Kooperationsprojekt richtet zweite UCN-Quelle am Forschungsreaktor TRIGA Mainz ein / Blaupause für Münchner Hocheffizienzquelle
02.11.2016
In ihrer mehrjährigen Zusammenarbeit zur Herstellung von ultrakalten Neutronen (UCN) haben Wissenschaftler der TU München (TUM) und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) ein neues Kapitel aufgeschlagen. Am Forschungsreaktor TRIGA Mainz konnte eine zweite Quelle für ultrakalte Neutronen aufgebaut werden, die nach ersten Tests außerordentliche Ergebnisse liefert. Neutronen sind die neutralen Bestandteile des Atomkerns. Ungebunden als sogenannte freie Neutronen sind sie instabil und existieren nur für kurze Zeit. Experimente mit ultrakalten Neutronen sind insbesondere für die physikalische Grundlagenforschung in der Kosmologie und Teilchenphysik von Bedeutung. Zu diesem Zweck werden freie Neutronen stark gekühlt und dadurch in ihrer Bewegung so weit verlangsamt, dass sie in speziellen Gefäßen gespeichert werden können.
In Mainz wurde 2006 zusammen mit der TUM die erste Quelle für ultrakalte Neutronen eingerichtet. Aufgrund der Erfahrungen mit dieser Anlage konnte im Rahmen des Exzellenzclusters "Precision Physics, Fundamental Interactions and Structure of Matter" (PRISMA) eine optimierte Quelle am Strahlrohr D des TRIGA Mainz errichtet werden. Sie steht als User Facility auch externen Nutzern zur Verfügung und wird zum Beispiel zur Messung der Lebenszeit des freien Neutrons genutzt. Diese Quelle wird hauptsächlich im Impulsbetrieb betrieben.
Nun haben Münchner und Mainzer Wissenschaftler im vergangenen Winter am Strahlrohr C die zweite Neutronenquelle eingerichtet. Die Komponenten stammen von der TUM, wurden nach Mainz transportiert und hier innerhalb einer Woche installiert. "Wir haben in den letzten zehn Jahren einiges dazugelernt und das Strahlrohr C in verbesserter Form wieder aufgebaut", sagte Dr. Andreas Frei von der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II), der schon bei den Anfängen 2006 mit dabei war.
Die Münchner Wissenschaftler nutzen die Tests und Erfahrungen mit der Anlage in Mainz für eine Hocheffizienzquelle, die später am FRM II in Garching mit einer Leistung von 20 Megawatt errichtet werden soll. "Wir testen hier einzelne Komponenten und nutzen dies zur Materialentwicklung für unseren künftigen Quellenaufbau", erklärte Prof. Dr. Stephan Paul von der TUM. Mit der geplanten Anlage sollen grundlegende Fragen zu den Eigenschaften des Neutrons erforscht werden.
"Das neue Strahlrohr liefert hervorragende Ergebnisse, und wir freuen uns zusammen mit unseren Partnern von der TUM, dass der Aufbau in kurzer Zeit so gut gelungen ist", sagte Prof. Dr. Tobias Reich von der JGU. "Wir erwarten in Zukunft zudem neue Erkenntnisse, wie eine Quelle für ultrakalte Neutronen noch weiter verbessert werden kann." Die neue Einrichtung am Strahlrohr C steht in den kommenden Jahren ebenfalls anderen Forschergruppen zur Verfügung. Diese Quelle liefert nicht nur ultrakalte, sondern auch kalte Neutronen, die zum Beispiel für Strukturuntersuchungen verwendet werden können.
Die Kooperationsvereinbarung zwischen der JGU und der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz der TUM läuft zunächst für drei Jahre. Eine Verlängerung ist geplant. Das Projekt wurde durch das Schwerpunktprogramm SPP 1491 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.