Internationales Forscherteam weist superschweres Element 117 nach

Neue Erkenntnisse sind wichtiger Schritt auf dem Weg zur Beobachtung besonders langlebiger superschwerer Elemente

02.05.2014

Ein internationales Forscherteam hat an der Beschleunigeranlage der GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung GmbH in Darmstadt mehrere Atome des superschweren Elements mit der Ordnungszahl 117 erzeugt und nachgewiesen. Die gemessenen Eigenschaften von Element 117 stehen im Einklang mit früheren Befunden aus dem Forschungszentrum in Dubna in Russland und unterstützen damit die offizielle Anerkennung des neuen Elements 117. Bei dem Experiment entstanden außerdem Atome der Elemente Dubnium und Lawrencium mit außergewöhnlich langen Lebensdauern. Deren Nachweis war nur durch eine extrem verfeinerte Messmethode möglich und stellt einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur sogenannten "Insel der Stabilität" dar.

Zur Erzeugung des Elements 117 hat ein internationales Forscherteam unter Leitung von Prof. Dr. Christoph Düllmann, Professor an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und leitender Wissenschaftler bei GSI und am Helmholtz-Institut Mainz (HIM), Atomkerne des Elements Calcium (Element 20) beschleunigt und auf Atomkerne des Elements Berkelium (Element 97) geschossen. Dadurch können zwei Atomkerne der beiden Elemente verschmelzen, sodass ein neuer Atomkern entsteht, der sich aus der Summe der beiden Ausgangselemente ergibt. Isoliert und nachgewiesen wurde das Element 117 mit dem Magnetseparator TASCA (TransActinide Separator and Chemistry Apparatus). Erste Berichte über die Entdeckung des Elements 117 wurden im Jahr 2010 von einer russisch-amerikanischen Kollaboration veröffentlicht, die am Vereinigten Institut für Kernforschung in Dubna nahe Moskau forschte.

Für die Synthese von Element 117 ist spezielles Berkelium-Material nötig, das zunächst in einem 18-monatigen Produktionsprozess am Oak Ridge National Laboratory (ORNL) in den USA per Actiniden-Isotopenproduktion und -separation aufwendig hergestellt wurde. Dies umfasste eine intensive Neutronenbestrahlung am dortigen Hochflussreaktor HIFR und die anschließende chemische Abtrennung und Aufreinigung im Radiochemical Engineering Development Center von ORNL. Ungefähr 13 Milligramm des hochreinen Isotops Berkelium-249, das mit einer Halbwertszeit von nur 330 Tagen zerfällt, kamen dann an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Hier wurde das exotische Radioisotop in ein Target umgewandelt, das dem hochintensiven Calciumionenstrahl des GSI-Beschleunigers standhält. Die Atome von Element 117 wurden bei GSI im TASCA-Separator von riesigen Mengen anderer Kernreaktionsprodukte abgetrennt und durch die Detektion ihres radioaktiven Zerfalls nachgewiesen. Die gemessenen Alpha-Zerfallsketten produzierten Isotope leichterer Elemente mit den Ordnungszahlen 115 bis 103, deren Nachweis die Beobachtung von Element 117 untermauert.

In den Zerfallsketten wurden ein vorher unbekannter Alpha-Zerfallszweig in Dubnium-270 (Dubnium – Element 105) und das neue Isotop Lawrencium-266 (Lawrencium – Element 103) identifiziert. Mit Halbwertszeiten von etwa einer Stunde und etwa elf Stunden gehören sie zu den langlebigsten heute bekannten superschweren Isotopen.

Elemente jenseits der Ordnungszahl 104 werden als superschwere Elemente bezeichnet. In der Natur sind bisher keine superschweren Elemente gefunden worden, sie können aber künstlich hergestellt werden. Die heute bekannten superschweren Elemente zerfallen jedoch sehr schnell. Besonders langlebige superschwere Elemente werden auf einer sogenannten "Insel der Stabilität" erwartet. "Die erfolgreichen Experimente zu Element 117 sind ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zu Produktion und Nachweis von Elementen, die auf der 'Insel der Stabilität' der superschweren Elemente liegen", erklärt Prof. Dr. Dr. Horst Stöcker, Wissenschaftlicher Geschäftsführer der GSI.

Da in allen Experimenten zu den superschweren Elementen unerwünschte Nebenprodukte vorhanden sind, wird die zuverlässige Identifikation eines Isotops umso schwieriger, je langlebiger es ist. Für das aktuelle Experiment wurde TASCA wesentlich aufgerüstet, um unerwünschte Reaktionsprodukte besser zu unterdrücken und damit empfindlichere Messungen superschwerer Isotope zu ermöglichen. Die aktuellen Ergebnisse belegen, dass deren zuverlässige Identifikation nun möglich ist. "Da noch langlebigere Isotope in einer Region erhöhter Kernstabilität vorhergesagt werden, ist diese hohe Messempfindlichkeit von größter Wichtigkeit", erklärt Düllmann.

"Das ist ein wichtiges wissenschaftliches Resultat und ein überzeugendes Beispiel für wissenschaftliche Zusammenarbeit, die die Erforschung der superschweren Elemente durch die Verbindung der einmaligen Infrastrukturen an nationalen Forschungszentren in Deutschland und in den USA wesentlich voranbringt", so Thom Mason, Direktor von ORNL. Das Experiment an der Beschleunigeranlage in Darmstadt wurde von einem internationalen Forscherteam durchgeführt und von Prof. Dr. Christoph Düllmann geleitet. Beteiligt waren insgesamt 72 Wissenschaftler, darunter Chemiker, Physiker und Techniker, von 16 Forschungszentren in Australien, Deutschland, Finnland, Großbritannien, Indien, Japan, Norwegen, Polen, Schweden, der Schweiz und den USA.

Element 117 hat noch keinen Namen: Ein Komitee aus Mitgliedern der Internationalen Union für Reine und Angewandte Physik und der Internationalen Union für Reine und Angewandte Chemie wird die neuen Ergebnisse zusammen mit den früheren Resultaten begutachten und entscheiden, ob weitere Experimente notwendig sind, bevor die Entdeckung des Elements offiziell anerkannt werden kann. Erst nach dieser Anerkennung können die Entdecker einen Namen vorschlagen.