Höchstdotierter Preis für klinische Forschung im Bereich der Persönlichkeitsstörungen geht an Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz
09.09.2013
Für eine wissenschaftliche Metaanalyse der evidenzbasierten Pharmakotherapie und Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung haben Prof. Dr. Klaus Lieb, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, und seine Wissenschaftskollegin Jutta Stoffers, Diplompsychologin an der Universitätsmedizin Mainz und dem Universitätsklinikum Freiburg, den Hamburger Preis Persönlichkeitsstörungen 2013 erhalten. Bei der Auszeichnung handelt es sich um den im deutschen Sprachraum mit 10.000 Euro höchstdotierten Preis für klinische Forschung im Bereich der Persönlichkeitsstörungen. Der Preis wurde im diesem Jahr zum siebten Mal von der Gesellschaft zur Erforschung und Therapie von Persönlichkeitsstörungen (GePs) e.V. und den Asklepios Kliniken Hamburg verliehen.
Prof. Dr. Klaus Lieb und Dipl.-Psych. Jutta Stoffers haben die Auszeichnung für ihre 2012 in der Cochrane Database of Systematic Reviews erschienene Forschungsarbeit "Psychological therapies for people with borderline personality disorder" erhalten. Die Publikation befasst sich mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung und beruht auf mehreren Studien, die die Wissenschaftler metaanalytisch bewertet haben. Die aussagekräftige Forschungsarbeit von Lieb und Stoffers ist sowohl wissenschaftlich als auch klinisch bedeutsam, da sie Wissenschaftlern, Therapeuten und Patienten Orientierung gibt, welche Psychotherapieverfahren zur Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung wirksam sind und wo weiterer Forschungsbedarf besteht. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung hat in der deutschen Bevölkerung eine Prävalenz von schätzungsweise 2-3 Prozent. Die ausgezeichneten Wissenschaftler werden das Preisgeld zur weiteren Forschung im Bereich Persönlichkeitsstörungen einsetzen.
Schon die bisherigen Arbeiten des Wissenschaftlerteams in der Mainzer Arbeitsgruppe "Systematische Übersichtsarbeiten zur Behandlung von Persönlichkeitsstörungen" zur evidenzbasierten Psycho- und Pharmakotherapie von Persönlichkeitsstörungen haben national und international große Resonanz gefunden, indem sie die jeweils aktuell vorliegende Evidenz systematisch identifizieren, statistisch integrieren und kritisch bewerten. Die Forschungserkenntnisse zeigen, dass die Wirksamkeit verschiedener Psychotherapien, wie beispielsweise der Dialektisch-Behavioralen Therapie, der Übertragungsfokussierten Psychotherapie oder der Mentalisierungsbasierten Therapie, wissenschaftlich gut belegt ist und diese insoweit einen sehr wichtigen Stellenwert in der Therapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung einnehmen sollten. Nach Ansicht der Wissenschaftler ergibt sich aus der Gesamtschau der Evidenzen auch, dass eine Pharmakotherapie immer zurückhaltend angewandt und nur kurzzeitig mit präzise formulierten Zielkriterien durchgeführt werden sollte.
Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz verfügt über eine eigene Spezialstation für Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung. Neben der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung ist hier auch eine Forschergruppe aktiv, die vorrangig neurobiologische Grundlagenforschung betreibt und sich Fragen der Evidenzbasierung von Behandlungsmöglichkeiten bei Persönlichkeitsstörungen widmet.
Prof. Dr. Klaus Lieb ist seit 1999 wissenschaftlich im Bereich Persönlichkeitsstörungen tätig. Seit 2006 führt er gemeinsam mit Dipl.-Psych. Jutta Stoffers wissenschaftliche Arbeiten zum Thema evidenzbasierte Psycho- und Pharmakotherapie bei Persönlichkeitsstörungen durch. Bei der Cochrane Collaboration, einem weltweiten Netz von Wissenschaftlern und Ärzten mit Sitz im englischen Oxford, ist Lieb Editor und dort für den Bereich Persönlichkeitsstörungen zuständig.