Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz zeigen auf wie Zellschutzprogramm funktioniert
13.02.2017
Schon lange ist bekannt, dass sich bei der Zubereitung von Fleisch unter hohen Temperaturen krebserregende Stoffe bilden können. Hierzu zählt das Karzinogen mit der Kurzbezeichnung PhIP, das DNA-Schäden erzeugt. Ebendiese DNA-Schäden aktivieren ein komplexes Schutzprogramm, das gegen die toxischen Wirkungen dieser Karzinogene in Zellen des Darms gerichtet ist. Dies konnte ein Forscherteam um PD Dr. Jörg Fahrer vom Institut für Toxikologie an der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz kürzlich nachweisen. PD Dr. Fahrer konnte darüber hinaus erstmals zeigen, dass das Protein ATR als Teil der DNA-Schadensantwort dieses Schutzprogramm maßgeblich steuert. Diese Forschungsergebnisse wurden in der namhaften Fachzeitschrift Nucleic Acids Research veröffentlicht.
Darmkrebs ist die dritthäufigste Tumorerkrankung in Deutschland. Über 30 Prozent aller Darmkrebsfälle sind ursächlich auf die Ernährung zurückzuführen. Insbesondere der Verzehr von Fleisch ist dabei in den Fokus geraten, da bei der Fleischzubereitung und dem Kochen bei hohen Temperaturen verschiedene Nahrungskarzinogene entstehen. Darunter ist ein hoch wirksames Karzinogen mit der Kurzbezeichnung PhIP. Wie reagieren Zellen des Darms, wenn sie mit PhIP in Kontakt kommen? Dieser Frage widmete sich ein Forscherteam um den Mainzer Toxikologen PD Dr. Fahrer. Unterstützt wurde er dabei von Kooperationspartnern in Berlin, Hannover und Dallas, USA.
In Laborversuchen zeigten die Toxikologen, dass PhIP ganz bestimmte Schäden an der DNA erzeugt. Diese Schäden blockieren Enzyme, die für die Verdopplung der DNA-Stränge, die sogenannte DNA-Replikation, zuständig sind. Dabei aktivieren sie ein komplexes Programm in menschlichen Darmzellen. Zu den aktivierten Signalmolekülen zählt das Protein mit dem Kürzel ATR, das ein wesentlicher Bestandteil der DNA-Schadensantwort ist. Dieses Protein erkennt DNA-Schäden und gibt diese Information an andere Proteine weiter. Wird das ATR-Protein durch spezifische Hemmstoffe an seiner Wirkung gehindert, so reagieren die Darmzellen auf PhIP mit Chromosomenschäden. Außerdem zeigen sie eine verstärkte Zytotoxizität, das heisst sie sterben durch ein automatisch eingeleitetes Zelltodprogramm.
"Diese Forschungsergebnisse belegen erstmals, dass es Abwehrsysteme in Form von DNA-Reparatur und Zellzyklusregulation gegenüber einem wichtigen Nahrungskarzinogen gibt, die durch die DNA-schadensspezifische Proteinkinase ATR gesteuert werden", so PD Dr. Fahrer. "Da Darmkrebs eine sehr häufige Tumorerkrankung darstellt, werfen die neuen Erkenntnisse die Frage auf, ob es Personen oder Personengruppen gibt, die Defekte in diesem Schadensabwehrsystem aufweisen und damit zur Tumorbildung prädestiniert sind. Hierzu könnte ein Folgeforschungsprojekt zur Schutzwirkung der DNA-Reparatur auch gegenüber anderen Nahrungskarzinogenen zentrale Erkenntnisse liefern", unterstreicht der Direktor des Instituts, Prof Dr. Bernd Kaina.