Hans-Dietrich Genscher ist Inhaber der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur im Jahr 2002

Vorlesungsreihe analysiert "Europa auf dem Weg in eine neue Weltordnung" / Europäische Politiker und Zeitzeugen als Gastredner

20.03.2002

Die Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur ist herausragenden Wissenschaftlern und Persönlichkeiten von internationalem Renommee vorbehalten. Mit ihr will der Verein der Freunde der Universität Mainz e.V. das Ansehen und die Attraktivität der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) über die Landesgrenzen hinaus fördern. Für die Stiftungsprofessur 2002 konnte erneut eine prominente Persönlichkeit des öffentlichen Lebens gewonnen werden: Der langjährige Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher wird einen Vorlesungszyklus zum Thema "Europa auf dem Weg in eine neue Weltordnung" gestalten, der den Bogen von historischen Entwicklungen im 20. Jahrhundert bis zu Einschätzungen und Visionen für das 21. Jahrhundert spannt.

Als Nachfolger von Fritz Stern und Bert Hölldobler wird somit erneut ein Gastprofessor von internationaler Bedeutung nach Mainz kommen. "Der dritte Inhaber der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur, Hans-Dietrich Genscher, wird der Öffentlichkeit nicht nur das Bild einer lebendigen Universität vermitteln, sondern zugleich die Auseinandersetzung mit aktuellen Problemstellungen ermöglichen", freut sich der Vorsitzende des Vereins der Freunde der Universität Mainz, Dr. Hans Friderichs.

Die Vorlesungsreihe Genschers analysiert in acht Abendveranstaltungen mit Vorträgen, Filmdokumentationen und Diskussionen Vergangenheit und Zukunft Europas. "Jüngste Vergangenheit und damit bestimmende Kräfte und Faktoren des Gegenwartsgeschehens werden zur Klarheit gebracht, um Einsicht in mögliche Zukunftsperspektiven zu gewinnen", erläutert der Stiftungsvorsitzende und Leiter des Studium generale der JGU, Prof. Dr. Andreas Cesana.

Aufgabe der Europäer: Mitgestaltung der neuen Weltordnung

Die Europäer und die europäischen Staaten stehen vor der Aufgabe, sich am Bau der neuen Weltordnung zu beteiligen und die Zukunft aktiv zu gestalten. Wie aber soll sich Europa im neuen Jahrtausend darstellen? Wer soll zu Europa gehören? Wohin wird sich die Welt entwickeln, in der dieses Europa im 21. Jahrhundert zu leben hat? Worin besteht die Rolle Europas in der neuen Weltordnung? "Als Angehörige freiheitlich-demokratischer Staaten sind wir alle verpflichtet, diese Fragen zu unseren je eigenen zu machen", beschreibt Cesana das Anliegen der Vorlesungsreihe. Die Ereignisse im Jahr 1989 waren weder Zufall noch Notwendigkeit. Der Fortgang von Geschichte ist offen, ihre Prozesse bleiben gestaltbar. Aber sie erlaubt keine Ruhepausen und keine konzeptionelle Unklarheit.

Die Außenpolitik ist nach Hans-Dietrich Genscher im Begriff, sich inhaltlich zu verändern. Sie wird zunehmend zur Europa-Innenpolitik und in mancher Hinsicht sogar zur Welt-Innenpolitik. Immer mehr Bereiche werden zum Gegenstand regionaler und globaler Kooperation oder – je nach Auffassung – Konfrontation. Wird die Welt des 21. Jahrhunderts durch Multipolarität bestimmt sein? Die Europäer müssen ihre Integrationsprozesse vorantreiben, eine europäische Identität finden und ihren Platz in dieser neuen Weltordnung als ein geeintes Europa einnehmen. In Kooperation mit Russland, als zum Haus Europa gehörend, können die neuen, globalen Herausforderungen angegangen werden.

Acht Vorträge mit anschließenden offenen Podiumsdiskussionen werden Aspekte wie die ethischen Grundlagen der europäischen Einigung, die friedliche Überwindung der Teilung oder die Aufgabe und Mission Europas im 21. Jahrhundert jeweils in den Mittelpunkt eines Abends rücken. Als Gastredner hat Hans-Dietrich Genscher bedeutende europäische Politiker und Zeitzeugen eingeladen, die am Bau Europas und an den Prozessen des europäischen Wandels unmittelbar beteiligt waren oder noch sind.

Akzeptanz in der Öffentlichkeit

"Die Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur hat neue Akzente in Forschung und Lehre gesetzt", betont der Präsident der JGU, Prof. Dr. Jörg Michaelis, "und ist auf außerordentliche Akzeptanz innerhalb der Universität, ebenso in der Stadt und dem Umland von Mainz gestoßen. Sie trägt zum Ansehen der Universität bei." Eingerichtet hat der Verein der Freunde der Universität Mainz e.V. sie aus Anlass des 600. Geburtstags von Johannes Gutenberg im März 2000, um der JGU eine hochrangige Gastprofessur zu ermöglichen. Inhaber der Stiftungsprofessur waren im Jahr 2000 der Kulturhistoriker und Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels Fritz Stern und im Jahr 2001 Bert Hölldobler, führender Vertreter der Evolutionsbiologie und Pionier der Soziobiologie.