer die Schale bildet und der Kern im Innern mit Glycerol gefüllt ist. In einer Veröffentlichung in Nature Communications beschreiben die Wissenschaftler weiter, wie sich die runden Kern-Schale-Partikel bei einer Temperaturerhöhung zu Stäbchen verformen. Wird nun in der Elastomerschale ein Ventil angebracht, führt die Deformation des äußeren Elastomers dazu, dass der innere, flüssige Kern durch das Ventil nach außen gepumpt wird. Da dieser Prozess vollständig reversibel ist, eignen sich die Partikel als Mikropumpen. Damit ist eine neue Anwendung von LCEs als Mikropumpen in mikroelektromechanischen Systemen und Lab-on-chip-Systemen, auch als Chiplabore oder Westentaschenlabore bezeichnet, möglich.

Das Projekt ist eine Kooperation im Rahmen der International Research Training Group 1404, einem internationalen Graduiertenkolleg zwischen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Seoul National University, Korea. Ebenfalls daran beteiligt waren Wissenschaftler vom Institut für physikalische Chemie der Universität Stuttgart.