Erster Spatenstich für Ersatzneubau Kernchemie: Landesregierung investiert 43,5 Millionen Euro in neues Laborgebäude

Neues Gebäude stellt hervorragende Rahmenbedingungen für Arbeiten mit radioaktiven Stoffen in der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung bereit

02.07.2020

Die Modernisierung des Gutenberg-Campus schreitet weiter voran: Die Kernchemie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) mit ihrem Forschungsreaktor TRIGA Mainz erhält ein neues Labor- und Bürogebäude. Das Laborgebäude aus den 1960er-Jahren wird durch einen Neubau ersetzt, der baulich und funktional mit dem im Jahr 2008 errichteten Erweiterungsgebäude verbunden wird.

"Die Forschungsleistung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bewegt sich insbesondere in den Naturwissenschaften auf ausgezeichnetem Niveau. Im Förderatlas 2018 der Deutschen Forschungsgemeinschaft belegt die JGU den Spitzenplatz. Einen erheblichen Anteil daran hat der Exzellenzcluster PRISMA+, an dem auch zahlreiche Forschende der Kernchemie maßgeblich beteiligt sind. Erfolgreiche Forschung wird immer von hochmotivierten und ideenreichen Forscherinnen und Forschern betrieben und vorangebracht. So auch im neuen Bau der Kernchemie, der keine Hülle bleiben wird, sondern in dem Forschende einen wichtigen Beitrag zu exzellenter Forschung und zu einer zukunftsorientierten Mainzer Universität leisten werden", so Wissenschaftsminister Prof. Dr. Konrad Wolf.

"Das Land Rheinland-Pfalz hat die Modernisierung und den Ausbau der Hochschulliegenschaften zu einem zentralen Ziel erklärt. Der Neubau für die Kernchemie ist dabei ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Entwicklung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Rund 43,5 Millionen Euro investiert das Land in den Ersatzneubau mit einer Nutzfläche von rund 2.000 Quadratmetern. Die Fertigstellung ist für Ende 2023 vorgesehen. Insgesamt wurden in den letzten zehn Jahren für den Ausbau der Hochschulen und Universitäten, unter finanzieller Beteiligung des Bundes, über 850 Millionen Euro an reinen Bauausgaben investiert", so Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen.

Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist eine der wenigen deutschen Universitäten mit dem Angebot an Kernchemie und Radiopharmazeutischer Chemie in voller Breite in Forschung und Lehre. Der Ersatzneubau Kernchemie wird mit seiner hochwertigen Ausstattung neue Perspektiven in Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Kern- und Radiochemie eröffnen. "Dieses neue Gebäude mit seinen modernen und hochtechnischen Laborflächen wird die national und international herausragende Arbeit der Mainzer Kernchemie weiter befördern", erklärt der Präsident der JGU, Prof. Dr. Georg Krausch. "Denn die Kernchemie, wie die Chemie überhaupt, gehört zu unseren exzellenten und forschungsaktivsten Bereichen und trägt entscheidend zur Profilbildung unserer Universität bei. So spielt der TRIGA-Reaktor Mainz im Exzellenzcluster PRISMA+ der JGU eine zentrale Rolle."

Architektonisch bildet der Ersatzneubau Kernchemie mit dem Gebäude aus dem Jahr 2008 ein städtebauliches Ensemble inmitten des Gutenberg-Campus. Der Neubau gliedert sich in den Labor- und den Bürobereich, ablesbar an den unterschiedlichen Fassaden, getrennt durch den neuen Hauptzugang zum Gebäudekomplex am Jakob-Welder-Weg. Das Raumprogramm entspricht im Wesentlichen dem Umfang des alten Gebäudes. Die Konstruktion ist im Sinne einer nachhaltigen Umnutzungsfähigkeit und Nachinstallierbarkeit mit unterzugslosen Decken und massiven Kernen sowie leichten Trennwänden zwischen den einzelnen Räumen für eine spätere flexible Aufteilung geplant. Die hohen technischen und modernsten Sicherheitsstandards entsprechende Ausstattung spiegelt sich in den Gesamtbaukosten wider.

Notwendig wurde der Neubau, um strahlenschutzrechtlichen, statischen und brandschutztechnischen Erfordernissen, aber auch, um aktuellen Anforderungen an Forschung und Lehre zu entsprechen. So haben Studien ergeben, dass unter anderem aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ein Ersatzneubau einer Bestandssanierung vorzuziehen ist. "Ich freue mich, dass wir in unserer Bauplanung den besonderen Interessen der Nutzer entgegenkommen und einen möglichst unterbrechungsfreien Betrieb des Forschungsreaktors TRIGA Mainz während der Baumaßnahme gewährleisten können", erklärt Holger Basten, Geschäftsführer des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB). "Der Neubau des hochinstallierten Gebäudes erfolgt so, dass oberirdisch und unterirdisch erschütterungsfrei gebaut wird, alle Sicherungsmaßnahmen und Funktionalitäten werden während der Bauphase aufrechterhalten. Eine besondere Herausforderung besteht darin, nach Fertigstellung des Neubaus eine möglichst reibungslose und schnelle Inbetriebnahme und Fortsetzung der Forschungsarbeiten mit dem TRIGA-Reaktor sicherzustellen."

Ersatzneubau stärkt Forschungsinfrastruktur

Mit dem Ersatzneubau Kernchemie wird die Forschungsinfrastruktur der Universität weiter modernisiert und verstärkt: "Das neue Gebäude stellt hervorragende Rahmenbedingungen für Arbeiten mit radioaktiven Stoffen in der Grundlagenforschung und der angewandten Forschung sowie für die Lehre bereit", erklärt Prof. Dr. Tobias Reich, Dekan des Fachbereichs 09: Chemie, Pharmazie, Geographie und Geowissenschaften. "Es bietet rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit den Forschungsschwerpunkten Radiopharmazeutische Chemie, Chemie und Physik der schwersten Elemente, Angewandte Radiochemie und Radioanalytik sowie Forschung mit ultrakalten Neutronen außergewöhnlich attraktive Arbeitsmöglichkeiten unter Nutzung des Zyklotrons und des Forschungsreaktors TRIGA Mainz."

Der Forschungsreaktor TRIGA Mainz wird dabei als starke Neutronenquelle in der chemischen und physikalischen Grundlagenforschung sowie in den angewandten Wissenschaften genutzt. Ein wichtiges Kapitel in der Geschichte des Mainzer Forschungsreaktors begann mit dem Erfolg in der Bundesexzellenzinitiative 2012: Der Forschungsreaktor TRIGA Mainz spielt und spielte seitdem in dem Exzellenzcluster PRISMA+ und PRISMA unter anderem als leistungsstarke Quelle für ultrakalten Neutronen (UCN) eine zentrale Rolle für nationale und internationale Forschergruppen. Zudem werden an und mit dem Forschungsreaktor umfassende Ausbildungs- und Trainingsprogramme in den Bereichen Kern- und Radiochemie, Reaktorphysik sowie im Strahlenschutz für Wissenschaftler, Studierende, Lehrer, Ingenieure und Techniker durchgeführt, um den langfristigen Kompetenzerhalt auf diesen Gebieten zu gewährleisten.

TRIGA Mainz gehört zu den am besten ausgelasteten Forschungsreaktoren weltweit

Der Forschungsreaktor TRIGA Mainz der JGU ist einer von zwei in Deutschland noch in Betrieb befindlichen Forschungsreaktoren, neben dem Reaktor der TU München. Seit den 1960er-Jahren ist die Kernchemie an der JGU mit dem Forschungsreaktor eine führende Einrichtung auf diesem Gebiet in Deutschland. Ein besonderes Merkmal der TRIGA-Forschungsreaktoren ist die inhärente Sicherheit der Anlage. Sie beruht auf der speziellen Zusammensetzung der Brennelemente und führt dazu, dass der Reaktor sich bei Überschreiten der für den Dauerbetrieb üblichen Brennelementtemperatur selbsttätig abschaltet. Dies macht den Reaktor zu einem idealen, vielseitig einsetzbaren Werkzeug im universitären Betrieb. Nach Aussage der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) gehört der TRIGA Mainz zu den am besten ausgelasteten Forschungsreaktoren weltweit.

Benennung nach Fritz Straßmann

Der Ersatzneubau Kernchemie wird nach Fritz Straßmann, einem der Entdecker der Kernspaltung benannt. Fritz Straßmann hat am Standort gelehrt und geforscht, das Institut für Anorganische Chemie und das Institut für Kernchemie aufgebaut. Auf Fritz Straßmann bezieht sich auch das Kunstwerk am neuen Gebäude: Im Zentrum dieses Werks steht der Schriftzug "Ba" für Barium in der Handschrift Fritz Straßmanns über dem Vordach. Auf dem teilweise beleuchteten Glasfußboden des Foyers werden die von Fritz Straßmann bzw. Otto Hahn analysierten Zerfallskurven der bei der Entdeckung der Kernspaltung abgetrennten radioaktiven Barium- und Radiumisotope dargestellt.