Immunologe der Universitätsmedizin Mainz liefert neue Erkenntnisse über Lebensweg von Zellen des angeborenen Immunsystems / Publikation in Science
30.10.2015
Eine Gruppe von Lymphozyten, sogenannte "innate lymphoid cells" (ILCs), gelten als wichtige Akteure des angeborenen Immunsystems. Sie nehmen zentrale Aufgaben bei der Abwehr von Infektionserregern im menschlichen Körper wahr. Im Gegensatz zu vielen anderen Zellen des Immunsystems zirkulieren ILCs aber nicht kontinuierlich über den Blutkreislauf durch den Körper. Stattdessen handelt es sich bei ILCs um ortsständige Zellen, die sich in verschiedensten Geweben jeweils lokal vermehren und regenerieren. Zu dieser Forschungserkenntnis gelangte der Immunologe Dr. Georg Gasteiger vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universitätsmedizin Mainz zusammen mit Wissenschaftlern des Memorial Sloan Kettering Cancer Centers in New York, USA. Die Forscher konnten zeigen, dass sich neue ILCs zunächst lokal bilden und erst bei chronischen Prozessen der Nachschub aus den im Knochenmark ansässigen Vorläuferzellen erfolgt. Das in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlichte Forschungsergebnis ist ein bedeutender Schritt, um die Funktionsweise der Immunabwehr zu verstehen.
Bisher war unklar, wo sich ILCs vermehren und regenerieren und wann und wie sie in die peripheren Gewebe gelangen. An diesem Punkt setzte Gasteiger zusammen mit der Arbeitsgruppe um Prof. Alexander Rudensky, Ph.D. aus New York an. Die Immunologen zeigten, dass ILCs lokale in verschiedensten Geweben "sesshafte" Zellen sind. Sie unterscheiden sich von vielen anderen Zellen des Immunsystems, welche kontinuierlich durch das periphere Blut zirkulieren und zum Beispiel bei Entzündungen vermehrt in die betroffenen Gewebe einwandern. Gasteiger und Rudensky fanden heraus, dass ILCs als residente Zellen und somit quasi als fester Bestandteil der Organgewebe existieren und sich auch vor Ort regenerieren. Diese Beobachtungen legen nahe, dass ILCs in den verschiedenen Geweben hoch spezialisiert auf ihre Umgebung und ihre dortige Funktion sind. Überraschend für die Forscher war auch, dass ILCs sogar in Lymphknoten und der Milz, also in Organen, die kontinuierlich von Immunzellen durchwandert werden, sesshaft sind.
Liegt eine akute Infektion vor, vermehren sich die ILCs zunächst lokal. "Erst in der Heilungsphase einer Infektion, oder wenn das Immunsystem länger gefordert wird, scheint die Nachproduktion aus den Vorläuferzellen der ILCs, die im Knochenmark angesiedelt sind, zu erfolgen", so Dr. Georg Gasteiger. "Nun müssen wir herausfinden, wie sich die Zellen lokal regenerieren und wie sie von ihrer jeweiligen Umgebung geprägt werden", formuliert Gasteiger das nächste Forschungsziel.
Erst vor wenigen Jahren identifizierten Wissenschaftler die Vielfalt lymphoider Zellen des angeborenen Immunsystems, die sogenannten "innate lymphoid cells" (ILCs). Sie zählen zu den wichtigsten Waffen des körpereigenen Immunsystems. ILCs haben überdies wichtige Funktionen bei nicht-immunologischen Prozessen wie der Organhomöostase, also der Aufrechterhaltung des balancierten Funktionszustands lebenswichtiger Organe. Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Andreas Diefenbach, Direktor des Mainzer Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und Sprecher des Forschungszentrums für Immuntherapie (FZI) der JGU, entdeckte erst vor kurzem, dass sich Vorstufen der ILCs im Knochenmark befinden.