Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat im von Fernsehzuschauern positiv bewerteten TV-Duell gepunktet

Untersuchung von Wahrnehmung und Wirkung des TV-Duells 2013

02.09.2013

Die Universität Koblenz-Landau und die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben im Rahmen eines gemeinsamen Live-Experiments Wahrnehmung und Wirkung des TV-Duells 2013 zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) untersucht. Insgesamt nahmen 362 Bürgerinnen und Bürger an der Untersuchung teil und verfolgten das Fernsehduell an den Universitäten in Koblenz, Landau und Mainz. Während der Debatte konnten sie Angela Merkel und Peer Steinbrück entweder mit Drehreglern oder mit Push-Buttons permanent bewerten und zusätzlich vor und nach dem Duell mithilfe von Fragebögen ihre zusammenfassenden Meinungen abgeben. Die Hauptergebnisse: Peer Steinbrück konnte bei den Fernsehzuschauern punkten und die Bürger haben die Debatte positiv bewertet.

Merkel hatte den besseren Start ins Duell. Gleich mit einer ihrer ersten Aussagen konnte sie einen der höchsten Zustimmungswerte der gesamten Debatte verbuchen. Allerdings erhielt sie diese Zustimmung nicht für eine Sachaussage, sondern als sie Peer Steinbrück zur Seite sprang und betonte, dass alle Politiker immer wieder Kritik ausgesetzt seien und durch "harte Zeiten gehen" (1). Am Ende der Debatte erreichten ihre Aussagen erneut eine ähnliche Akzeptanz: Ihre Absage an eine Beteiligung Deutschlands im Syrien-Konflikt (7) sowie ihre Klarstellung, dass es immer "erst um das Land, dann um die Partei und dann um die Person" gehe (8), stießen auf breite Zustimmung.

Steinbrück hatte erst nach etwa einer halben Stunde seinen ersten starken Moment. Mit seiner Kritik an Steuerhinterziehung, durch die dem Staat "Jahr für Jahr 30 Milliarden Euro" entgehen (2), konnte er bei den Zuschauern punkten. In der Endphase des Duells konnte er die Zuschauer gleich mehrmals überzeugen. Die insgesamt besten Werte erzielte er mit seiner Kritik an der Ausbildungssituation (3), gefolgt von seiner Ankündigung, im Falle einer Kanzlerschaft das Kinderbetreuungsgeld umgehend abzuschaffen (4). Ebenfalls auf breite Zustimmung stieß die Feststellung, dass die Abhörpraxis ausländischer Geheimdienste deutsches Recht verletze (5). Schließlich teilten die Zuschauer auch seine Ausführungen zur Syrien-Krise (6).

In der Debatte polarisierten die Kandidaten am stärksten mit ihren Positionen zu den Fragen, wie der Euro-Krise zu begegnen sei und wie die Lage Griechenlands verbessert werden kann.

Merkel war vor dem Duell als eindeutiger Debattensieger erwartet worden. Dieser Erwartung wurde sie nicht gerecht. Eine absolute Mehrheit deklarierte Steinbrück als Gewinner der Debatte (51 vs. 36 Prozent). Rund 17 Prozent änderten aufgrund der TV-Duell-Rezeption ihre Kanzlerpräferenz. Davon profierte Steinbrück, der im Saldo neun Prozentpunkte zulegen konnte. Merkel hingegen büßte fünf Prozentpunkte ihrer Anhängerschaft ein. Dennoch hat Merkel in Sachen Kanzlerschaft auch nach dem Duell gegenüber Steinbrück einen deutlichen Stimmenvorteil (46 vs. 38 Prozent), auch wenn Steinbrück Sympathiegewinne verbuchen konnte. Seine Bewertung verbesserte sich um 1,3 Skalenpunkte, während sich der um 0,1 Skalenpunkte gesteigerte Sympathiewert von Angela Merkel kaum veränderte.

Das TV-Duell hat das Interesse der Zuschauer am Wahlkampf erhöht. Die Debatte wurde von einer Mehrheit der Zuschauer als unterhaltsam (65 Prozent) und spannend (53 Prozent) bewertet. Damit wurden die Werte des TV-Duells 2009 deutlich übertroffen (54 bzw. 32 Prozent). Auch hat das TV-Duell seine Funktion als Wahlhilfe erfüllt. Dies bekräftigten 40 Prozent der Zuschauer. Zudem hat sich der Anteil derjenigen, die sich keinen der beiden Kandidaten als Kanzler wünschen, von 23 Prozent vor dem Duell auf 16 Prozent nach dem Duell verringert.

Diese Untersuchung wurde in Kooperation der Universitäten Koblenz-Landau und Mainz durchgeführt. Sie ist Teil des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts "German Longitudinal Election Study", deren Ziel es ist, die Wahrnehmungsprozesse und die Urteilsbildung von Wählerinnen und Wählern insbesondere während des Wahlkampfs zu erforschen. Die Studie schließt an die Untersuchungen der Forschergruppe zu den TV-Duellen 2002, 2005 und 2009 an.