Organische Stromkabel für elektronische Bauteile
19.09.2019
Flüssig oder fest – Zustände dazwischen sind den meisten Menschen eher unbekannt. Doch gibt es sie in Form von Flüssigkristallen. Während die Moleküle in Flüssigkeiten ungeordnet umherschwimmen, sind sie in Kristallen in regelmäßigen Kristallgittern angeordnet. Die Flüssigkristalle bilden einen Zwischenzustand zwischen den beiden Normbereichen fest und flüssig. Das Material fließt und dennoch sind die Moleküle in kleinen geordneten Einheiten gruppiert. Interessant sind solche Flüssigkristalle etwa in der Bildschirmtechnologie – also für Fernseher, Smartphone undTaschenrechner. Jedes LCD-Display basiert auf diesen Molekülen, wobei LCD für Liquid Crystal Display, also Flüssigkristalldisplay, steht.
Forscher des Instituts für Organische Chemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt neuartige Flüssigkristalle synthetisiert. "Kühlt man unsere flüssigkristallinen Materialien langsam ab, so ordnen sich die Moleküle über Self-Assembly-Prozesse – also ganz von allein – in Form von Stapeln an", erläutert Prof. Dr. Heiner Detert von der JGU. "Man kann sich das ähnlich vorstellen wie bei aufeinander gestapelten Bierdeckeln. Das Besondere daran: Diese Stapel leiten elektrischen Strom und zwar entlang der Stapel." Die Materialien können also als organische, flüssigkristalline "Stromkabel" dienen und so für einen gerichteten Stromtransport in elektronischen Bauteilen sorgen. Während die meisten Materialien positive Ladungen, "Löcher", leiten, handelt es sich bei den neuen Molekülen um Elektronenleiter. Ein weiterer Vorteil flüssigkristalliner "Stromkabel": Sollte sich einmal ein Riss darin ausbilden, heilt dieser von allein vollständig wieder aus.
Die Forscher haben einen besonders interessanten Effekt bei ihren synthetisierten Molekülen gefunden: Wird ein einzelnes Molekül mit UV-Licht angeregt, dann leuchtet es. Steigt die Konzentration der Moleküle an, verliert sich dieser Effekt jedoch, um bei noch höherer Konzentration wieder aufzutreten. Befinden sich die Moleküle in verschiedenen Lösungsmitteln oder sind sie in einem Film angeordnet, so leuchten sie in unterschiedlichen Farben, wenn sie mit UV-Licht bestrahlt werden.
Ihre Ergebnisse haben Detert und sein Team gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Lehmann von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg kürzlich in der Fachzeitschrift Chemistry – A European Journal veröffentlicht. Die Forschungsergebnisse wurden von den Gutachtern als äußerst signifikant eingestuft und als "Hot Paper" herausgehoben. Die Erstautorin Natalie Tober wird über ein Stipendium der Carl-Zeiss-Stiftung finanziert.