Deutsch-französische Projektförderungen in der Biologie bewilligt

Forschende am Fachbereich Biologie der JGU und ihre französischen Partner erhalten die ANR-DFG-Förderung für deutsch-französische Zusammenarbeit

19.12.2023

Die deutsch-französische Zusammenarbeit im Bereich Natur-, Lebens- und Ingenieurwissenschaften stärken – das ist das Ziel des Förderprogramms der französischen Agence Nationale de la Recherche (ANR) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) erhielt diese Förderung gleich für zwei Projekte in der Biologie.

Projekt EVOMET: Der Evolution des pflanzlichen Stoffwechsels auf der Spur

Tomaten, Gurken und Kartoffeln schmecken vollkommen unterschiedlich. Das liegt vor allem daran, dass die Pflanzen jeweils andere Stoffwechselprodukte ansammeln. Tatsächlich sind Pflanzen äußerst gut darin, neue Stoffwechselwege zu entwickeln. Doch wie und warum gehen diese Veränderungen des Stoffwechsels vonstatten? Dieser Frage geht Prof. Dr. Shuqing Xu vom Institut für Organismische und Molekulare Evolutionsbiologie der JGU gemeinsam mit Prof. Emmanuel Gaquerel von der Universität Straßburg nach. "Unsere Expertisen ergänzen sich für das Projekt auf komplementäre Weise: Während unsere französischen Partner Experten für Pflanzenmetabolismus sind, verfügen wir über Fachkenntnisse evolutionärer Genetik und Genomik", sagt Shuqing Xu. Denn für die Erforschung der Evolution pflanzlicher Stoffwechselvorgänge sind beide Expertisen nötig.

Inhaltlich wird sich das deutsch-französische Team darauf konzentrieren, die Evolution der Stoffwechselprodukte in Nachtschattengewächsen wie Kartoffeln, Tomaten, Tabak und Petunien zu untersuchen. Welche genetischen Veränderungen sind für die Unterschiede im Metabolismus der Pflanzen hauptsächlich verantwortlich? Ist die Modifikation eines einzigen Enzyms ausreichend, um eine Pflanze gegen Schädlinge zu verteidigen oder ihr einen scharfen Geschmack zu verleihen? In einem weiteren Schritt wird das Team der Frage nachgehen, welche evolutionären Kräfte neben den Umweltfaktoren für die Vielfalt pflanzlicher Metaboliten verantwortlich sind. So können einige Zwischenverbindungen in der Biosynthese bestimmter Abwehrstoffe Autotoxizität verursachen. Das heißt: Sammeln sich in der Pflanze übermäßig viele dieser Zwischenverbindungen an, kann dies das Wachstum und die Entwicklung der Pflanzen selbst hemmen. Um das zu verhindern, werden diese zum Beispiel durch das Ankoppeln von Zuckermolekülen modifiziert. Solche Modifikationen, so die Vermutung der Forschenden, könnten in hohem Maße zur Vielfalt des pflanzlichen Stoffwechsels beitragen. "Ich denke, die Ergebnisse unserer Untersuchung werden neue Einblicke in die Evolution des Pflanzenstoffwechsels geben und die Möglichkeiten des Metabolic Engineering von Pflanzen erweitern, einem Schlüsselbereich der grünen Biotechnologie", erklärt Xu.

Projekt NeuroDevFunc: Wie nehmen Fruchtfliegen Bewegung visuell wahr?

Unsere Augen sind ständig damit beschäftigt, Bewegungsinformation zu verarbeiten. Wir sehen Bewegung nicht nur, wenn uns jemand einen Ball zuschießt – also, wenn wir sich bewegende Objekte beobachten –, sondern auch, wenn wir selbst über den Fußballplatz rennen und sich die Umgebung relativ zu uns bewegt. So auch bei der Fruchtfliege, Drosophila melanogaster, die sowohl fliegen als auch laufen kann. Die Informationen, die das Auge erhält, müssen schnell ans Nervensystem weitergeleitet werden, um etwa Hindernissen auszuweichen. Dabei helfen unter anderem die T4- und T5-Zellen: Sie liegen nur wenige Zellschichten hinter den Fotorezeptoren im Auge und detektieren die Richtung von Bewegung. Wie diese Zellen die Bewegungsinformationen konkret verarbeiten, untersuchte Prof. Dr. Marion Silies von der JGU in den vergangenen Jahren. "Bisher waren sich viele Studien, die dieses Problem mit anatomischen, genetischen oder funktionalen Methoden untersucht haben, einig, dass es vier Typen dieser richtungsselektiven Zellen im Auge der Fruchtfliege gibt: je eine für Bewegung nach oben und unten, links oder rechts", berichtet Silies. "In einer Vorstudie, in der wir die gesamte Population dieser T4/T5 Zellen untersucht haben, konnten wir jedoch zeigen, dass es sechs unterschiedliche Typen dieser Nervenzellen gibt. Diese kodieren nicht strikt wie bisher angenommen uniforme Bewegungsrichtungen, sondern bilden als Gesamtheit die globalen Bewegungsmuster ab, die durch die Eigenbewegung der Fruchtfliege entstehen. Diese Ergebnisse sind im Bereich der Neurobiologie der visuellen Wahrnehmung ein Paradigmenwechsel."

Zu einem komplementären Ergebnis kam Dr. Bassem Hassan am Institut du Cerveau in Paris: Der Biologe untersuchte die Entwicklung der Zellen und fand – ebenfalls entgegen der bisherigen Meinung in der Wissenschaftscommunity – heraus, dass auch die Entwicklung mehr als vier richtungsdetektierende Nervenzellen generiert. "Unsere Ergebnisse ergänzen sich so gut, dass wir künftig die Entwicklungsbiologie mit unseren funktionellen Untersuchungen verknüpfen werden", berichtet Silies. Gemeinsam möchte das deutsch-französische Team verschiedenen Fragen nachgehen. Etwa: Wie genau sind Entwicklung und Funktion dieser Zellen miteinander verknüpft? Wie bilden die Subtypen richtungsselektiver Zellen unterschiedliches Verhalten ab? Finanziert wird diese länderübergreifende Forschung für drei Jahre über das ANR-DFG-Programm.