EU-Förderung für neues Projekt am Forschungs- und Lehrbereich Sprachen Nordeuropas und des Baltikums
28.01.2016
Regional- und Minderheitensprachen sind in der digitalen Welt kaum vertreten: Soziale Medien, Buchungsportale oder Wikipedia sind meistens nur in wenigen Sprachen zugänglich – ein großer Nachteil für die Sprecherinnen und Sprecher von beispielsweise Bretonisch oder Sardisch. Um den europäischen Regional- und Minderheitensprachen künftig den Zugang zur digitalen Welt zu erleichtern, hat sich ein Konsortium zum Digital Language Diversity Project (DLDP) zusammengeschlossen. Daran beteiligt ist auch der Forschungs- und Lehrbereich Sprachen Nordeuropas und des Baltikums (SNEB) der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Das Projekt hat eine Laufzeit von drei Jahren und wird von der EU im Rahmen des Programms Erasmus+ finanziell gefördert.
Die sprachliche Vielfalt ist ein Grundstein Europas und ein wertvolles kulturelles Erbe, das es zu erhalten gilt. "Wir brauchen allerdings effiziente Messmethoden, um nicht nur den Schutz dieser Sprachen sicherzustellen, sondern auch um ihre Förderung gewährleisten zu können", erklärt Prof. Dr. Anneli Sarhimaa von der JGU. Dazu gehört es auch, die Präsenz dieser Sprachen in der digitalen Welt zu verbessern. Schätzungen zufolge sind in der digitalen Welt – vom Internet über Software bis zu Sprachpaketen für das Smartphone – derzeit nur etwa sechs Prozent der Sprachen der Welt vertreten. Die Fülle der Regional- und Minderheitensprachen der EU ist dagegen nicht nur stark unterrepräsentiert, sondern von digitalen Angeboten nahezu vollständig ausgeschlossen.
Das Digital Language Diversity Project will dazu beitragen, diese Nachteile zu beseitigen. Das Konsortium besteht aus fünf Institutionen. Koordiniert wird es vom Istituto di Linguistica Computazionale des Consiglio Nazionale delle Ricerche (CNR-ILC) unter der Leitung von Dr. Claudia Soria in Pisa, Italien. Weitere Partner sind neben der JGU das European Language Equality Network (ELEN) in Frankreich sowie Karjalan Kielen Seura in Finnland und die baskische Organisation Elhuyar Fundazioa in Spanien. Daraus ergeben sich die Regional- und Minderheitensprachen, anhand derer DLDP neue Methoden entwickeln wird, um die digitale Präsenz nachhaltig zu stärken: Bretonisch in Frankreich, Karelisch in Finnland, Baskisch in Spanien sowie Sardisch in Italien. Die Forschungsergebnisse sollen allerdings später auf möglichst viele Regional- und Minderheitensprachen anwendbar sein.
SNEB entwickelt sprachenübergreifendes Trainingsprogramm
Der Forschungs- und Lehrbereich Sprachen Nordeuropas und des Baltikums (SNEB) wird sich im Rahmen des Projekts mit der Entwicklung eines sprachenübergreifenden Trainingsprogramms befassen. Es soll Lernmaterialien zugänglich machen und Sprecherinnen und Sprechern der Regional- und Minderheitensprachen helfen, effektiv digitale Inhalte in ihrer Sprache zu produzieren. Dazu werden zunächst Umfragen in den Sprachgemeinschaften durchgeführt, um die digitale Vitalität der jeweiligen Sprachen zu erfassen. Mit einem "Digital Language Survival Kit" sollen dann klare und umsetzbare Empfehlungen gegeben werden, was getan werden muss, damit eine Sprache in der digitalen Welt präsenter wird.
Die EU-Drittmittel für SNEB belaufen sich auf knapp 80.000 Euro. Für den Forschungs- und Lehrbereich ist es nach dem ELDIA-Projekt (2010-2013), das von Anneli Sarhimaa an der JGU koordiniert wurde, bereits das zweite durch die EU geförderte Projekt innerhalb der letzten fünf Jahre. ELDIA hat neun finnougrische Sprachen untersucht und ein Sprachvitalitätsbarometer entwickelt, das die Existenzbedrohung von Minderheitensprachen erfasst.