Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur 2012: Der Weg zum Homo sapiens und "Out of Africa"

Stiftungsprofessor Friedemann Schrenk diskutiert mit international renommierten Gästen die Evolution des Menschen

24.04.2012

Die Evolution des Menschen von den frühen Anfängen bis zur Gegenwart wird der Inhaber der Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur 2012 der "Freunde der Universität Mainz e.V.", Prof. Dr. Friedemann Schrenk, in seiner Vorlesungsreihe "Out of Africa: Zur Globalgeschichte des Homo sapiens" gemeinsam mit renommierten Wissenschaftlern aufzeigen. Der Professor für Paläobiologie der Wirbeltiere am Fachbereich Biowissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Leiter der Paläoanthropologischen Abteilung des Forschungsinstituts Senckenberg genießt als einer der führenden Wissenschaftler auf diesem Gebiet seit 20 Jahren weltweite Anerkennung für seine Forschungs- und Grabungsarbeiten zur Frühgeschichte des Menschen. "Friedemann Schrenk ist eine herausragende Forscherpersönlichkeit mit internationalem Renommee", erklärt der Vorsitzende der Vereinigung der "Freunde der Universität Mainz e.V.", Peter Radermacher. "Über seine Forschungsleistung hinaus hat Schrenk das Museums- und Kulturzentrum in Malawi oder das Programm 'Hominiden machen Schule' zur Förderung des Afrikanisch-Deutschen Dialogs zwischen Schülern und Lehrern ins Leben gerufen. Mit diesen im Wissenschaftsbereich einzigartigen kommunikativen Initiativen wird Friedemann Schrenk dem Anspruch unserer Stiftungsprofessur in geradezu idealer Weise gerecht."

Prof. Dr. Friedemann Schrenk begreift die Geschichte des Homo sapiens im Sinne einer globalen Geschichte. Das dabei leitende paläoanthropologische Wissenskonzept der biokulturellen Evolution des Menschen stellt er im Sommersemester 2012 gemeinsam mit international renommierten Gästen erläutern und diskutieren in zehn Vorlesungen an der JGU vor.

Im Jahr 1991 gelang Friedemann Schrenk in Malawi ein Sensationsfund - mit dem ältesten jemals gefundenen Unterkiefer der Gattung Mensch, circa 2,5 Millionen Jahre alt. "Die Frage nach dem Ursprung des Menschen ist ein Schlüssel zu unserem Selbstverständnis", so der Vorsitzende der Stiftung, Prof. Dr. Andreas Cesana. "Der neue globalgeschichtliche Ansatz eröffnet uns neue Sichtweisen auf unsere gemeinsame Herkunft. Ich bin mir sicher, dass Friedemann Schrenk das Publikum faszinieren wird, weil seine Forschungsarbeit, seine Grabungstätigkeit und Afrika ihn selbst nach wie vor faszinieren."

Nach Friedemann Schrenk gilt Afrika heute als biologischer Ursprungsort der Menschen, die sich seit etwa 2 Mio. Jahren in mehreren "Wellen" über die Welt verbreitet haben. Auch die biologisch modernen Menschen entstanden – vor etwa 200.000 Jahren – in Afrika und besiedelten von dort aus die gesamte Erde. Mit dem "Out of Africa"-Konzept wird der Ursprung des modernen Menschen einem Kontinent zugeschrieben, der sich im Um- und Aufbruch befindet und für den die Grabungsfunde und ihre Interpretation durch die Paläoanthropologie eine besondere Bedeutung besitzen. "Der afrikanische Kontinent ist daher mehr als nur ein zentraler Forschungsort und Forschungsgegenstand", so Friedemann Schrenk. "Die Paläoanthropologie hat immer auch nach der Bedeutung zu fragen, die die Funde und ihre Interpretation für Afrika besitzen. Während paläoanthropologische Wissenschaftskonzepte global verbindlich sind, spielen in Umsetzung und Vermittlung von Forschung vielfach transnationale politische Verflechtungen eine Rolle." In den Vorlesungen wird nicht zuletzt aufgezeigt, welche intellektuellen und moralischen Wirkungen von der Globalgeschichte des Homo sapiens ausgehen können. Dazu hat Schrenk als Gastredner international führende Experten aus verschiedensten Fachdisziplinen eingeladen:

  • Prof. Dr. Yusuf Juwayeyi
    Department of Sociology and Anthropology, Long Island University, Brooklyn, New York; Malawi
  • Dr. George Abungu
    Vice President, International Council of Museums (ICOM), Kenya
  • Prof. Dr. Ciraj Rassool
    History Department, University of the Western Cape, Bellville, South Africa
  • Mike van Graan
    Secretary General, Arterial Network, Cape Town, South Africa
  • Dr. Meave Leakey
    Turkana Basin Institute, Kenya; National Museums of Kenya
  • Prof. Dr. Andreas Eckert
    Geschichte Afrikas, Seminar für Afrikawissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin
  • Prof. Dr. Zeresenay Alemseged
    Anthropology, California Academy of Sciences, San Francisco; Ethiopia

Prof. Dr. Friedemann Schrenk, 1956 in Stuttgart geboren, studierte Geologie, Paläontologie, Zoologie, Anatomie und Anthropologie in Darmstadt, Johannesburg und Frankfurt. Nach seiner Dissertation (1987) und Habilitation (1994) war er unter anderem Leiter der Paläontologischen Abteilung am Hessischen Landesmuseum Darmstadt (1989-1999) und stellvertretender Direktor (1992-1999). Seit dem Jahr 2000 ist Schrenk Professor für Paläobiologie der Wirbeltiere am Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität und Leiter der Abteilung Paläoanthropologie am Forschungsinstitut Senckenberg, Frankfurt am Main. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die Paläoanthropologie, Biogeographie und Evolutionsökologie (mit Geländearbeiten in Malawi, Tansania und Uganda), Funktionsmorphologie der Säugetiere, Uplift des Rwenzori-Gebirges sowie Auswirkungen von Klima- und Umweltveränderungen auf die Evolution der Gattung Homo. Friedemann Schrenk ist Mitglied des Direktoriums des Zentrums für interdisziplinäre Afrikaforschung (ZIAF), Frankfurt, und des Fachkollegiums Geologie-Paläontologie der DFG sowie Vorsitzender des Vorstands der Uraha Foundation Germany, Mitglied des Board of Trustees der Uraha Foundation Malawi und Mitbegründer des Cultural & Museum Centre in Karonga. Ausgezeichnet wurde Friedemann Schrenk mit dem Grüter-Preis für Wissenschaftspublizistik des deutschen Stifterverbandes (1999), dem Forschungspreis des Collège de France, Paris (1997) und dem Communicator-Preis – Wissenschaftspreis des Stifterverbands (2006).

"Wissenschaftliche Themen anschaulich und doch auf hohem Niveau zu vermitteln"

Die Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur der "Freunde der Universität Mainz e.V." ist herausragenden Wissenschaftlern und Persönlichkeiten von internationalem Renommee vorbehalten. Sie soll das Ansehen und die Attraktivität der Universität über die Landesgrenzen hinaus fördern und neue Akzente setzen. Mit Friedemann Schrenk kommt auch im Jahr 2012 eine Persönlichkeit von internationaler Bedeutung nach Mainz.

"Wie beeinflusst das Klima die Evolution und Entwicklung des Menschen? Unter dem Dach unseres Forschungszentrums 'geocycles' suchen vier renommierte Mainzer Wissenschaftsinstitutionen nach Antworten auf diese und ähnliche Fragen. In Friedemann Schrenk hat die Johannes Gutenberg-Universität Mainz einen ausgezeichneten Ansprechpartner für diese wissenschaftlichen Fragestellungen gefunden. Die Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur 2012 wird somit erneut die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die JGU ziehen und damit maßgeblich zum Ansehen der Universität beitragen", betont der Vizepräsident für Forschung der Johannes Gutenberg-Universität, Prof. Dr. Ulrich Förstermann. "Denn gerade Friedemann Schrenk ist hervorragend geeignet, wissenschaftliche Themen dem Publikum anschaulich und doch auf hohem Niveau zu vermitteln."

Eingerichtet hat die "Vereinigung der Freunde" die Stiftung "Johannes Gutenberg-Stiftungsprofessur" aus Anlass des 600. Geburtstags von Johannes Gutenberg im Jahr 2000. Inhaber der Stiftungsprofessur waren der Kulturhistoriker und Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels Fritz Stern (2000), der führende Vertreter der Evolutionsbiologie und Pionier der Soziobiologie Bert Hölldobler (2001), der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (2002), der ehemalige Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung Wolfgang Frühwald (2003), der ehemalige Exekutiv-Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) Klaus Töpfer (2004), der Komponist und Dirigent Peter Ruzicka (2005), der Wiener Experimentalphysiker Anton Zeilinger (2006), der Immunologe Fritz Melchers (2007), der Literatur- und Sozialwissenschaftler Jan Philipp Reemtsma (2008), Karl Kardinal Lehmann (2009), die Neuropsychologin und Kognitionswissenschaftlerin Angela D. Friederici (2010) und der Kunsthistoriker und Bildwissenschaftler Gottfried Boehm (2011).