Neues Herstellungsverfahren für gemischte Biphenole nutzt Strom und kommt erstmals ohne Reagenzien und Metalle aus

Mainzer Chemiker entwickeln nachhaltige Herstellungsmethode mit Wasserstoff als einzigem Nebenprodukt

14.04.2014

Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben ein neues Verfahren zur Herstellung von gemischten Biphenolen mithilfe von Strom entwickelt, das erstmals ohne Reagenzien und Metalle auskommt und daher außerordentlich umweltfreundlich ist. Der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Siegfried Waldvogel ist es gelungen, unterschiedliche Phenole einer sehr selektiven Kreuzkupplung unter Einsatz von elektrischem Strom zu unterwerfen. Dabei werden nicht-symmetrische 2,2'-Biphenole erhalten, die in der Materialwissenschaft und Naturstoffsynthese, aber auch in der Bereitstellung von Liganden für technische Synthesen eine herausragende Bedeutung haben. Da nur Strom als alleiniges Reagenz verwendet wird, entstehen weder Reagenzabfälle noch werden Metallkatalysatoren benötigt. Das einzige Nebenprodukt dieser äußerst nachhaltigen Herstellungsmethode ist Wasserstoff.

Bei der Herstellung von komplexen organischen Strukturen bestehend aus aromatischen Baugruppen werden in der Regel Bausteine verwendet, die eine sogenannte Abgangsgruppe beinhalten und so die beiden miteinander zu verknüpfenden Positionen markieren. Dieser "Adressaufkleber" für die selektive molekulare Verknüpfung wird für beide Seiten der neu gebildeten Bindung benötigt. Für den Aufbau werden Katalysatoren aus dem Edelmetall Palladium eingesetzt. Diese Methode gehört heute zum Standardrepertoire der organischen Synthese und wurde aufgrund ihrer weitreichenden Bedeutung im Jahr 2010 mit dem Nobelpreis für Chemie an Richard F. Heck (USA), Ei-ichi Negishi (USA) und Akira Suzuki (Japan) gewürdigt. Gravierende Nachteile dieser Palladium-katalysierten Kreuzkupplungen sind der Preis und die Toxizität des eingesetzten Edelmetalls, aber auch die enorme Menge an Reagenzabfällen, die aufgrund der "Adressaufkleber" gebildet werden. Meist werden knappe und ökologisch nicht unbedenkliche Elemente in diesen Abgangsgruppen eingesetzt wie Bor, Zinn, Iod oder Brom.

Bei der neuen Herstellungsmethode werden die gewünschten Biphenole in einer einfachen elektrochemischen Umsetzung erhalten, wohingegen bisherige Methoden fünf bis sechs aufeinanderfolgende Syntheseschritte erforderten. Schlüssel zu dieser neuartigen Synthesemethode sind zum einen die bordotierten Diamantelektroden sowie Lösungsmittel, die sehr starke Wasserstoffbrücken ausbilden können.

Die Forschungsarbeiten, die in der Fachzeitschrift Angewandte Chemie publiziert wurden und in Chemical & Engineering News der American Chemical Society (ACS) bereits Erwähnung gefunden haben, sind das Resultat einer Kooperation der Spezialchemikalienfirma Evonik Industries AG und der JGU unter der Projektleitung von Prof. Dr. Siegfried Waldvogel.