Erste biologisch abbaubare Systeme zum Verschluss von Defekten am Kinder-Herz implantiert

Kinderkardiologie am Mainzer Universitätsklinikum hat Leistungsspektrum für eine schonendere Behandlung erweitert

10.03.2008

Laut Mainzer Geburtenregister wird jährlich bei etwa 1.26 Prozent aller Neugeborenen ein angeborener Herzfehler diagnostiziert. Damit gelten angeborene Herzfehler als die häufigste angeborene Fehlbildung. Bleibt diese unbehandelt, führt sie mit eingeschränkter Lebensqualität zu einer geringeren Lebenserwartung. Abhilfe gab es bis vor wenigen Jahren nur durch eine aufwendige Operation – heute können bereits eine Vielzahl von angeborenen Herzfehlern durch minimal-invasive Herzkathetertechniken meist mit Hilfe eines Implantates behandelt werden. In der Kinderkardiologie des Mainzer Universitätsklinikums kommt seit Dezember 2007 hierbei nun das erste biologisch abbaubare Implantat-System zum Einsatz. Die Vorteile ergeben sich aus dem schonenderen minimal-invasiven Eingriff sowie dem im Wachstumsverlauf folgenden Verschluss des Defektes und dem anschließenden biologischen Abbau des Implantates. Gleichzeitig sorgt die natürliche Heilungsreaktion für Ersatz durch körpereigenes Material.

Aus nicht resorbierbarem Material waren die bislang auf dem Markt verfügbaren Implantatsysteme zum Verschluss von Herzscheidewanddefekte gefertigt. Ein vollständiges Einwachsen in das körpereigene Gewebe sorgte bereits schon nach wenigen Monaten für eine verschließende Funktion und damit für das Überflüssig werden des Implantates. Da das System jedoch nicht abgebaut und erhalten bleibt kann es den noch wachsenden Körper mit Nebenwirkungen belasten, wie beispielsweise einem chronischen Fremdkörperreiz, einem erhöhten Risiko einer Blutpfropfbildung oder gar Ermüdungsbrüchen der Metallanteile.

Als temporäres Verschlusssystem gilt das neue Implantatsystem, weil es sich nach dem Einheilen und Überwachsen mit körpereigenem Gewebe nahezu vollständig auflöst. Es eignet sich insbesondere für Kinder mit einem sogenannten kleinen bis mittelgroßen ASD II (Atrium-Secundum-Defekt) sowie für Erwachsene mit einem PFO (persistierendes Foramen ovale). Häufig werden diese PFO allerdings erst bei der Abklärung der Ursachen eines Schlaganfalles oder einer Migräne entdeckt.

Bereits seit mehr als 10 Jahren werden in der Kinderkardiologie des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz angeborene Herzfehler mit Kathetertechniken behandelt. So konnten inzwischen mehr als 1500 Eingriffe durchgeführt werden, bei denen eine Herzoperation gänzlich ersetzt werden konnte. Hierzu gehören auch Defekte der Herzkammerscheidewände. So erhielten bisweilen weit über 400 Patienten einen minimal-invasiven Defektverschluss. Unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Kampmann wird in der Abteilung für angeborene Herzfehler am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz seit Dezember 2007 das erste auf dem Markt zugelassene biologisch abbaubare Implantatsystem erfolgreich eingesetzt.

"Seit mehr als 30 Jahren werden Versuche unternommen, per Herzkathetertechnik Defekte im Bereich der Vorhofscheidewand minimal-invasiv zu verschließen. Bei dem neuen Implantatsystem handelt es sich zum ersten Mal um ein System, dass nach erfolgreichem Verschluss vom Körper nahezu gänzlich wieder abgebaut wird. Hiermit ist ein Durchbruch in der Ära der Herzkathetertechniken gelungen", erläutert der Leiter der Abteilung für angeborene Herzfehler am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Klinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.