Studie belegt verkaufsfördernde Wirkung sozialer Empfehlungen im Onlinehandel und bestimmt den tatsächlichen Wert von Likes
03.06.2013
Zeigen Onlinehändler bei ihren Produktbeschreibungen auch Kundenempfehlungen an, kann dies zu einer nennenswerten Umsatzsteigerung führen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Wissenschaftlern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der Technischen Universität (TU) Darmstadt. Sie haben in einem Experiment in Kooperation mit einem Online-Versandhandel getestet, ob Produktempfehlungen durch andere Kunden einen Einfluss auf das Kaufverhalten ausüben. Dazu wurden Anfang des Jahres 2013 erstmalige Besucher des Onlineshops www.spiele-offensive.de nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen unterteilt. Eine Gruppe wurde auf Produktseiten geleitet, die mit sozialen Empfehlungen wie dem Gefällt-mir-Daumen von Facebook oder der +1-Schaltfläche von Google+ ausgestattet waren. Die Kontrollgruppe konnte diese Kundenempfehlungen auf den Produktseiten nicht sehen. Der Shop verbuchte nach Ablauf der vierwöchigen Testphase in der Gruppe mit Empfehlungen ein Umsatzplus von knapp 13 Prozent gegenüber der Kontrollgruppe.
"Wir haben tatsächlich große Unterschiede im Kaufverhalten beobachtet", erklärt Dr. Jörn Grahl, Wirtschaftsinformatiker an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Gemeinsam mit Prof. Dr. Franz Rothlauf, ebenfalls JGU, und Prof. Dr. Oliver Hinz von der TU Darmstadt hat Grahl herausgefunden, dass die Umsatzsteigerung hauptsächlich durch einen längeren Suchprozess auf den Seiten mit Empfehlungen zustande kommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Besucher des Onlineshops etwas kaufen, ist auf den Seiten mit Empfehlungen um 22 Prozent höher als auf den Vergleichsseiten ohne Empfehlungen. "Das bedeutet also, dass durch Kundenempfehlungen wie Likes mehr Neukunden gewonnen werden", so Grahl. "Anscheinend wird den neuen Kunden durch das Anzeigen der Empfehlungen eine anfängliche Unsicherheit genommen."
Tatsächlich kursieren im Internet vielfältige Gerüchte über den Wert von Likes. Die jetzt vorgelegte Studie "How do social recommendations influence shopping behavior? A field experiment" greift diese Diskussion auf und zeigt, dass Likes im Onlinehandel eine Doppelrolle spielen: Likes messen die Qualität von Produkten, sodass gute Produkte mehr Likes erhalten als andere. Likes verursachen aber auch zusätzliche Käufe. Diese beiden Effekte sind nur schwer voneinander zu trennen. "Derzeit ist Big Data in aller Munde. Aber hier hilft Big Data nicht weiter", erklärt Prof. Dr. Oliver Hinz von der TU Darmstadt. "Man benötigt ein experimentelles Vorgehen und nicht allein große Datenmengen. Durch unser Experiment konnten wir den tatsächlichen Wert eines Likes bestimmen. Und es zeigt sich, dass soziale Empfehlungen und Likes wertvolle immaterielle Vermögenswerte für Unternehmen darstellen."
Ein Beispiel: Sieht die Besucherin eines Onlineshops während ihres Besuchs insgesamt 300 Likes, dann kauft sie der Studie zufolge für durchschnittlich 6 Cent mehr ein – eine Umsatzsteigerung, die allein durch das Anzeigen von Likes verursacht wird und hoch signifikant ist. "Das verleiht Likes einen eigenen Wert", erläutert Prof. Dr. Franz Rothlauf. Der Wert eines einzelnen Likes bewegt sich zwar im niedrigen Cent-Bereich, die kleinen Beträge können sich bei einem Onlineshop aber schnell aufsummieren. Berücksichtigt man, dass das soziale Online-Netzwerk Facebook in nur wenigen Tagen über eine Milliarde Likes sammelt, dann haben soziale Empfehlungen und Likes letztlich einen bedeutenden makroökonomischen Wert.
Die Untersuchung wurde gemeinsam mit Happyshops durchgeführt, einem mittelständischen Onlineversandhandel, der zwanzig verschiedene Onlineshops betreibt. Untersuchungsgegenstand war www.spiele-offensive.de, ein Onlineshop für Brett- und Gesellschaftsspiele.