Bodyguards für die Nerven

Mainzer Mediziner zählt zu Gewinnern des BMBF-Innovationspreises für Medizintechnik

10.01.2007

Die Gewinner des bundesweiten Innovationswettbewerbs zur Förderung der Medizintechnik stehen fest. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert in den kommenden drei Jahren 13 Projekte mit insgesamt 12,3 Millionen Euro. Darunter ist auch das gemeinsame Projekt von Dr. Werner Kneist und Prof. Dr. Theodor Junginger von der Klinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie des Universitätsklinikums der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), Dr. Klaus Peter Koch vom Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik und Dr. Wolfram Lamadé vom Robert Bosch Krankenhaus Stuttgart. Es wird mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert. Gemeinsam wollen die Wissenschaftler ein mehrfunktionales, selbstständig arbeitendes Nervenmonitoring-System mit Elektroden entwickeln, die während chirurgischer Eingriffe die Nerven vor Schädigungen durch Instrumente, Zug, Druck oder Temperatureinflüsse schützen. So soll die Gefahr von Verletzungen erheblich verringert werden.

Verletzungen der Nerven sind während einer Operation nicht selten. Allein aufgrund struktureller Ähnlichkeiten der Nerven mit dem Bindegewebe und kleineren Blutgefäßen ist die Verwechslungsgefahr hoch. Bei Operationen an der Schilddrüse etwa droht chronische Heiserkeit oder gar vollkommene Stimmlosigkeit. Ein sogenanntes intermittierendes Neuromonitoring der Stimmbandnerven gehört daher bei operativen Eingriffen an der Schilddrüse vielerorts bereits zum Standard.

Um operative Nervenverletzungen weiter einzudämmen und Komplikationen besser zu beherrschen, müssen die Nerven während der Operation aber nicht nur intermittierend, sondern pausenlos überwacht werden. Hierfür eignen sich am besten Elektroden. Sie sondieren sensibel alles, was die Nerven bedrohen könnte und geben umgehend Alarm – in Bild und Ton. Zur Entwicklung eines entsprechenden Monitoring-Systems sollen im Rahmen des jetzt ausgezeichneten Projekts zwei klinische Studien für zwei unterschiedliche Nervensysteme durchgeführt werden. Das Forscherteam geht davon aus, dass die Nervenschädigungen während der Operation durch die dauerhafte Überwachung um mindestens die Hälfte zurückgehen werden. Dies könnte nicht nur das Risiko für die Patienten erheblich reduzieren, sondern darüber hinaus zu enormen Kosteneinsparungen führen. So schätzen die Forscher, dass sich mit dem intraoperativen Monitoring jährlich rund 35 Millionen Euro einsparen lassen könnten.

"Wir freuen uns sehr über die Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und hoffen, damit wissenschaftliche Ergebnisse gezielt in die Praxis umsetzen zu können", betont Dr. Werner Kneist. "Für uns hier in Mainz bedeutet die Förderung eine faszinierende Möglichkeit, klinische Forschung und innovative Technologie gewinnbringend für unsere Patienten einsetzen zu können."

Seit 2002 liegt ein Schwerpunkt der klinischen Forschung der Klinik für Allgemein- und Abdominalchirurgie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz auf dem Gebiet der nervenerhaltenden Chirurgie des Enddarms. Vor dem Hintergrund zunehmend günstigerer Prognosen nach Operationen maligner Tumore der Beckenorgane sollen hierdurch sexuelle Funktionsstörungen, Blasenfunktionsstörungen und Stuhlinkontinenz vermieden und so die Lebensqualität der Patienten verbessert werden. Prof. Dr. Theodor Junginger und Dr. Werner Kneist konnten hier jüngst anhand der von ihnen erzielten Ergebnisse nicht nur die Funktionsfähigkeit und Genauigkeit sondern auch die Relevanz der intraoperativen elektrischen Stimulation autonomer Beckennerven während Operationen bei Patienten mit Enddarmtumoren belegen.