Gutenberg Research Award 2015 an Polymerchemiker Kazunori Kataoka und Theologin Kwok Pui Lan vergeben

Auszeichnung international herausragender Forscherpersönlichkeiten durch das Gutenberg Forschungskolleg der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

05.05.2015

Das Gutenberg Forschungskolleg (GFK) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) hat den japanischen Polymerchemiker Prof. Dr. Kazunori Kataoka und die in den USA lehrende Theologin Prof. Dr. Kwok Pui Lan mit dem Gutenberg Research Award ausgezeichnet. "Wir ehren damit zwei Forscherpersönlichkeiten, die beide auf ihre Art einen großen Bogen von der wissenschaftlichen Grundlagenforschung zur Anwendung in der Praxis und dem alltäglichen Leben geschlagen haben", betont Prof. Dr. Matthias Neubert, Direktor des GFK und Leiter der Arbeitsgruppe Theoretische Hochenergiephysik am Institut für Physik der JGU. Prof. Dr. Kazunori Kataoka gilt als der weltweit führende Experte auf dem Gebiet der Nano-Carrier für die Tumortherapie auf Basis von Polymeren. Prof. Dr. Kwok Pui Lan ist eine der führenden Vertreterinnen der postkolonialen feministischen Theologie, die aktiv für eine Erneuerung des Christentums und Stärkung des interreligiösen Dialogs eintritt. Der Gutenberg Research Award ist mit jeweils 10.000 Euro dotiert.

Prof. Dr. Kazunori Kataoka ist einer der renommiertesten Polymerchemiker, der spezifisch Polymere für biomedizinische Anwendungen entwickelt. Bemerkenswert sind seine Nanotransporter auf Basis von langkettigen Molekülen, den Polymeren, die zur zielgerichteten Steuerung von Krebsmedikamenten zu Tumoren und für den Transport von Erbmaterial in der Gentherapie dienen. Er ist Vorreiter eines neuen Konzepts, bei dem Medikamente in Mizellen eingeschlossen werden. Dies sind Aggregate von speziell entwickelten Polymeren. Diese Nanotransporter können dann befallene Gewebe oder Organe gezielt ansteuern. Dazu müssen sie während einer relativ langen Zeit im Blut zirkulieren und sich in Tumoren anreichern. Mehrere unterschiedlich konzipierte Polymermizellen, die Kataoka für die Krebstherapie entwickelt hat, befinden sich derzeit in klinischen Versuchen in verschiedenen Ländern, darunter auch in Großbritannien und Frankreich. Die Zulassung eines ersten solchen Polymertherapeutikums steht kurz bevor. Dies bestätigt den endgültigen Durchbruch dieses Konzepts.

Prof. Dr. Kazunori Kataoka hat abgesehen von Gastprofessuren in Europa seine gesamte wissenschaftliche Karriere in Tokio verfolgt, jedoch weltweit Anerkennung erhalten. Er ist Professor am Department of Materials Engineering der Universität Tokio und Mitglied von zahlreichen wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Japan und den USA. Der Humboldt-Forschungspreis, in dessen Rahmen er in Mainz mit Mitgliedern des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs (SFB) 1066: "Nanodimensionale polymere Therapeutika für die Tumortherapie" zusammenarbeitet, und der NIMS-Award des japanischen National Institute of Materials Science sind hoch angesehene Preise, die er für seine Forschung erhalten hat.

Für die Zusammenarbeit mit Mainzer Wissenschaftlern ergeben sich verschiedene Anknüpfungspunkte, zumal in Mainz die Arbeit mit sich selbst organisierenden Nanostrukturen auf Polymerbasis bereits eine längere Tradition hat. Polymertherapeutika und Nanotransporter auf Polymerbasis gelten als zentrales Gebiet der gegenwärtigen Polymerforschung. Entsprechende Ansätze werden nicht nur an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, sondern auch am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz im Rahmen des SFB 1066 verfolgt. Entscheidend für den Erfolg einer derartigen Forschung ist die enge Zusammenarbeit mit medizinischen Gruppen an der Universitätsmedizin Mainz, wie sie im Sonderforschungsbereich 1066 gegeben ist. Erste gemeinsame Projekte mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Kazunori Kataoka haben bereits begonnen, was sich auch im Austausch von Doktoranden und gemeinsamen Publikationen niederschlägt.

Prof. Dr. Kwok Pui Lan ist William F. Cole Professor of Christian Theology and Spirituality an der Episcopal Divinity School in Cambridge, Massachusetts, in den USA. Ihr Name steht für einen Paradigmenwechsel in der Missionsgeschichtsschreibung von der Ausbreitung des Christentums als Projekt des "Weißen Mannes" zur Geschichte lokaler Christentümer. Auch in der interreligiösen Hermeneutik hat Kwok neue Standards gesetzt, indem sie etwa darauf hinwies, dass in Asien die Bibel nur im Kontext der Heiligen Schriften der anderen Religionen gelesen werden kann. Aufgrund ihres interdisziplinären Ansatzes, der feministische und postkoloniale Theorieansätze einbezieht, wird Kwok nicht nur in theologischen Kreisen, sondern auch darüber hinaus beachtet.

Kwok Pui Lan, geboren 1952 in der damals britischen Kronkolonie Hongkong, erhielt ihre Ausbildung zunächst an der Chinese University in Hongkong und im Rahmen der South East Asia Graduate School of Theology. Sie hat an der renommierten Harvard University in den USA promoviert und hält Ehrendoktortitel von Universitäten in den Niederlanden und Schweden. Die breite Anerkennung, die sie genießt, zeigte sich in ihrer Wahl zur Präsidentin der American Academy of Religion (AAR) im Jahr 2011 – der mit Abstand größten und einflussreichsten Fachvertretung für Religionswissenschaften und Theologie. Prof. Dr. Kwok Pui Lan wurde mehrfach für ihr wissenschaftliches Werk wie auch für ihre Lehrtätigkeit ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Lehrpreis der AAR.

Mit der Verleihung des Gutenberg Research Award ehrt die Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine herausragende Vertreterin der postkolonialen feministischen Theologie und setzt zudem ein deutliches Signal für die Öffnung der deutschsprachigen akademischen Theologie für interkulturelle Fragestellungen. Die Universität bindet damit eine international anerkannte christliche Intellektuelle, die sich in öffentlichen Diskursen prominent zu Wort meldet, an Mainz. Dadurch ergeben sich weitreichende Möglichkeiten der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der interkulturellen Theologie, wie sie an der Professur für Religions- und Missionswissenschaft der Evangelisch-Theologischen Fakultät der JGU vertreten wird. Kooperationen bestehen bereits auf dem Gebiet der Nachwuchsförderung und Entwicklung interkultureller Lehrstrategien.