DNA-Reparaturenzym schützt vor Darmkrebs

Bisheriges Konzept der Nicht-Existenz von Schwellendosen für krebserregende Stoffe in Frage gestellt

23.09.2015

Ein Forscherteam um Dr. Jörg Fahrer vom Institut für Toxikologie der Universitätsmedizin Mainz hat im Tiermodell herausgefunden, dass ein spezielles DNA-Reparaturenzym – O6-Methylguanin-DNA-Methyltransferase (MGMT) – vor Darmkrebs schützt. Durch dieses Forschungsergebnis wird das bisherige Konzept der Nicht-Existenz von Schwellendosen für chemische krebserregende Stoffe grundsätzlich in Frage gestellt, und die Reparatur der DNA rückt als effizienter Schutzmechanismus gegen karzinogene Substanzen in den Fokus der Forschung. Die Forschungsergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift Carcinogenesis veröffentlicht.

Eine derzeit intensiv diskutierte Frage in der Krebsforschung ist die nach der Existenz von Schwellendosen für chemische krebserregende Stoffe, unterhalb derer ein Stoff für den Menschen nicht gefährlich ist. Neue Forschungsergebnisse nähren Zweifel an der Gültigkeit des bisherigen Konzepts der Nicht-Existenz von Schwellendosen für Karzinogene. Es liegt nunmehr auf der Hand, dass DNA-Reparatur ein effizienter Schutzfaktor gegen karzinogene Expositionen darstellt.

Bislang ging man in der Krebsforschung davon aus, dass jede DNA-Schädigung durch krebserregende Stoffe auch im Niedrigdosisbereich zur Tumorbildung führen kann. Daher haben nationale und internationale Kommissionen, die sich mit der Festlegung tolerabler Konzentrationen von Chemikalien befassen, vereinbart, für chemische Karzinogene keine Schwellendosen festzulegen. "Vor diesem Hintergrund diskutieren Toxikologen seit geraumer Zeit, ob nicht die Reparatur von DNA-Schäden eine Nicht-Effekt-Schwelle von krebserregenden Stoffen bewirkt. Diese Annahme konnte das Forscherteam um Dr. Jörg Fahrer jetzt experimentell bestätigen", so Prof. Dr. Bernd Kaina, Direktor des Instituts für Toxikologie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU).

Die Arbeitsgruppe von Dr. Jörg Fahrer zeigte im Tiermodell, dass ein Fehlen des DNA-Reparaturenzyms MGMT dazu führt, dass bereits in sehr niedriger Dosierung eines Karzinogens Darmkrebs entsteht. "Im Gegensatz dazu bildeten sich keine Tumoren, wenn entweder eine normale DNA-Reparaturausstattung existierte oder aber ein anderer DNA-Reparaturdefekt vorlag", so Fahrer. "Unser Forschungsergebnis belegt, dass bereits das Fehlen eines DNA-Reparaturenzyms, nämlich MGMT, drastische Wirkungen im Hinblick auf die Tumorbildung hat. Zudem stellt diese Arbeit das bisherige Konzept der Schwellendosen in Frage, was weitreichende Implikationen für die Bewertung krebserregender Stoffe hat." Diese Auffassung teilt auch Prof. Dr. Bernd Kaina und fügt hinzu: "Es ist gut zu wissen, dass uns DNA-Reparatur schützt. Dennoch ist bei der Übertragung von Schwellendosen auf den Menschen besondere Sorgfalt geboten."

Das Reparaturenzym MGMT kommt auch im Menschen vor, wobei dessen Menge beträchtlich variiert. Es ist anzunehmen, dass Personen mit einer geringen MGMT-Reparaturausstattung ein höheres Darmkrebsrisiko aufweisen, was allerdings noch zu zeigen wäre. "Es gibt auch Überlegungen, den Reparaturstatus durch entsprechende Ernährung zu verbessern, was angesichts der wichtigen protektiven Rolle von MGMT sinnvoll wäre", unterstreicht Kaina.