Erster Spatenstich für neues Rechenzentrum auf dem Gutenberg-Campus

JGU setzt auf nachhaltiges Gebäudekonzept / Neubau wird vom Land Rheinland-Pfalz finanziert

30.05.2023

Im neuen Rechenzentrum auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) werden künftig sämtliche IT-Systeme und -Anwendungen der Universität betrieben. Im Fokus stehen dabei die Sicherheit und Verfügbarkeit der Daten sowie die optimierte Performance der Systeme. Der Neubau ist wichtig, um die universitäre IT-Infrastruktur und das Nationale Höchstleistungsrechnen (NHR) erfolgreich weiter zu betreiben. Das geplante Universitätsrechenzentrum entsteht auf dem innerstädtischen Gutenberg-Campus und wird von der Universität in Eigenregie gebaut. Der Standort am Ackermannweg entspricht den Anforderungen der DIN EN 50600, der ersten europaweiten Norm für ein betriebssicheres Rechenzentrum. Die Norm berücksichtigt Faktoren wie Energie- und Umweltmanagement, Netzwerk- und Sicherheitsanforderungen sowie die physische Sicherheit des Rechenzentrums.

"Der Spatenstich für den Neubau des Rechenzentrums an der JGU setzt ein deutliches Signal für den weiteren Ausbau der Forschungsstärke am Standort Mainz. In den vergangenen zehn Jahren haben wir landesseitig über 380 Millionen Euro für den Neubau, die Sanierung und den Bauunterhalt an der Universität Mainz investiert und damit den Wissenschaftsstandort insgesamt gestärkt. Diese bedeutende Aufgabe setzen wir mit der Finanzierung des neuen Rechenzentrums fort. Das Gebäude wird trotz seines naturgemäß hohen Energiebedarfs für die hoch- bis höchstinstallierte Gebäude- und Betriebstechnik die Anforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllen, etwa durch die geplante Nutzung der Abwärme und den Einsatz von Photovoltaikanlagen. Aktuell sind für den Neubau rund 29 Millionen Euro vorgesehen, die zum Ausbau der Forschungsmöglichkeiten maßgeblich beitragen werden und die starke Position der Universität beim Thema Hochleistungsrechnen ausbauen", betont Bau- und Finanzministerin Doris Ahnen.

"Hochleistungsrechnen ist eine Schlüsseltechnologie, ohne die Spitzenforschung kaum mehr möglich ist. Die Universität Mainz hat das schon früh erkannt und betreibt bereits seit über einem Jahrzehnt Rechencluster, die zu den leistungsstärksten ihrer Art gehören. Mit einem neuen Rechner in einem neuen Gebäude wird die Attraktivität des Hochleistungsrechnens weiter gesteigert. Wir wollen, dass viele neue Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Qualität des Hochleistungsrechnens für ihre eigene Forschung entdecken und auf vielfältige Weise nutzen", so Wissenschaftsminister Clemens Hoch. Über das Hochleistungsrechnen hinaus könne das neue Rechenzentrum für viele weitere Schlüsseltechnologien eine wichtige Naht- und Schnittstelle sein: Künstliche Intelligenz und Dateninfrastrukturen benötigten umfassende Rechen- und Speicherkapazitäten, um ihren vollen Wirkungsgrad für die Wissenschaft zu entfalten. Dazu bedürfe es hinreichender Räumlichkeiten, um einen guten Rechner mit seiner unmittelbaren Peripherie in einem sicheren Gebäude unterzubringen, so der Minister.

"Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Mainz, Rheinland-Pfalz und auch ganz Deutschland bietet das Zentrum für Datenverarbeitung der JGU eine moderne und leistungsfähige IT-Infrastruktur der Spitzenklasse – sei es beispielsweise mit dem Wissenschaftsnetz Rheinland-Pfalz oder auch mit dem vernetzten Hochleistungsrechnen als Schlüsseltechnologie für die Spitzenforschung in vielen Bereichen", erklärt der Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Prof. Dr. Georg Krausch. "So trägt die Investition in das neue Rechenzentrum des ZDV auch dazu bei, dass Arbeitsgruppen, die auf leistungsstarke Hochleistungsrechner angewiesen sind, die führende Stellung auf ihren Forschungsgebieten halten und weiter ausbauen können."

"Das neue Rechenzentrum wird von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in Eigenregie gebaut. Hierzu erhielt die JGU die Bauherrenfunktion vom Land Rheinland-Pfalz. Bei der Planung des Neubaus haben wir unseren Fokus insbesondere auf Sicherheit und Nachhaltigkeit gelegt", erklärt die Kanzlerin der JGU, Dr. Waltraud Kreutz-Gers. "Hierzu gehören zum Beispiel eine hohe Energie- und Ressourceneffizienz, innovative Ansätze zur Kühlung oder auch Wärmerückgewinnung."

IT-Herzstück der Universität

Das neue Rechenzentrum beherbergt künftig die komplette IT-Infrastruktur der Universität, die für den akademischen Betrieb und administrative Aufgaben erforderlich ist. Im sogenannten Enterprise-Bereich stehen auch die Systeme, die für das Wissenschaftsnetz Rheinland-Pfalz und die im Rahmen der Rechenzentrumsallianz Rheinland-Pfalz (RARP) angebotenen Dienste benötigt werden. Im HPC-Bereich werden die Hochleistungsrechner MOGON NHR Süd-West und MOGON II untergebracht. Ersterer wurde erst kürzlich von Wissenschaftsminister Clemens Hoch eingeweiht. Seit Ende 2022 ist die JGU als Teil des länderübergreifenden Konsortiums NHR Süd-West einer der Betreiber der NHR-Infrastruktur in Deutschland.

"Zukünftig haben wir Platz für 32 Serverschränke, die komplett für die IT-Infrastruktur der Universität vorgesehen sind. Bis zu 112 weitere Serverschränke stehen für den HPC-Bereich zur Verfügung, von denen bis zu 84 gleichzeitig in Betrieb sein können. Der Neubau ist für uns besonders wichtig, um auch in Zukunft den gestiegenen Anforderungen im Bereich des High-Performance-Computing gerecht zu werden und die Anwendungen für Forschung, Lehre, Studium und Verwaltung der Universität auf aktuellem technischen Sicherheit- und Verfügbarkeitsstandard betreiben zu können. Deshalb wurde die technische Versorgung für den Enterprise-Bereich komplett redundant ausgelegt, um Ausfallzeiten schnell auffangen zu können", erklärt Carsten Allendörfer, technischer Leiter des ZDV.

Ein Umzug der IT-Infrastruktur ist aus baulichen und energetischen Gesichtspunkten notwendig. Die Verwaltung des ZDV und die Büros des ZDV-Personals bleiben in der Naturwissenschaftlichen Fakultät, in der sich momentan auch der aktuelle Serverraum befindet. Nach dem Umzug stehen in dem Raum Ressourcen für den Fall eines Hardwareausfalls zur Verfügung. Darüber hinaus ist eine Renovierung des Gebäudes 1341 geplant. Für die komplette Fertigstellung des neuen Rechenzentrums rechnet die Bauleitung mit rund zwei Jahren. Es soll Mitte 2025 in Betrieb gehen.

Sicherheit hat höchste Priorität

Damit die Universität jederzeit Forschung, Lehre und Studium sicherstellen kann, sind ausfallsichere Systeme von großer Bedeutung. Der Neubau ist so konzipiert, dass der IT-Betrieb eine nahezu 100-prozentige Ausfallsicherheit gewährleisten kann und kritische Dienste wie E-Mail, Lernmanagement-Systeme und Datenbanken immer verfügbar sind. Im Zentrum des Rechenzentrums befinden sich die Serverräume. Diese sind von Fluren umgeben, an die die notwendigen Technikräume wie Transformatoren, Mittelspannungshauptverteilung (MSHV), die unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV), eine Gaslöschanlage, ein Notstromaggregat und die Sicherheitstechnik anschließen.

Zum Schutz sensibler und vertraulicher Daten wie Forschungsergebnisse, personenbezogene Daten von Studierenden und Mitarbeitenden wird auf vier vordefinierte Schutzzonen gesetzt. Der Zugang zum Gebäude und insbesondere zu den Serverräumen ist nur über ein Zutrittskontrollsystem mit Schleusenfunktion möglich. Darüber hinaus kann ein Wasserwarnsystem, das präzise undichte Stellen orten kann, einen möglichen Wasserschaden vorbeugen. Eine moderne Einbruchmeldeanlage, eine Feuerlöschanlage und Videoüberwachung komplementieren das Sicherheitspaket.

Nachhaltige Entwicklung am Campus konsequent fortgesetzt

Eine optimale Temperatur im Rechenzentrum ist von besonderer Bedeutung. Die vielen Server erzeugen enorme Wärme, die zu Überhitzung und Serverausfällen führen kann. Um diesem Problem entgegenzuwirken, werden etwa 80 Prozent der Kühlung mit einem geschlossenen Wasserkreislauf realisiert, ohne den Einsatz von Kompressorkältemaschinen. Dieses Verfahren spart Energie und ist besonders effizient. Zusätzlich werden Vorkehrungen getroffen, um in Zukunft einen großen Teil der Abwärme weiterverwenden zu können. Zudem werden auf der freien Dachfläche Photovoltaik-Module installiert. Die Jahresleistung der Solaranlage lässt sich auf rund 73.000 Kilowattstunden abschätzen und würde ausreichen, um etwa 20 Einfamilienhäuser über das Jahr mit Strom zu versorgen.

Bei der Planung wurde von Anfang an bewusst auf Verbundbaustoffe wie zum Beispiel Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) und beschichtete Holzwerkstoffe verzichtet, um einen sortenreinen Rückbau zu ermöglichen. Die verwendeten Materialien können so wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden. Eine möglichst geringe Versiegelung der Außenanlagen war den Planern ebenso wichtig. Für die notwendigen Wartungs- und Umfahrungsflächen kommen versickerungsfähige Rasengittersteine zum Einsatz. Das gesamte Regenwasser wird zurückgehalten und in Erdmulden geleitet, wo es verdunsten oder wiederverwendet werden kann.

Die Anzahl und Auswahl der Bäume und Bepflanzungen wurden mit dem Grün- und Umweltamt der Stadt Mainz abgestimmt und dem Standort angepasst. Um für zukünftige Entwicklungen vorbereitet zu sein, sind die baulichen und technischen Strukturen so angelegt, dass im laufenden Betrieb eine Erweiterung der IT-Serverschränke des Rechenzentrums möglich ist.

Bauliche Anforderungen der DIN EN 50600 problemlos erfüllt

Das neue Rechenzentrum befindet sich zukünftig am Ackermannweg zwischen Koblenzer Straße und der Hauptpforte und verfügt über eine Gesamtfläche von 1.867 Quadratmeter. Das als Zweckbau konzipierte und in Massivbauweise errichtete Gebäude ist in erster Linie auf die Bedürfnisse des ZDV ausgerichtet. Der kompakte Baukörper ist quaderförmig und passt sich in seinem Erscheinungsbild den benachbarten Gebäudekomplexen des Technischen Betriebszentrums und des Max-Planck-Instituts an.

Das zweigeschossige Gebäude mit Dachaufbauten als Lüftungs- und Kältezentrale sowie umlaufender Vorhangfassade und Sichtschutzverkleidung nimmt eine markante Position am Endpunkt des Campus ein. Generalunternehmer ist die rheinland-pfälzische Data Center Group GmbH aus Wallmenroth. Die Realisierung des neuen Rechenzentrums wird von einem erfahrenen Team aus Architekten, Planern und IT-Infrastrukturspezialisten begleitet und eng mit dem ZDV abgestimmt.

 

Daten und Fakten:

  • Gesamtfläche des Gebäudes: 1.870 m²
  • Baukosten: 29 Millionen Euro
  • PUE-Wert: ≤ 1,15
  • Rechenzentrumsbereiche: Enterprise (Verfügbarkeitsklasse 3) mit 32 Serverschränken und High-Performance-Computing (Verfügbarkeitsklasse 2) mit 112 Serverschränke (davon maximal 84 gleichzeitig in Betrieb)
  • Maximale IT-Last: 3.600 kW
  • Photovoltaik-Module mit einer Leistung von 73 KWp
  • gemäß baulichen Anforderungen nach DIN EN 50600