Über 250 Theologieprofessor*innen und Kirchenvertreter*innen mahnen die Politik zu notwendigen Klimaschutz-Maßnahmen
19.10.2023
Mehr als 250 Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträger in theologischer Wissenschaft und Kirchen treten mit einem öffentlichen Appell an die Bundesregierung und fordern effektivere Klimaschutzmaßnahmen und die Einhaltung der völkerrechtlich und verfassungsrechtlich zugesagten Klimaschutzziele. Sie erheben die Stimme in Verantwortung für die vielen Menschen und Lebewesen, die bereits jetzt und auch künftig unter den Folgen des Klimawandels leiden. Initiiert hat den Appell Prof. Dr. Ruben Zimmermann von der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), beteiligt haben sich auch weitere Mainzer Theologinnen und Theologen. "Extreme Großwetterereignisse und Überschreitung von bisherigen Messskalen, z. B. die Erwärmung der Ozeane, im Jahr 2023 sind für die Theologinnen und Theologen Anlass, die Zeichen der Zeit ernster zu nehmen und die Politik zu den gebotenen Maßnahmen zu drängen", so Professor Zimmermann.
Der Appell wird von namhaften Expertinnen und Experten der theologischen Klimaethik wie Markus Vogt (München) oder Julia Enxing (Dresden) sowie vielen Leitungen von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen mitgetragen. Beteiligt sind mehr als 20 (Erz-)Bischöf*innen, Kirchenpräsident*innen, Präses von Landessynoden etc. von vier unterschiedlichen Kirchen (evangelische Landeskirchen, römisch-katholische, alt-katholische Kirche, Evangelisch-methodistische Kirche, griechisch-orthodoxe Kirche) sowie Direktoren von "Diakonie Deutschland", "Misereor" und Bildungseinrichtungen wie z. B. Akademien. Auch der Kirchenpräsident von Hessen-Nassau, Dr. Dr. h.c. Volker Jung, und die Kirchenpräsidentin der evangelischen Kirche der Pfalz, Dorothee Wüst, zählen zu den Erstunterzeichner*innen.
Die Unterzeichner*innen sind über die vielfältigen Aufweichungen im klimapolitischen Kurs der Regierung besorgt, wie z. B. die Novelle des Klimaschutzgesetzes (1. Lesung 22.09.2023), das von vielen als unzureichend kritisierte Klimaschutzprogramm 2023 (beschlossen am 04.10.2023), die Akzeptanz der Nicht-Einhaltung der Klimaschutzziele im Bau- und Verkehrssektor. Es werde deutlich, dass für die Regierung in Bund und auch in vielen Ländern der Klimawandel nach wie vor keine Priorität habe, obwohl der wissenschaftliche Befund und die vom Weltklimarat (IPCC) vorgeschlagenen Maßnahmen sehr klar auf dem Tisch liegen.
Forschungsprojekte zur Schöpfungsethik
Professor Zimmermann arbeitet seit einigen Jahren in Forschungsprojekten zur Schöpfungsethik und hat auch internationale Konferenzen zum Thema durchgeführt (z. B. "Creation Concepts – Creation Care" 2022). Er ist Mitbegründer des Mainzer Forschungsbereichs "Ethik in Antike und Christentum", der sich zur Aufgabe gesetzt hat, aus der Lektüre von antiken Texten, insbesondere der Bibel, hermeneutisch reflektiert Impulse für ethische Diskurse der Gegenwart zu gewinnen. Der Theologie sieht sich von seinem Schöpfungsverständnis her verpflichtet, als Anwalt gegen die Zerstörung von Lebensräumen von Menschen, Tieren und Pflanzen aufzutreten. In der Tradition von Propheten des Alten und Neuen Testaments sei die Intention des Appells, die Regierenden zur Verantwortung zu mahnen, damit sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Kipppunkte der Erdsysteme noch abwenden und noch mehr Zerstörung von Lebensgrundlagen jetziger und künftiger Menschen und anderer Lebewesen verhindern zu können.
Forderungen des Appells sind im Einzelnen:
- Ein angesichts der dramatischen Situation angemessenes Klimaschutzprogramm
- Die Einhaltung oder sogar Verschärfung des Klimaschutzgesetzes (keine Aufweichung desselben)
- Eine parteiübergreifende Gesamtstrategie für Klimaschutzmaßnahmen
- Eine vom Bund eingeleitete Bildungsinitiative in allen Altersgruppen und Milieus zur Kommunikation des wissenschaftlichen Befunds und zur Akzeptanz der Maßnahmen.