Beitrag zu informierter demokratischer Willensbildung und Wahlentscheidung / Gemeinschaftsprojekt des Instituts für Politikwissenschaft der JGU und der Allgemeinen Zeitung Mainz
13.05.2024
Bei der Mainzer Kommunalwahl am 9. Juni 2024 werden der Stadtrat, 15 Ortsbeiräte sowie 15 Ortsvorsteherinnen bzw. Ortsvorsteher gewählt. Zur Wahl stehen zehn Parteien und insgesamt rund 1.800 Kandidatinnen und Kandidaten in allen Mainzer Stadtteilen. "Natürlich sind alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen, sich direkt mit den Programmen der zur Wahl stehenden Parteien auseinanderzusetzen und diese kritisch gegeneinander abzuwägen. Genau dafür sind die Parteiprogramme ja öffentlich zugänglich und leicht abrufbar. Dennoch: Bei zehn Parteien auf dem Stimmzettel kostet das natürlich Zeit, auch wenn die meisten Wählerinnen und Wähler wahrscheinlich von vornherein nicht alle Parteien gleichermaßen in Betracht ziehen", so Dr. Nils Steiner von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). "Die lokale Online-Wahlhilfe, die wir in den vergangenen Wochen am Institut für Politikwissenschaft der JGU entwickelt haben, kann hier Hilfestellung leisten und Orientierung geben."
Die Online-Wahlhilfe ist ein Gemeinschaftsprojekt des Mainzer Zentrums für empirische Demokratieforschung (MZeDf) an der JGU und der Allgemeinen Zeitung (AZ) Mainz. "Im Austausch mit der AZ mit ihrer lokalpolitischen Expertise haben wir 19 Thesen zu Mainz-spezifischen Fragen formuliert – zu Themen wie Verkehr, Wohnen und Steuerpolitik", erklärt Steiner. Die zur Wahl stehenden Parteien wurden im April 2024 eingeladen, diese Mainz-spezifischen Thesen zusammen mit 21 überregionalen Allgemeinthesen zu beantworten. Der Einladung sind neun Parteien nachgekommen. Nach Auswertung der Antworten der Parteien wurden einige Thesen ausgeschlossen, bei denen sich die Positionen der Parteien kaum unterscheiden. Beispielsweise haben alle Parteien der These "Die Stadt Mainz sollte die Bereitstellung von zusätzlichen Betreuungsplätzen in Kinderkrippen und Kindertagesstätten in der Haushaltsplanung priorisieren" stark zugestimmt. Je nach Zustimmung zu den 33 final ausgewählten Thesen durch den individuellen Nutzer der Online-Wahlhilfe zeigt das System den Grad der Übereinstimmung mit den kandidierenden Parteien an. Zusätzlich lassen sich die von den Parteien bereitgestellten Begründungen ihrer Positionen einsehen.
"Gemäß Bildungsauftrag ist unser Projekt selbstverständlich politisch neutral", betont Dr. Nils Steiner, der das Projekt an der JGU umsetzt. "Unser Ziel ist es, Menschen überhaupt für eine Stimmabgabe bei der Kommunalwahl im Juni zu mobilisieren, indem wir übersichtlich zusammenstellen und leicht zugänglich vergleichbar machen, bei welchen Themen sich welche Partei wie positioniert." Steiner hofft, dass die Online-Wahlhilfe Nutzerinnen und Nutzer dazu anregt, sich im Nachgang weiter über die Themen zu informieren und darüber zu diskutieren. So soll die Online-Wahlhilfe einen Beitrag zu einer informierten demokratischen Willensbildung leisten.
Um möglichst viele Mainzer Bürgerinnen und Bürger in den Wochen bis zur Wahl über das Angebot der Online-Wahlhilfe zu informieren, ist das JGU-Forschungsprojekt eine Medienpartnerschaft mit der Allgemeinen Zeitung eingegangen. "Es ist Auftrag der Medien, zur öffentlichen Information und politischen Willensbildung beizutragen – und die AZ-Lokalredaktion in Mainz ist ein starker Kooperationspartner. Mehr Information führt zu informierteren Wahlentscheidungen – die Online-Wahlhilfe ist ein Beitrag dazu und ein öffentliches Gut", fasst Steiner zusammen. Ziel von JGU und AZ ist es gleichermaßen, Bürgerinnen und Bürgern einen umfassenden Überblick für eine fundierte individuelle Wahlentscheidung zu bieten.
Die Infrastruktur für die Online-Wahlhilfe kommt von der gemeinnützigen Organisation VOTO, die das Projekt "VOTOs im Superkommunalwahljahr", zu dem auch die Kooperation von JGU und AZ gehört, insbesondere technisch unterstützt. Koordiniert wird das Projekt, in dessen Rahmen Online-Wahlhilfen in rund 40 Kommunen in acht Bundesländern angeboten werden, von Thilo Dieing und Prof. Dr. Christian Stecker an der TU Darmstadt. Eine Projektgruppe hat die 21 Allgemeinthesen entwickelt, deren Beantwortung durch die Parteien und durch die Nutzer auch der Forschung dienen sollen: Welche Partei hat welche Frage wie beantwortet? Gibt es Unterschiede innerhalb von Parteien zwischen großstädtischen und kleineren Kommunen? Wie unterscheiden sich die Positionen von Nutzern aus Mainz von denen aus Chemnitz?