Lehrwerk für Sekundarstufe I und II schließt Lücke bei den Schulbüchern - Veröffentlichung von Bundesregierung unterstützt
09.10.2009
Die letzte Hürde für die Verbreitung des Polnisch-Unterrichts an deutschen Schulen ist beseitigt: Mit "Witaj Polsko!" liegt das erste Schulbuch für Polnisch als Fremdsprache vor, das für den Unterricht in ganz Deutschland eingesetzt werden kann. Herausgeberin ist die Germersheimer Polonistin Prof. Dr. Erika Worbs. Das Buch wendet sich an Schülerinnen und Schüler, die Polnisch als zweite oder dritte Fremdsprache wählen, und orientiert sich an den aktuellen Lehrplänen. Es wurde Ende September im Beisein von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, Polens Botschafter Marek Prawda und dem Präsidenten der Kultusministerkonferenz Henry Tesch in Berlin der Öffentlichkeit vorgestellt.
"Nach 1989 ist eine Reihe sehr guter Lehrbücher für die polnische Sprache erschienen, zum Beispiel für den Unterricht an Volkshochschulen. Es gab bislang aber kein Buch für den Schulunterricht, das sich nach dem Lehrplan richtet und auch die schülerspezifischen Themen berücksichtigt", erklärt Herausgeberin Erika Worbs, Professorin am Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft (FTSK) der Johannes Gutenberg-Universität. Damit steht einer Ausweitung des Polnischunterrichts an deutschen Schulen nun formal nichts mehr im Wege, denn Lehrerinnen und Lehrer hierfür gibt es bereits. Derzeit lernen schätzungsweise 3000 Kinder und Jugendliche die polnische Sprache, vor allem in den östlichen Bundesländern. Das sind relativ wenige angesichts von insgesamt rund neun Millionen Schülerinnen und Schülern an allgemeinbildenden Schulen.
"Witaj Polsko!", also "Willkommen Polen", umfasst ein zweibändiges Lehrbuch mit insgesamt 20 Lektionen, ein grammatisches Beiheft und eine Audio-CD mit Hörtexten. Im Rahmen eines fünfjährigen Fremdsprachenunterrichts kann damit Polnisch bis zur Abiturreife gelehrt und gelernt werden. Das erste Buch richtet sich an Sprachanfänger ab der achten bzw. neunten Klasse und verschafft ihnen auch ohne Vorkenntnisse einen schülergerechten Einstieg. Der zweite Band baut auf den Grundlagen des ersten Buches auf und behandelt komplexere sprachliche Strukturen und gesellschaftliche Themen, die Jugendliche interessieren.
Zwischen der Idee, ein Lehrbuch zu schaffen, und der Verwirklichung lagen sieben Jahre. Das Projekt wurde vom Deutschen Polen-Institut in Darmstadt koordiniert und von der Bundesregierung finanziell gefördert. Im Hinblick auf die deutsch-polnischen Vereinbarungen von 1989 und 1990 zur gegenseitigen Sprachförderung zeigt die Unterstützung auch, welche große politische Bedeutung der Veröffentlichung symbolhaft zukommt. Als Verleger konnte der in Wiesbaden ansässige Universum Verlag gewonnen werden. "Polnisch hat zwar noch immer ein wenig den Hauch des Exotischen, bietet aber als Sprache des sechstgrößten Mitgliedslandes der Europäischen Union zweifellos einen Vorteil auf dem internationalen Arbeitsmarkt. Und es ist die Sprache unseres Nachbarn", so die Herausgeberin.
Die Johannes Gutenberg-Universität hat traditionell enge Beziehungen zu Polen und ist im Bereich der Polonistik im bundesweiten Vergleich eine der führenden Universitäten. Prof. Worbs leitet seit 1993 den Arbeitsbereich Polnisch am Fachbereich Translations-, Sprach- und Kulturwissenschaft in Germersheim, dem Ausbildungszentrum für Übersetzer und Dolmetscher. Mit dem Mainzer Polonicum steht zudem Studierenden aller Fachbereiche, die keine Vorkenntnisse besitzen, ein Grundlehrgang der polnischen Sprache und Kultur offen. Der Schwerpunkt Polen schließlich ist eine fachbereichsübergreifende Einrichtung der Universität, die jedes Semester polnische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zu einer Gastprofessur nach Mainz einlädt.